Alternative Immobilienfinanzierer holen sich Anteile
Die deutschen Banken stehen bei der Kreditvergabe weiterhin auf der Bremse. Im ersten Halbjahr 2024 schrumpften die Zusagen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung weiter, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie zuletzt: Laut einer Analyse von JLL summierte sich das Neugeschäft auf 13,2 Milliarden Euro – das ist ein Rückgang von sechs Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2023. Im Vergleich der ersten Halbjahre 2023 zu 2022 fiel das Minus mit 25 Prozent nach diesen Zahlen deutlich höher aus.
Für den Report hat der Immobiliendienstleister die Aktivitäten von zwölf deutschen Banken ausgewertet. Berücksichtig wurden ausschließlich neu ausgegebene Finanzierungen für deutsche Immobilien. Erfasst werden sowohl gewerblich als auch wohnwirtschaftlich genutzte Immobilien, die zur Kapitalanlage dienen.
Finanzierung: Vier Banken bauen Neugeschäft aus
Die Anzahl der Kreditinstitute, die das Neugeschäft wieder ausbauen, hat sich nach Angaben von JLL von ein auf vier Banken erhöht. Das stärkste Plus verzeichnet die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) mit einem Zuwachs von 67 Prozent auf eine Milliarde Euro. Deutlich nach oben ging es mit 40 Prozent auch bei der Münchner Hypothekenbank (0,7 Milliarden Euro). Im Vergleich dazu fällt die Steigerung bei der Deutschen Hypo (14 Prozent auf 0,8 Milliarden Euro) und DZ Hyp (sieben Prozent auf 2,9 Milliarden Euro) eher moderat aus.
Aktivster Kreditgeber war im ersten Halbjahr 2024 mit vier Milliarden Euro die LBBW, auch dank der vollzogenen Übernahme der Berlin Hyp. Dahinter folgen DZ Hyp (2,9 Milliarden Euro) und BayernLB (2,1 Milliarden Euro).
Kreditbestände der Immobilienbanken sinken
Die Kreditbestände der von JLL befragten Banken haben im Vergleich des ersten Halbjahres 2024 mit dem ersten Halbjahr 2023 leicht abgenommen. Zum 30.6.2024 wiesen die Umfrageteilnehmer ein Kreditvolumen von insgesamt 295 Milliarden Euro aus. Im Vorjahr lag der Gesamtkreditbestand etwas höher bei 298,2 Milliarden Euro.
Der größte deutsche Immobilienfinanzierer ist die LBBW/Berlin Hyp mit einem Volumen von 56,3 Milliarden Euro. Dahinter folgen die DZ Hyp mit 43,2 Milliarden und die Helaba mit 35,6 Milliarden Euro.
Bei sechs Banken reduzierte sich der Kreditbestand im Jahresvergleich. Den größten Rückgang verzeichnete die Helaba mit 2,8 Milliarden Euro, die LBBW/Berlin Hyp büßte 1,4 Milliarden Euro ein. Die Münchener Hypothekenbank hielt den Kreditbestand konstant bei 15,5 Milliarden Euro. Fünf Banken haben den Kreditbestand gesteigert, darunter die zur Nord/LB gehörende Deutsche Hypo (plus 1,1 Milliarden auf 16,3 Milliarden Euro) und die Aareal Bank (plus 0,5 Milliarden Euro auf 32,2 Milliarden Euro).
Finanzierer setzen auf Wohnimmobilien und Logistik
Wie auch in den vergangenen Umfragen von JLL agieren die Finanzierer bei der Kreditvergabe selektiv und setzen in erster Linie auf Prolongationen, bei denen sie je nach Assetklasse Margenaufschläge, erhöhte Tilgungsanforderungen oder Eigenkapitalzuschüsse durchsetzen können.
Beim echten Neugeschäft liegt der Fokus nach Beobachtung von Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany, auf risikoarmen Immobilienklassen wie Logistik und Wohnen. Auch Einzelhandelsimmobilien und Rechenzentren sind in der Gunst aufgestiegen – für die früher dominierende Assetklasse Büro ist derzeit nur partiell Liquidität vorhanden. "Büroimmobilien in sehr guten Lagen mit langfristig gesicherten Cashflows und guten ESG-Ratings werden gerne finanziert – für alle anderen Segmente des Büromarkts sinkt die Bereitschaft hingegen deutlich", sagt Scheunemann.
Auf der anderen Seite werde deutlich, dass sich die Banken zunehmend aktiver mit leistungsgestörten Darlehen (Non-Performing Loans; NPL) auseinandersetzten und vereinzelt auch NPL-Portfolios in den Markt brächten. "Das Volumen dieser leistungsgestörten Immobilienkredite hat sich bislang aber nicht maßgeblich auf die Kaufpreise ausgewirkt."
Immobilienfinanzierung: Raum für alternative Kreditgeber
In der zweiten Jahreshälfte 2024 wird sich laut JLL am vorsichtigen Agieren der Banken wenig ändern: Die Erwartungen der Befragten an das Neugeschäft bleiben verhalten. Vier Banken gehen davon aus, dass sie im Gesamtjahr ein höheres Neugeschäft erreichen als 2023, vier Institute rechnen mit einem gleichen Niveau und wiederum vier Banken erwarten einen Rückgang verglichen mit dem Vorjahr.
Die anhaltende Zurückhaltung der großen deutschen Immobilienfinanzierer eröffnet internationalen und alternativen Kreditgebern Möglichkeiten, in die deutsche Finanzierungslandschaft einzutreten. "Insbesondere bei Whole Loans und Mezzaninefinanzierungen haben alternative Anbieter die Chance, Marktanteile zu gewinnen", so Dominik Rüger, Team Leader Debt Advisory JLL Germany. Die Regulatorik spielt ihnen in die Karten.
"Im kommenden Jahr steht die Einführung der Basel-IV-Normen (auch oft noch "Basel III" genannt, Anm. d. Red.) auf der Agenda, was unter anderem zu einer spürbaren Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen für Projektentwicklungen führen wird", erklärte Rüger. Banken müssten Projektentwicklungen mit deutlich mehr Eigenkapital unterlegen, weshalb alternative Finanzierer weiter an Relevanz gewinnen dürften.
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