Bauzinsen auf dem tiefsten Stand des Jahres

Experten gehen davon aus, dass sich das Zinsniveau für zehnjährige Immobiliendarlehen mittelfristig unter vier Prozent halten wird, mit leichten Schwankungen – weitere EZB-Entscheidungen schon eingepreist.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heute erneut eine Zinssenkung um 25 Basispunkte verkündet und den wichtigsten Leitzins – den sogenannten Einlagenzins – von 3,50 auf 3,25 Prozent gesenkt. Dieser Schritt ist auch in der Immobilienbranche erwartet worden. Die Inflation ist kein beherrschendes Thema mehr. Entsprechend wird unter Marktteilnehmern mit einer weiteren Zinssenkung von 25 Basispunkten bei der EZB-Sitzung im Dezember gerechnet.

Immobilienkredite: Bauzinsen von 2,90 Prozent möglich

Am Hypothekenmarkt wurde die Zeitenwende in den vergangenen Monaten bereits vollzogen. "Die Bauzinsen sind auf den tiefsten Stand des Jahres gefallen und liegen aktuell bei etwa 3,10 Prozent", schreibt Oliver Kohnen, Geschäftsführer der Baufi24 Baufinanzierung GmbH, in seinem Zinskommentar. Bei erstklassiger Finanzierung seien momentan sogar Zinsen von 2,90 Prozent möglich. In den Jahren 2022 und 2023 hatten die Bauzinsen Spitzenwerte von mehr als vier Prozent erreicht. Immobilienkäufern eröffneten sich damit wieder attraktivere Finanzierungsmöglichkeiten.

Der entscheidende Unterschied zu den vergangenen Monaten liegt demnach aber in der Dynamik des Immobilienmarktes: Die Preise ziehen laut Kohnen wieder erkennbar an.

Interhyp: Anschlussfinanzierung – das gilt für Eigentümer

Auch laut den von Interhyp im September befragten Experten sind die Bauzinsen für Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit mit einem Zinssatz von 3,37 Prozent so günstig wie seit Monaten nicht mehr. "Für Kaufinteressierte ist das eine erfreuliche Nachricht", sagt Mirjam Mohr, Vertriebsvorständin der Gruppe.

Auch für das Restjahr 2024 erwartet die deutliche Mehrheit des Banken-Panels eine Zinsentwicklung um das aktuelle Niveau – also zwischen drei und vier Prozent. Dass die EZB im zweiten Halbjahr 2024 den bisher eingeschlagenen Kurs weiter fortsetzen und die Leitzinsen senken wird habe der Kapitalmarkt weitestgehend eingepreist", meint auch einer der Analysten des Panels. "Abwarten und auf einen weiteren deutlichen Zinsrückgang zu spekulieren, lohnt sich also nicht", so Mohr.

Mit Blick auf Anschlussfinanzierungen stellt das aktuelle Zinsniveau den Experten zufolge kein Problem dar, auch nicht, wenn die zu verlängernde Finanzierung noch aus der Niedrigzinsphase stammt. Grundsätzlich empfiehlt Mohr Eigentümern, spätestens zwölf Monate vor dem Ende der Sollzinsbindung das Thema anzugehen.

Commerzbank: Bauzinsen ziehen 2025 wieder an

Nach Einschätzung der Commerzbank können Immobilienkäufer auch nicht auf deutlich sinkende Bauzinsen hoffen, wenn die EZB den Leitzins bis Sommer 2025 um einen Prozentpunkt senken wird, wie es in einer neuen Analyse heißt. Das wäre etwas weniger als derzeit am Kapitalmarkt erwartet, was einen Zinsrückgang bei zehnjährigen Hypothekenkrediten begrenze. "Letztere dürften in den kommenden Monaten bis in das nächste Jahr hinein mit etwa 3,5 Prozent kaum niedriger sein als derzeit, und in der zweiten Jahreshälfte 2025 sogar eher wieder leicht anziehen", heißt es in der Prognose.

Unter dem Strich geht die Commerzbank davon aus, dass die Immobilienpreise in den kommenden Monaten wieder anziehen, allerdings eher moderat. Trotz des Mangels an Wohnraum werde es keinen neuen Immobilienboom wie in den zehn Jahren vor der Zinswende geben. "Dafür müssten die Zinsen für Hypothekendarlehen drastisch sinken, womit wir in den kommenden Jahren nicht rechnen", schreiben die Banker.

Marktexperten: Statements zur EZB-Entscheidung

"Die heutige Zinsentscheidung der EZB war nach dem weiteren Rückgang der Inflation unter die wichtige Zwei-Prozent-Marke allgemein erwartet worden und ist im aktuellen Zinsniveau für die langen Laufzeiten bereits eingepreist", sagt Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank." Am langen Ende sei nicht mit einer signifikanten Verbilligung zu rechnen, ein leichter Rückgang von bis zu 0,25 Prozentpunkten sei aber bis Jahresende noch drin.

Prof. Dr. Felix Schindler, Head of Research & Strategy bei der HIH Invest, ergänzt: "Die erneute Zinssenkung trägt auch zur weiteren Normalisierung der Zinsstrukturkurve bei und reduziert die Kosten für variable Finanzierungen, was für weitere positive Impulse an den Immobilienmärkten sorgen dürfte." Das Niveau der langfristigen Kapitalmarktrenditen sei in den vergangenen Monaten bereits deutlich zurückgekommen und dürfte Immobilieninvestments mit Blick auf die Asset-Allokation zusätzlich unterstützen.

"Eine vorschnelle Leitzinssenkung kann bewirken, dass der Markt nicht an eine entschiedene Bekämpfung der Inflation glaubt. Das würde eine Erhöhung der langfristigen Zinsen bewirken", warnt Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG. "Für den Immobilienmarkt sind in erster Linie die Zinsen von zehnjährigen Finanzierungen wichtig. Der Markt braucht das Vertrauen, dass die EZB die Inflation konsequent genug eindämmt – trotz der erneuten Leitzinssenkung."

Dass die erneute Zinssenkung der EZB ein wichtiger Schritt für mehr Dynamik auf dem Wohnimmobilienmarkt sei und insbesondere bei privaten Wohnungs- und Eigenheimkäufern zu positiven Effekten führen wird, schließt optimistisch Sascha Nöske, Vorstandsvorsitzender der Strategis AG, die Runde.


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Schlagworte zum Thema:  Zinsen, Baukosten, Wohnungsbau