Vor der EZB-Entscheidung: Bauzinsen steigen langfristig

Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte die Leitzinsen am 17. April erneut senken. Experten erklären, was das mit den Bauzinsen und den Immobilienmärkten macht.

Die nächste Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) steht bevor – am 17.April dürften die Leitzinsen erneut um 25 Basispunkte gesenkt werden. Ein Grund: Die Inflationsrate im Euroraum hat sich weiter abgeschwächt.

Für die Immobilienfinanzierung sind allerdings die Kapitalmarktzinsen entscheidend, und die werden maßgeblich von Faktoren wie der US-Zollpolitik und den Auswirkungen der Lockerung der Schuldenbremse beeinflusst.

Konditionen für Baukredite

Die mögliche Neuverschuldung durch das Sondervermögen wird laut BF.Marktmonitor für April 2025 auf bis zu einer Billion Euro geschätzt. Obwohl noch keine Maßnahme geplant sei oder tatsächlich Schulden aufgenommen wurden, stufe der Kapitalmarkt die Bonität der Bundesrepublik bereits schlechter ein. Die Renditen der Bundesanleihen sind deutlich gestiegen und in der Folge auch die Konditionen für Baukredite mit langfristig festgeschriebenen Zinsen.

Die kurzfristigen Zinsen sind im März leicht gefallen. Der Drei-Monats-Euribor sank um 13 Basispunkte von 2,46 auf 2,33 Prozent. Der Sechs-Monats-Euribor blieb nach leichten Schwankungen unverändert auf 2,33 Prozent. Im langfristigen Bereich stieg der Zehn-Jahres-Swap von 2,41 Prozent im Monatsverlauf um 38 Basispunkte auf bis zu 2,78 Prozent, gab aber zum Monatsende wieder auf 2,61 Prozent nach.

Derzeit spreche alles dafür, dass sich an an den langfristig steigenden Zinsen so schnell nichts ändern werde, schreiben die Marktradar-Autoren Francesco Fedele (CEO der BF.direkt AG) und Prof. Dr. Steffen Sebastian (Lehrstuhl für Immobilienfinanzierung an der IREBS, Universität Regensburg) im Ausblick.

Das werde die Preise insbesondere für Investitionsobjekte weiter unter Druck setzen. Durch die zu erwartende Rezession und die großen Unsicherheiten im Markt werde die Nachfrage auch auf dem Mietmarkt zurückgehen, was zusätzlich den Preisanstieg belaste. "Im Jahr 2025 wird es wohl keinen Befreiungsschlag für die Immobilienwirtschaft geben", heißt es abschließend.

Volatiles Zinsumfeld

"Das geplante Investitionsprogramm wird die Wirtschaft in Deutschland ankurbeln", meinte Gerhard Lehner, Head of Germany bei Savills Investment Management. Die Kehrseite sei ein volatileres Zinsumfeld. Die Finanzierungskosten blieben erhöht und inflationstreibende Auswirkungen könnten eine straffere Zinspolitik der EZB nach sich ziehen.

Die Verschuldung, die das Infrastrukturpaket mit sich bringt, wird auch nach Auffassung von Friedrich Eschenbaum, Geschäftsführer von Praeclarus Invest, die Immobilienfinanzierung teurer machen. Höheren Kreditzinsen könnten den Immobilienmarkt wieder ausbremsen. Er rät zu Investitionen, die zusätzliches wirtschaftlichen Wachstum mit sich bringen, das könne etwaige Zinseffekte wieder wettmachen.

Bereits die Ankündigung des Finanzpakets hatte kurzfristig zu einem deutlichen Zinssprung geführt. Darauf wies Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment Management bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, hin. Das Sondervermögen bremse indirekt durch den Zinsanstieg den Wohnungsneubau, so Intreal-Geschäftsführerin Camille Dufieux. "Entscheidend wird sein, wie sich die Anleihemärkte und die EZB-Zinspolitik ausbalancieren", sagte Felix von Saucken, CEO von Colliers in Deutschland.

Zu den Auswirkungen bei der Vermarktung von Anlageimmobilien im Bereich Wohnen, fügt3 Philip Hetzer, Geschäftsführer von Dahler Invest, hinzu: "Die gestiegenen Hypothekenzinsen führen käuferseitig zu wachsenden Renditeanforderungen und höheren Finanzierungskosten. Beides könnte sich in rückläufigen Preisniveaus für Wohn- und Geschäftshäuser niederschlagen." Das passiere am Markt mit der üblichen zeitlichen Verzögerung. Die wirtschaftliche und weltpolitische Verunsicherung und die perspektivisch höhere Inflation werden laut Hetzer den Kreis der Interessenten vergrößern. "Vielen scheint es plötzlich attraktiv, Vermögensteile auf längere Zeit in Immobilien anzulegen, zumal sie als Darlehensnehmer von der Geldvermehrung profitieren würden."

Zwischentief bei den Bauzinsen?

Ein langfristiger Abwärtstrend bei den Bauzinsen ist auch der Mehrheit der Experten des Interhyp-Bankenpanels zufolge nicht in Sicht, wenn das Schuldenpaket in die Umsetzung geht. "Mehr Konjunkturprogramme bedeuten mehr Staatsverschuldung und mehr Staatsanleihen auf dem Markt. Dieser Trend wird sich fortsetzen, da ganz Europa mehr Geld für Verteidigung ausgeben muss", meldete das Panel.

Mehr als zwei Drittel (67 Prozent) der Experten haben für die kommenden Wochen steigende Zinsen in Richtung vier Prozent für zehnjjährige Darlehen prognostiziert. Ein Drittel (33 Prozent) hält gleichbleibende Zinsen rund um das aktuelle Niveau für möglich. Von einem kurzen Zwischentief unter der 3,7-Prozent-Marke berichtete Mirjam Mohr, Interhyp-Vertriebsvorständin, Anfang April. Seitdem sind die Bauzinsen wieder leicht gesunken und liegen aktuell bei rund 3,6 Prozent für zehnjährige Darlehen.

In derzeitigen Umfeld rechnet Intrehyp damit, dass die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen auf bis zu drei Prozent bis Jahresende ansteigen werden. "Wir gehen von einer steileren Zinskurve zum Jahresende aus", so ein Panel-Teilnehmer.

Steigende Hypothekenzinsen

Die Akademie der Immobilienwirtschaft (ADI) hält die Gründe für die EZB-Leitzinssätze für politisches Kalkül. "Zum einen sollen niedrige Kreditzinsen private Investitionen erleichtern und zum anderen soll die Zinsbelastung für die Staatsverschuldung gemindert werden", wird in einem Whitepaper ausgeführt. Auswirkungen auf die Hypothekenzinsen habe das keine.

Es sei eher mit steigenden als mit fallenden Hypothekenzinsen zu rechnen. Der Zinssatz wird sich laut dem Wissenschaftlichen Leiter der ADI, Prof. em. Dr. oec. Dr. h. c. Hanspeter Gondring, weiter stabil seitwärts zwischen 3,5 Prozent und 4,5 Prozent mit zehnjähriger Bindungsfrist bewegen. Er erwartet nicht, dass die Kreditnachfrage für den Wohnungsbau oder Wohnungskauf auch bei Kreditzinsen deutlich unter drei Prozent steigen würde, da hohe Baupreise, hohe Anschaffungskosten, hohe Kaufpreise und ein hoher Eigenkapitalanteil für die meisten unüberwindbare Marktwiderstände sind.

Zollkonflikt spricht für EZB-Zinssenkung

Vertreter der Europäischen Zentralbank haben sich angesichts des Zollkonflikts für rasche Leitzinssenkungen ausgesprochen. Der werde eine nicht zu vernachlässigende Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum haben, sagte der französische Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau am 9.4.2025 der Tageszeitung "Le Monde".

Während die USA wahrscheinlich einen "Inflationsschock" erleiden würden, sei der Disinflationstrend –  Prozess sinkender Inflationsraten – in Europa "solide". Der Anstieg des Euro-Wechselkurses seit der Ankündigung umfassender Zölle durch US-Präsident Doanld Trump werde dazu beitragen, den Preisdruck einzudämmen.

"Es gibt noch Spielraum für Zinssenkungen", sagte Villeroy. "Die Veränderungen seit dem 2. April sprechen in der Tat für eine baldige Senkung." Der französische Notenbankchef entscheidet als EZB-Ratsmitglied auch über Geldpolitik der Notenbank mit.

Ähnlich wie Villeroy äußerte sich der finnische Notenbankchef Olli Rehn. Die Gründe für eine erneute Zinssenkung hätten sich verstärkt. "Das war meine Ansicht schon früher, aber die vergangene Woche hat diese Einschätzung noch verstärkt, da sich die Inflation auf dem Zielniveau zu stabilisieren scheint und die Wachstumsaussichten sich aufgrund des Handelskriegs abgeschwächt haben", sagte er ebenfalls am 9. April in Helsinki. Die Geldpolitik der EZB bleibe weiter von den Daten abhängig.

Die Zentralbank hatte zuletzt Anfang März 2025 die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Es war die sechste Zinssenkung seit dem Sommer 2024. EZB-Präsidentin Christine Lagarde gab nach der Sitzung keine klaren Signale für das weitere Vorgehen. Mittlerweile gehen die Finanzmärkte angesichts der Verschärfung des Zollstreits fest von einer Leitzinssenkung aus. Offenbar werden die Gefahren für das Wirtschaftswachstum höher gewichtet als die Inflationsrisiken.

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Schlagworte zum Thema:  Zinsen, Baukosten, Wohnungsbau