Was macht die EZB-Zinssenkung mit den Immobilienmarkt?

Werden weitere Leitzinsenkungen der Europäischen Zentralbank im neuen Jahr die Hypothekenkonditionen noch verbessern? Was macht das mit den deutschen Immobilienmärkten und den Kaufpreisen? – Expertenprognosen zu den Auswirkungen der EZB-Geldpolitik.

Alles wie erwartet: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am 12. Dezember erneut eine Zinssenkung um 25 Basispunkte verkündet und den wichtigsten Leitzins – den Einlagenzins – von 3,25 auf drei Prozent gesenkt. Die Zinsen im Euroraum sind jetzt so niedrig wie seit August 2022 nicht mehr, schreibt Oliver Kohnen, Geschäftsführer bei Baufi24, in seinem Zinskommentar.

Warum sich der Immobilienkauf jetzt lohnt

Die Bauzinsen haben in den vergangenen zwei Monaten weiter marginal nachgegeben, teilweise bis unter die psychologisch markante Marke von drei Prozent. Bei erstklassiger Finanzierung sind laut Kohnen momentan sogar Zinsen bei 2,90 Prozent möglich. "Für Immobilienkäufer hat sich die Situation für eine Kreditfinanzierung damit 2024 signifikant verbessert", so der Experte. Er geht davon aus, dass sich die Hypothekenkonditionen im Jahr 2025 angesichts der nachgebenden Leitzinsen sogar noch weiter verbessern und etwa zu 50 Prozent im Bauzins ankommen könnten.

Da der Immobilienmarkt die Talsohle der Krisenjahre 2022 und 2023 hinter sich gelassen und zuletzt wieder erkennbar angesprungen sei, zögen aber auch die Kaufpreise vor allem in den Metropolen wieder signifikant an – "ein Trend, der sich im kommenden Jahr dynamisch fortsetzen dürfte. Für interessierte Immobilienkäufer laute daher die Devise: Nicht hadern – handeln."

EZB-Zinspolitik: Nächste Schritte Trump-abhängig?

"Die Höhe und Anzahl der Zinsschritte – gerade im zweiten Halbjahr 2025 – dürften auch von der neuen US-Administration abhängig sein: Inwieweit werden die im Wahlkampf angekündigten Maßnahmen umgesetzt und wie wirken sie sich auf Europa aus? Die Immobilienmärkte könnten dadurch, insbesondere in Sektoren mit resilienter Flächennachfrage, auf der Investment- und Finanzierungsseite positive Unterstützung erfahren", prognostizierte Prof. Dr. Felix Schindler, Head of Research & Strategy bei HIH Invest, nach der jüngsten EZB-Entscheidung.

Die vom gewählten US-Präsident Donald Trump angedrohten Strafzölle könnten dem deutschen Immobilienmarkt laut Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG schaden, sollten sie eingeführt werden: Sie könnten die Inflation zusätzlich treiben, was die für den Immobilienmarkt entscheidenen langfrsitigen Zinsen erhöhen würde.

Auch wenn stärkere Leitzinssenkungen erwartet würden, könnte der Aufwärtsdruck aus den USA die Langfristzinsen stabil halten, erklärte Analyst Martin Güth im Immobilien Quarterly des LBBW Research. Damit rücke der Zins als dominanter Faktor am Immobilienmarkt in den Hintergrund.

Stabile Bauzinsen zum Jahreswechsel

Ob sich die Seitwärtsbewegung der Zinskurve auch zum Jahresbeginn 2025 fortsetzen wird, darüber berichtete der Vorstandsvorsitzende der Dr. Klein Privatkunden AG, Michael Neumann. Das Szenario der Dezember-Zinssenkung der EZB seibereits in den aktuellen Bauzins eingepreist, Zinsschwankungen seien daher bis Ende 2024 und auch darüber hinaus nicht zu erwarten.

Mit weniger als 0,5 Prozentpunkten Schwankungsbreite bewegte sich der repräsentative Dr. Klein Bestzins für eine zehnjährige Baufinanzierung über das Jahr hinweg um drei Prozent. "Wir sehen wieder deutlich mehr Käufe als im Vorjahr", so Neumann. Aktuell beträgt der Bestzins 2,90 Prozent (Stand: 9.12.2024) – allerdings könnten laut Neumann innen- und außenpolitische Entwicklungen noch Einfluss haben.

"Wir brauchen in Deutschland schnell eine Regierungsbildung, eine klare Führung und ein solides Umfeld für die Wirtschaft. Dies wäre meines Erachtens der benötigte Nährboden, damit sich die wirtschaftliche Lage, wenn sicherlich auch langsam, perspektivisch wieder verbessern kann. Geschieht dies nicht, wären unter Umständen steigende Zinsen möglich", warnte Neumann. Auch Trumps Pläne zu Steuern, Ausgaben und Zöllen könnte wirtschaftliche Auswirkungen auch auf Europa haben. Grundsätzlich bewertet er den Zeitpunkt für den Immobilienkauf momentan als sehr gut. Das könne sich im kommenden Jahr jedoch bereits wieder ändern.

Studie: EZB-Geldpolitik trägt Mitschuld an Inflation

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, die im Oktober 2024 veröffentlicht wurde, hat die geldpolitische Strategie der EZB während des Inflationsanstiegs untersucht und analysiert, wie Zentralbank hätte reagieren sollen. Ein Ergebnis: Die verlängerte expansive Politik habe zum Anstieg der Inflation im Euroraum überhaupt erst beigetragen.

Die EZB haben mit ihrem zögerlichen Handeln den Preisantrieb befeuert, mit einem strikteren Kurs hätte die EZB die zweistelligen Inflationszahlen verhindern können, heißt es in der Studie. Die Berechnungen zeigten, dass in der Inflationswelle der Preisanstieg mit einer frühzeitigen Zinsanhebung schneller gebremst worden wäre und sich die Wirtschaft schon im Jahr 2023 davon erholt hätte.

DIW-Studie "Geldpolitik in Zeiten der Energiepreiskrise: EZB hätte Inflation frühzeitiger eindämmen können" (PDF)

Ökonomen: EZB wird Zinsen weiter senken

"Nach Auffassung der allermeisten Mitglieder des EZB-Rats ist die Richtung der Leitzinsen in den kommenden Monaten klar: nämlich nach unten", schrieb Marco Wagner, Ökonom bei der Commerzbank, im Vorfeld der Ratssitzung am 12. Dezember. Die Inflation befinde sich auf dem richtigen Weg, und die Zielrate von zwei Prozent könne im ersten Halbjahr 2025 erreicht werden. Hinzu komme das schwache Wirtschaftswachstum. Wagner geht daher davon aus, dass der Einlagensatz 2025 bis auf zwei Prozent gesenkt wird.

"Die enttäuschenden konjunkturellen Frühindikatoren deuten auf ein schwaches Jahresende für die europäische Wirtschaft hin", kommentierte Felix Schmidt, Volkswirt bei der Berenberg Bank. "Weitere Leitzinssenkungen der EZB zur Ankurbelung der Konjunktur wären daher zu begrüßen." Gegen einen großen Zinsschritt spreche, dass bei der Bekämpfung der Kerninflation wenig Fortschritte erzielt worden seien, schreibt Schmidt.

Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater sagte ebenfalls eine vorsichtige Gangart vorher. "Mit der Regierungsübernahme durch Donald Trump im Januar werden erst in einigen Wochen neue Rahmenbedingungen für den europäischen Außenhandel erkennbar sein", schrieb er in seiner Analyse. Kater verwies auch auf die französische Regierungskrise, die ein neuer Belastungsfaktor für die europäische Finanzpolitik offenbar gemacht habe.

Angesichts der aktuellen Konjunkturerwartungen gibt es auch laut IKB Deutsche Industriebank AG wenig Zweifel daran, dass die EZB bis Mitte 2025 den Einlagenzinssatz auf ein neutrales Niveau von etwa zwei Prozent senken sollte. Auch eine Senkung bis auf ein Prozent im Jahr 2026 sei angesichts der Konjunkturrisiken durchaus möglich.


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