Mipim: Wo ist das Fest?

Das Wetter war grottig. Zum Vorabendempfang erschien ich völlig durchnässt. Während ich schreibe, gewittert es. Gespräche fielen aus, weil Teilnehmer streikbedingt nicht ankamen. Und kein potentes Immobilienunternehmen hat uns Journalisten mehr – wie in den Vorjahren – zum Mittagessen ins Astoux et Brun eingeladen. So hieß es darben. Denn auch am Frankfurt-Stand gab es keine Würstchen mehr, nur für Standpartner. Ja, ich weiß: Die Daheimgebliebenen werden mein Klagen nicht verstehen.
Dazu die gähnende Leere in Stock vier, einer Art Mipim-Wohnzimmer, in der sich der Berlin-Stand noch im vergangenen Jahr als Magnet erwiesen und die riesige Halle zu einem Großteil allein gefüllt hatte. Jetzt gab es aus deutscher Sicht neben Stuttgart hinten rechts in der Ecke fast nichts mehr. Auch die bisher fest dazugehörige Riesenbaustelle vor dem Messegelände ist plötzlich verschwunden. Woran soll man sich da noch halten?
Die Zukunft von ESG
Was Unternehmen augenscheinlich zu schaffen macht, ist die Frage, inwieweit die ESG-Kriterien aufgeweicht werden oder nicht. O-Ton eines Investors, der provokativ meinte: "Gehen Sie mal ins Zelt von Saudi-Arabien. Da sitzen junge Leute, die von ihren Megaprojekten überzeugt sind. Und wenn dann so ein weißhaariger Europäer fehlende ESG-Standards moniert, so juckt das dort keinen."
Wie toll, kann man da meinen. Aber ich bin ja selbst weißhaarig, also halte ich mich zurück. Die Vielzahl meiner auch schwarzhaarigen und blonden Gesprächspartner meinte jedoch, ESG sei gekommen, um zu bleiben. Selbst dann, wenn sich an Definitionen und Ausprägungen etwas ändern sollte. Auf ein bisschen weniger Reporting hoffen alle.
Vom ökologischen Fußabdruck
Es gibt Unsicherheiten. Aber keinerlei Zweifel daran, dass nachhaltigen Gebäuden und Quartieren die Zukunft gehört. Beliebtes Negativbeispiel war immer wieder Eschborn, jene kleine, hässliche Gemeinde vor den Toren von Frankfurt. Was nützt es denn, wenn dort weniger Gewerbesteuer erhoben wird und ein Unternehmen Probleme hat, Mitarbeitende an den Standort zu locken.
Nachhaltige Quartiere sind die Zukunft. Und Grün, so Susanne Eickermann-Riepe, Chair bei RICS Europa, sei wahrlich nichts Besonderes, sondern nur ein Standard, der notwendig sei, um Immobilien in Zukunft überhaupt noch handelbar zu machen.
Auch die Mipim selbst wird nachhaltiger. Viel ist die Rede vom ökologischen Fußabdruck der Messe. Es gibt Wasserspender ohne Plastikbecher. Dass jeder Teilnehmer mit seiner eigenen Wasserflasche über die Messe läuft, wird anscheinend normaler.
Die Sache mit der Verlässlichkeit
Alle Investoren wünschen sich verlässliche Rahmenbedingungen. Doch ein Beispiel aus Island macht deutlich, dass es damit in der jetzigen Zeit nicht weit her ist. Geplant wird ein großes Projekt mit dem Namen K 64. Die Planung ist langfristig ausgelegt.
Die Landschaftsentwickler räumten ein, dass sie in ihre Pläne soeben aber Elemente hineingearbeitet haben, die eine Antwort auf die Frage bringen sollen, was denn passiert, wenn sich Bedingungen von heute auf morgen ändern. Verlässlichkeit wird mehr und mehr zum Wunschtraum.
Geopolitik
In jedem Gespräch, in jedem Vortrag schwangen geopolitische Herausforderungen mit. Der europäische Motor, so war es überall auf der Mipim zu lesen, sei Polen. Ob das so bleibt, erscheint fraglich. Geopolitisch liegt Polen nicht günstig. Gesprochen wird darüber nur hinter vorgehaltener Hand. Und selten habe ich so viele Kanadier auf der Mipim gesehen. Die scheint der europäische Immobilienmarkt inzwischen stark zu interessieren.
Infrastruktur, Altes ummodeln
Davon sprachen einige. Infrastrukturimmobilien, Brücken und Bildungsinfrastruktur. Wer es kann, versucht sich in Rechenzentren. Bei Wüest Partner brachte man es auf den Punkt mit drei großen Ds, in die noch investiert würde. Nämlich Immobilien, die zu tun haben mit: Demografie, Digitalisierung, Dekarbonisierung.
Unternehmen wie Patrizia zeigen immer mehr Zurückhaltung beim Kauf neuer Wohnimmobilienportfolien in Deutschland. Demgegenüber ist die Modernisierung des Bestands dort ein Riesenthema. Und die Mietpreisbremse. Das mache selbst die Labour-Regierung in Großbritannien nicht. Altes ummodeln, Bestand modernisieren, Brownfields bebauen liegt voll im Trend.
Mipim 2024 – Mipim 2025
Auf die Frage, was denn der Hauptunterschied sei von der Mipim 2024 und der diesjährigen, sagt Christine Bernhofer, CEO bei Real I.S. lapidar: das Wetter. Voriges Jahr seien alle glücklich gewesen, nach einem langen Winter hier bei frühlingshaften Temperaturen feiern zu können. Da sei die Stimmung besser gewesen als die Lage.
Dieses Jahr habe sich das angeglichen. Bernhofer sieht das positiv: Der Markt beschäftige sich jetzt und hier wieder mehr mit dem Kernthema Immobilien. Zumindest 2025, als so manche Party im Regen ersoff, ist aus der Feiermesse eine Arbeitsmesse geworden.
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