Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 74
Auch die AG ist aufgrund der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AktG) strengen Gründungsvorschriften unterworfen (vgl. dazu § 10 Rdn 572).
Zur Errichtung bedarf es der Feststellung der Satzung durch die Gründer. Die Satzung muss notariell beurkundet werden (§ 23 Abs. 1 AktG) und im Zusammenhang mit der Finanzierung des Unternehmens folgenden Mindestgehalt aufweisen (§ 23 Abs. 3 AktG):
▪ |
Höhe des Grundkapitals, |
▪ |
Nennbetrages-/Stückaktien, |
▪ |
Inhaber-/Namensaktien. |
Zudem enthält die Satzung Sondervorteile einzelner Aktionäre, wie Gewinnvorteile, Bezugsrechte, Gründungsaufwand, die zulasten der Gesellschaft an Aktionäre oder an andere Personen im Zusammenhang mit der Gründung gewährt werden (§ 26 Abs. 2 AktG). Erfolgt eine Sachgründung, so sind der Gegenstand der Sacheinlage und der Nennbetrag der dem Aktionär hierfür zu gewährenden Aktien oder die bei einer Sachübernahme durch die Gesellschaft zu gewährende Vergütung festzuhalten (§ 27 Abs. 1 AktG). Der Inhalt der Satzung darf – anders als bei der GmbH – nur dann von den Regelungen des AktG abweichen, wenn dies im AktG ausdrücklich vorgesehen ist (§ 23 Abs. 5 Satz 1 AktG).
Nach Feststellung der Satzung erfolgt die Aufbringung des Grundkapitals durch Übernahme sämtlicher Aktien durch die Gründer (Einheits- oder Simultangründung, § 29 AktG). Sind die Gründer zur Übernahme nicht in der Lage, müssen sie eine Bank in ihren Kreis aufnehmen, die die Aktien dann später dem Publikum anbietet.
Die Gründer bestellen den ersten Aufsichtsrat der Gesellschaft und den Abschlussprüfer für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr (§ 30 Abs. 1 AktG). Der Aufsichtsrat bestellt dann den ersten Vorstand (§ 30 Abs. 4 AktG), der das Aktienkapital einfordert.
Rz. 75
Mit der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages und nach Übernahme der Anteile entsteht die Gesellschaft in der Form einer Vor-AG. Mit ihrer Eintragung im Handelsregister entsteht die AG (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AktG). Für Geschäfte, die vor Eintragung getätigt werden, haften die Handelnden persönlich und solidarisch (§ 41 Abs. 1 Satz 2 AktG).
Rz. 76
Bei der Bargründung müssen bis zur Anmeldung der AG ins Handelsregister mindestens ein Viertel des Grundkapitals sowie das vereinbarte Agio angezahlt werden. Für die Zahlung kommen nur Barzahlung und bargeldgleiche Zahlung an die Gesellschaft in Betracht (§ 54 Abs. 3 AktG). Nach Einzahlung des Grundkapitals erfolgt durch alle Gründer und Mitglieder des Aufsichtsrates und des Vorstands die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister. Der Anmeldung sind die Satzung, die Urkunden über die Satzungsfeststellung, die Aktienübernahme und die Bestellung von Aufsichtsrat und Vorstand, der Gründungsbericht und der Prüfungsbericht beizufügen. Die Eintragung hat – wie auch bei der GmbH – konstitutive Wirkung. Bei der AG ist stets ein schriftlicher Gründungsbericht durch die Gründer zu verfassen (§§ 28, 32 AktG). Die Gründung ist durch den Vorstand und den Aufsichtsrat zu prüfen (§ 33 AktG). Sind Organe und Gründer identisch, so erfolgt die Prüfung im Fall der Sachgründung durch eine weitere Prüfung der sog. Gründungsprüfer, regelmäßig Wirtschaftsprüfer (§§ 33, 34 AktG). Bei der Bargründung muss eine Prüfung durch einen Gründungsprüfer nicht erfolgen. Ausreichend ist, dass der Notar die Einzahlung des Grundkapitals überprüft und bestätigt (§ 33 Abs. 3 Satz 1 AktG).
Rz. 77
Die Sacheinlage unterliegt regelmäßig einer Gründungsprüfung (§ 33 Abs. 2 Nr. 4 AktG). Bei der Sachgründung spricht man wegen der verschärften Prüfungsanforderungen zur Verhinderung von Manipulationen bei der Bewertung einzelner Sacheinlagen von Aktionären zum Nachteil anderer und zum Gläubigerschutz von einer qualifizierten Gründung.
Rz. 78
Ein besonderes Problem bei der AG ist die sog. Nachgründung. Sie liegt vor, wenn eine AG in den ersten 2 Jahren nach Eintragung in das Handelsregister Verträge mit den Gründern oder mit mehr als 10 % beteiligten Anteilseignern schließt, aufgrund derer die AG Anlagen oder Vermögensgegenstände für eine mehr als 10 % des Grundkapitals übersteigende Vergütung erwerben soll. Zur Wirksamkeit solcher Verträge ist die Zustimmung der Hauptversammlung und die Eintragung in das Handelsregister erforderlich (§ 53 AktG). Der Beschluss der Hauptverhandlung bedarf der Dreiviertelmehrheit. Die Verträge sind zudem vom Aufsichtsrat und Gründungsprüfer zu prüfen. Durch diese Vorschriften sollen Schein-Bargründungen erschwert werden. Erfolgt der Erwerb der Vermögensgegenstände dagegen i.R.d. laufenden Geschäfte, in der Zwangsvollstreckung oder an der Börse, gelten die Bestimmungen zur Nachgründung nicht (§ 52 Abs. 9 AktG).
Rz. 79
Aufgrund der zahlreichen formellen Voraussetzungen sind die Kosten der Gründung der AG (Notarkosten, Gerichtskosten, Prüfungsgebühren, Druckkosten für Aktien und Interimsscheine, Kosten für Pflichtveröffentlichungen in Zeitungen) recht hoch. Eine Verrechnung mit dem Agio ist nicht gestattet; das Agio ist ungekürzt in die Kapitalrücklag...