Rz. 196

Kundenanzahlungen (auch Abnehmerkredit, Anzahlung oder Vorauszahlungskredit genannt) stellen einen Kredit des Auftraggebers an seinen Lieferanten und somit eine spezielle Form des Handelskredits dar. Der Auftraggeber leistet Zahlungen von Teilbeträgen vor Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistung zu bestimmten Terminen, die zumeist vom Fortschritt mit der zu erbringenden Leistung abhängig sind, vor. Die Höhe und Frequenz der Zahlungen hängen von den Usancen der jeweiligen Branche und der konjunkturellen Situation ab (Auslastungsgrad und Auftragslage). Der Kredit wird zinslos gewährt und kommt durch eine Vorleistung i.S.d. § 320 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BGB zustande.

 

Rz. 197

Die Ursache für die Kreditinanspruchnahme liegt letztlich in der langen Kapitalbindungsdauer, die mit der Planung, Vorbereitung und Erstellung insb. von größeren Projekten verbunden ist. Die Kundenanzahlung führt, dem Umfang sowie Zeitraum seiner Gewährung entsprechend, zu einer Senkung der Zwischenfinanzierungskosten des auftragnehmenden Unternehmens. Auch wird in einem gewissen Maße das Risiko der Nichtabnahme durch den Besteller reduziert. Der Auftraggeber ist dann an einer Einräumung einer Kundenanzahlung interessiert, wenn er dadurch günstigere Lieferzeiten oder Preiszugeständnisse erhalten kann.

 

Rz. 198

Kundenanzahlungen kommen v.a. im Großanlagengeschäft (Herstellung von schlüsselfertigen Anlagen, wie Kraftwerke, Fabriken etc.), im Schiffs- und Flugzeugbau, in der Bauindustrie, in der Maschinenbauindustrie (Herstellung von Spezialmaschinen, Industrierobotern etc.) sowie im Zusammenhang mit der Erstellung von umfangreichen Sachverständigengutachten vor.

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