Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 136
Verglichen mit den Regelungen im Aktienrecht ist die Normierung der Kapitalherabsetzung im GmbHG rudimentär. Die Kapitalherabsetzung wird danach im Wesentlichen wie jede andere Satzungsänderung behandelt (s. dazu § 10 Rdn 448). Gesonderte Regelungen zur Einziehung von Gesellschaftsanteilen, wie im Aktienrecht, existieren nicht.
Rz. 137
Auch bei der Kapitalherabsetzung der GmbH wird unterschieden zwischen
▪ |
effektiver Kapitalherabsetzung und |
▪ |
nomineller Kapitalherabsetzung. |
Die effektive Kapitalherabsetzung dient der Freisetzung von bspw. gem. § 30 GmbHG gebundenen Vermögen. Von der in der Praxis weitaus wichtigeren nominellen Kapitalherabsetzung spricht man dagegen, wenn eine Anpassung des Stammkapitals bei Verlusten vorgenommen, also eine Unterbilanz beseitigt wird. Das Stammkapital ist hierbei schon i.H.d. herabzusetzenden Betrages aufgebraucht; die Herabsetzung passt die Ziffer des Nennkapitals nun nur noch dem tatsächlichen Betrag an.
Rz. 138
Für beide Formen der Kapitalherabsetzung steht das ordentliche Verfahren nach § 58 GmbHG zur Verfügung. In der Praxis erfolgt die nominelle Kapitalherabsetzung jedoch regelmäßig nach dem vereinfachten Verfahren gem. § 58a GmbHG.
(1) Ordentliche Kapitalherabsetzung
Rz. 139
Das ordentliche Verfahren für die effektive Kapitalherabsetzung vollzieht sich wie folgt:
▪ |
Bei der Herabsetzung des Stammkapitals darf die Mindesteinlage von 25.000,00 EUR nicht unterschritten werden (§ 58 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). |
▪ |
Die Kapitalherabsetzung muss nach § 58 Abs. 1 GmbHG durch Beschluss erfolgen. Als Satzungsänderung muss der Beschluss mit einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden (§ 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG), soweit die Satzung keine höhere Mehrheit vorsieht. |
▪ |
Gem. § 58 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG muss der Beschluss in den Gesellschaftsblättern bekannt gegeben werden. |
▪ |
Die der Gesellschaft bekannten Gläubiger müssen zusätzlich unterrichtet und gesondert aufgefordert werden. Die Pflicht zur besonderen Mitteilung ist eine Schutzpflicht, deren Verletzung zu einem Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB führen kann. |
▪ |
Gem. § 58 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG sind Gläubiger, die sich bei der Gesellschaft melden und der Herabsetzung nicht zustimmen, wegen der erhobenen Ansprüche zu befriedigen oder es ist Sicherheit zu leisten. |
▪ |
Die Kapitalherabsetzung ist beim Registergericht durch sämtliche Geschäftsführer anzumelden, jedoch nicht vor Ablauf eines Jahres seit der dritten Aufforderung der Gläubiger (Sperrjahr, § 58 Abs. 1 Nr. 3 GmbH). |
▪ |
Nach der Überprüfung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Rechtmäßigkeit der Kapitalherabsetzung durch das Registergericht erfolgt die Eintragung der Kapitalherabsetzung (§ 54 GmbHG). Mit der Eintragung in das Handelsregister ist die Kapitalherabsetzung wirksam. Hierdurch werden das Stammkapital der Gesellschaft und die Nennbeträge der betroffenen Geschäftsanteile, soweit im Herabsetzungsbeschluss nicht anders bestimmt, proportional herabgesetzt. |
▪ |
Anschließend sind ggf. erforderliche Ausführungshandlungen vorzunehmen: Sollten durch die Kapitalherabsetzung Einlagen zurückgezahlt werden, entsteht gegen die GmbH bei Eintragung in das Handelsregister ein Rückzahlungsanspruch. War bezweckt, die bei der Kapitalherabsetzung freiwerdenden Beträge in die Rücklagen einzustellen, so ist dies im folgenden Jahresabschluss demgemäß zu passivieren. Ging es bei der Kapitalherabsetzung um den Erlass von Einlagen, sind entsprechende Erlassverträge abzuschließen. Sollten Gesellschaftsanteile eingezogen werden, ist die Einziehung zu beschließen, wenn dies nicht bereits – aufschiebend bedingt – im Kapitalherabsetzungsbeschluss erfolgt war. Hatte die Kapitalherabsetzung eine Abfindung von Gesellschaftern zum Ziel, dann sind nun entsprechende Handlungen vorzunehmen. |
(2) Vereinfachte Kapitalherabsetzung
Rz. 140
Der vereinfachten (nominellen) Kapitalherabsetzung gem. § 58a GmbHG kommt in der Praxis gesteigerte Bedeutung zu, da der einzuhaltende Gläubigerschutz des § 58 Abs. 1 GmbHG entfällt. Allerdings dient die nominelle Kapitalherabsetzung ausschließlich der Sanierung, da sie nur zu folgenden Zwecken zulässig ist:
▪ |
Verlustausgleich als Hauptzweck (§ 58a Abs. 1 GmbHG); |
▪ |
Als Nebenzweck ("daneben") können durch die Kapitalherabsetzung frei gewordene Beträge in Kapitalrücklagen eingestellt werden (§§ 58b Abs. 2 Satz 1, 58b Abs. 1 GmbHG), bis die Höchstgrenze von 10 % des Stammkapitals nach der Kapitalherabsetzung erreicht ist; bei einer Kapitalherabsetzung unter die Mindestkapitalziffer bleibt es bei einer Rücklagenbildung bis 2.500,00 EUR (§ 58a Abs. 2 Satz 2 GmbHG). |
Rz. 141
Das Gesetz regelt kein besonderes Verfahren zur Feststellung des Verlusts, insb. verlangt es keine förmliche (Zwischen-)Bilanz. Allerdings ist eine (Zwischen-)Bilanz als Entscheidungsgrundlage für die Gesellschafterversammlung über eine Kapitalhera...