Rz. 1
Das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung der durch Rechtsmittelanträge nicht angefochtenen Teile eines Urteils (§§ 537, 558 ZPO) zählt grundsätzlich nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG zum Rechtszug ("Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag"). Diese an sich klare Vorschrift wird häufig missverstanden. Voraussetzung für die Anwendung des § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG ist, dass der Gegenstand, hinsichtlich dessen die vorläufige Vollstreckbarkeit beantragt wird, Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist oder war. Dies sind die Fälle, in denen
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der Rechtsmittelkläger sein ursprünglich beschränktes Rechtsmittel auf den zunächst nicht angefochtenen Teil nachträglich erweitert, |
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der Rechtsmittelkläger das Rechtsmittel nachträglich beschränkt oder |
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die Parteien im Rechtsmittelverfahren eine Einigung auch über den nicht angegriffenen Teil des Urteils erzielen oder darüber Verhandlungen führen und diese Gegenstände somit auch zum Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens machen. |
Rz. 2
Ist der nicht angegriffene Teil des Urteils dagegen niemals Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gewesen, ist § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG nicht anwendbar. Die Tätigkeit des Anwalts wird vielmehr als gesonderte Angelegenheit nach Nrn. 3329, 3332 VV vergütet.
Rz. 3
Der Anwalt erhält im isolierten Verfahren auf Vollstreckbarerklärung zunächst eine 0,5-Verfahrensgebühr (Nr. 3329 VV). Diese Gebühr deckt die gesamte Tätigkeit des Anwalts ab. Bei mehreren gemeinschaftlich beteiligten Auftraggebern erhöht sich die Gebühr nach Nr. 1008 VV um 0,3 je weiteren Auftraggeber, höchstens um 2,0.
Rz. 4
Für die Wahrnehmung eines Termins entsteht zusätzlich eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3332 VV.
Rz. 5
Möglich ist auch hier eine Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000 ff. VV.
Rz. 6
Die Berechnung des Gegenstandswerts für die Gebühren der Nrn. 3329, 3332 VV ist strittig. Die Bewertung hat nach § 23 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1 RVG zu erfolgen, da insoweit keine Gerichtsgebühr erhoben wird. Die Wertvorschriften des GKG sind für den Gegenstandswert entsprechend anwendbar.
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Nach Auffassung einiger Gerichte ist ein Bruchteil der Hauptsache in Höhe von einem Fünftel der für vollstreckbar zu erklärenden Urteilsforderung anzusetzen. |
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Das OLG Frankfurt (5. Senat) stellt auf die zu vermeidenden Avalkosten für eine sonst zu stellende Bürgschaft ab. |
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Zutreffend dürfte es sein, den vollen Wert des für vorläufig vollstreckbar zu erklärenden Teils des Urteils ohne Nebenforderungen anzusetzen. Die geringere Bedeutung des Verfahrens wird bereits durch die geringeren Gebührensätze berücksichtigt. |
Rz. 7
Die Wertfestsetzung erfolgt im Verfahren nach § 33 RVG, da keine Gerichtsgebühren erhoben werden.