I. Gesetzliche Grundlagen
Rz. 64
Die EWG-Verordnung Nr. 3821/85 des Rates regelt in technischer Hinsicht die Bauart, den Einbau und die Prüfung sowie die Benutzung der Kontrollgeräte. Soweit weder diese Verordnung noch die Fahrpersonalverordnung eine Ausrüstungspflicht bestimmt haben, ist im nationalen Recht noch § 57a StVZO zu beachten.
Mit der EG-Verordnung Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates wurden die Ausrüstungspflicht für Neufahrzeuge mit einem digitalen Kontrollgerät eingeführt und mit Wirkung vom 11.4.2007 die Lenk- und Ruhezeiten, die zuvor in der VOEG 3820/85 geregelt waren, neu gefasst.
Rz. 65
Die genannten Verordnungen gelten für Fahrten innerhalb der EU bzw. der Schweiz und des EWR-Raumes, während für Fahrten über diese Grenzen hinaus das AETR (Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals) maßgeblich ist. Des Weiteren sind das Fahrpersonalgesetz und das Arbeitszeitgesetz zu beachten.
Die EG-Verordnung betrifft Lkw, die zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt sowie zur Personenbeförderung dienende Fahrzeuge mit mehr als neun Sitzplätzen, die im Linienverkehr mit einer Linienlänge von mehr als 50 km eingesetzt werden, während die Fahrpersonalverordnung (BGBl 2008 I S. 54) die Lenk- und Ruhezeiten von der Güterbeförderung dienenden Fahrzeugen mit mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t bzw. den Linienverkehr bis 50 km regelt.
Rz. 66
Achtung: Ausnahmen
Die EWG-Verordnung hat in ihrem Art. 3 bzw. im Art. 13 i.V.m. § 18 FPersV bestimmte Fahrzeuggruppen von der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten und damit auch der Ausrüstungs- und Benutzungspflicht von Kontrollgeräten ausgenommen. § 1 Abs. 2 FPersV nimmt weitere Fahrzeuge von 2,8 t bis 3,5 t aus, z.B. Fahrzeuge die zur Beförderung von Materialausrüstung und Maschinen verwendet werden, weil der Fahrer sie zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötigt, soweit das Lenken nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt. Dabei ist der Betriff Materialausrüstung oder Maschinen weit auszulegen (OLG Oldenburg DAR 2005, 648).
II. Lenk- und Ruhezeiten
1. Tageslenkzeiten
Rz. 67
Die höchstzulässige Tageslenkzeit beträgt neun Stunden und darf zweimal in der Woche zehn Stunden betragen.
Nach spätestens 4½ Stunden Lenkzeit muss die Fahrt für mindestens 45 Minuten unterbrochen werden.
Rz. 68
Achtung: Kurze Fahrtunterbrechung
Häufig, dies gilt vor allem für Auslieferungsfahrer und Autobahnbaustellen, muss die Fahrt immer wieder unterbrochen werden. Dabei sind selbst wiederholte kurze, bis zu zwei Minuten dauernde Fahrtunterbrechungen nicht zur Lenkzeit zu rechnen (OLG Saarbrücken zfs 2013, 293).
2. Wochenlenkzeit
Rz. 69
Die höchstzulässige wöchentliche Lenkzeit beträgt 56 Stunden und darf in einer Doppelwoche 90 Stunden nicht überschreiten.
Achtung: Keine Ruhezeiten in Fahrerkabine mehr möglich
Die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden muss der Fahrer außerhalb der Fahrerkabine verbringen, weshalb der Arbeitgeber für entsprechende Übernachtungsmöglichkeit sorgen muss (EuGH DAR 2018, 76).
3. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten
Rz. 70
Fahrten, die den Lenk- und Ruhezeiten der EGVO oder der Fahrpersonalverordnung unterliegen, müssen dokumentiert werden. Fahrzeuge über 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht benötigen hierfür ein analoges oder digitales Kontrollgerät mit Fahrerkarte. Bei Fahrzeugen mit einem analogen Gerät ist der Fahrer verpflichtet, vor Fahrtantritt eine auf seinen Namen ausgefüllte Tachoscheibe einzulegen und sich von dem Funktionieren des Gerätes zu überzeugen. Nicht verpflichtet ist er aber, sich auch während der Fahrt von dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gerätes zu überzeugen (OLG Karlsruhe NZV 1997, 51).
Rz. 71
Damit die Gesamtlenkzeiten überprüft werden können, muss der Fahrer die Aufzeichnungen des laufenden sowie der vorausgegangenen 28 Tage mit sich führen und auf Verlangen vorlegen; anschließend sind sie dem Unternehmer zu übergeben, der sie ein Jahr lang in chronologischer Reihenfolge aufbewahren muss.
Das gilt in gleicher Weise für Nachweise über berücksichtigungsfreie Tage (z.B. Urlaub oder Krankheit, § 20 FPersV), die jetzt nicht mehr handschriftlich erstellt werden dürfen; sie sind vom Fahrer und vom Unternehmer oder dessen Beauftragten zu unterzeichnen. Allerdings braucht der Arbeitgeber in die Bescheinigung nicht auch die dem jetzigen Beschäftigungsverhältnis vorausgehende Zeit der Arbeitslosigkeit des Fahrers aufzunehmen (OLG Koblenz NZV 2010, 163).
Vergleichbares gilt für digitale Kontrollgeräte, dort muss der Fahrer seine abgelaufenen Fahrerkarten gleichfalls für die letzten 28 Tage mit sich führen.
4. Konkurrenzen bei mehreren Lenk- oder Ruhezeitverstößen
Rz. 72
Der BGH (NJW 2013, 3668; zfs 2014, 50) ist der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, die Tages- und Wochenverstöße (OLG Frankfurt NZV 2011, 99) oder die innerhalb einer Doppelwoche begangenen selbstständigen Tages- und Wochenverstöße als Tateinheit angesehen haben (OLG Hamm DAR 2012, 401), nicht gefolgt.
Nach seiner Auffassung sind nämlich Lenk- oder Ruhezeiten nicht allein deshalb als eine prozessuale Tat anzusehen, weil sie innerh...