Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Straßenverkehr. Arbeitstage und Ruhetage. Digitale Fahrtenschreiber. Fehlende Aufzeichnung der Arbeitstage auf der Fahrerkarte und fehlende Schaublätter. Nationale Regelung, die unter diesen Umständen für den Fahrer eine Verpflichtung zur Vorlage einer Bescheinigung seines Arbeitgebers vorsieht. Gültigkeit des Formblatts
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 165/2014
Beteiligte
Bezirkshauptmannschaft Tulln |
Bezirkshauptmannschaft Tulln |
Tenor
1. Art. 34 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, die den Lenker eines mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgerüsteten Kraftfahrzeugs bei Fehlen der automatischen und manuellen Aufzeichnungen in diesem Fahrtenschreiber zur Vorlage einer von seinem Arbeitgeber nach dem Formblatt im Anhang des Beschlusses 2009/959/EU der Kommission vom 14. Dezember 2009 zur Änderung der Entscheidung 2007/230/EG über ein Formblatt betreffend die Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr ausgestellten Tätigkeitsbescheinigung als subsidiären Nachweis seiner Tätigkeiten verpflichtet, nicht in den Geltungsbereich des in dieser Bestimmung festgelegten Verbots fällt.
2. Die Prüfung der zweiten Vorlagefrage hat keinen Umstand hervorgebracht, der die Gültigkeit des Formblatts im Anhang des Beschlusses 2009/959 beeinträchtigen könnte.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Österreich) mit Entscheidung vom 4. Februar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Februar 2019, in dem Verfahren
VO
gegen
Bezirkshauptmannschaft Tulln
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi (Berichterstatterin) sowie der Richter J. Malenovský und N. Wahl,
Generalanwalt: P. Pikamäe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll und G. Hesse als Bevollmächtigte,
- der belgischen Regierung, vertreten durch C. Van Lul und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Auslegung von Art. 34 Abs. 3 und Art. 36 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. 2014, L 60, S. 1, berichtigt in ABl. 2015, L 93, S. 103) und zum anderen die Gültigkeit des Beschlusses 2009/959/EU der Kommission vom 14. Dezember 2009 zur Änderung der Entscheidung 2007/230/EG über ein Formblatt betreffend die Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr (ABl. 2009, L 330, S. 80).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen VO, einem Lastkraftfahrer, und der Bezirkshauptmannschaft Tulln (Österreich) über die gegen VO im Zuge einer Verkehrskontrolle verhängte Geldstrafe.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung (EG) Nr. 561/2006
Rz. 3
Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. 2006, L 102, S. 1) lautet:
„Durch diese Verordnung werden Vorschriften zu den Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Kraftfahrer im Straßengüter- und -personenverkehr festgelegt, um die Bedingungen für den Wettbewerb zwischen Landverkehrsträgern, insbesondere im Straßenverkehrsgewerbe, anzugleichen und die Arbeitsbedingungen sowie die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern. Ziel dieser Verordnung ist es ferner, zu einer besseren Kontrolle und Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten sowie zu einer besseren Arbeitspraxis innerhalb des Straßenverkehrsgewerbes beizutragen.”
Rz. 4
Art. 4 der Verordnung Nr. 561/2006 bestimmt:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
e) ‚andere Arbeiten’ alle in Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2002/15/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. M...