Dr. iur. Berthold Hilderink
Rz. 17
Mit der Teilkündigung bezweckt der Arbeitgeber, ebenso wie mit dem Widerrufsvorbehalt, die einseitige Änderung einzelner Vertragsbestandteile zulasten des Arbeitnehmers. Sie lässt den Bestand des Arbeitsverhältnisses als solchen unberührt, soll aber einzelne Vertragsbestimmungen beenden.
Rz. 18
Die Teilkündigung ist grds. unzulässig (BAG v. 23.3.2011 – 10 AZR 562/09, NZA 2011, 1036, 1038; BAG v. 4.2.1958, AP Nr. 1 § 620 BGB Teilkündigung). Sie stellt einen unzulässigen Eingriff in das ausgehandelte Äquivalenz- und Ordnungsgefüge des Vertrags dar (h.M. vgl. BAG v. 23.3.2011 – 10 AZR 562/09, NZA 2011, 1036, 103; BAG v. 25.2.1988, BAGE 57, 344; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn 377; KR/Rost, § 2 KSchG Rn 51). Das Arbeitsverhältnis mit seinen sämtlichen Bestandteilen stellt eine Einheit dar, aus der nicht einzelne Bestandteile herausgelöst werden können. Andernfalls könnte der Arbeitgeber einseitig und unter Umgehung des zwingenden Kündigungsschutzes die Arbeitsbedingungen verschlechtern. Aus diesem Grunde hat der Arbeitgeber grds. nur die Möglichkeit, entweder das Arbeitsverhältnis als Ganzes zu kündigen oder aber eine Änderungskündigung auszusprechen.
Rz. 19
Die Teilkündigung ist nur ausnahmsweise zulässig und wird als Gestaltungsmittel anerkannt, wenn ein Gesamtvertragsverhältnis sich aus mehreren Teilverträgen zusammensetzt und diese Teilverträge nach dem Gesamtbild des Vertrages jeweils für sich als selbstständig lösbar aufgefasst werden müssen (BAG v. 14.11.1990 – 5 AZR 509/+89, NZA 1991, 377; BAG v. 13.3.2007, NZA 2007, 563). Die Teilkündigung darf allerdings nicht zu einer Umgehung von zwingenden Kündigungsvorschriften führen (BAG v. 23.3.2011 – 10 AZR 562/09, NZA 2011, 1036, 1038; BAG v. 13.3.2007, NZA 2007, 563; BAG v. 12.12.1984, NZA 1995, 321).
Rz. 20
Das BAG hat zwar in der Vergangenheit entschieden, dass eine Teilkündigung im Zusammenhang mit dem Widerruf der Bestellung eines Datenschutzbeauftragten in Betracht kommt (BAG v. 13.3.2007 – 9 AZR 612/05, NZA 2007, 563). Diese Rechtsprechung dürfte aber mittlerweile überholt sein (offengelassen von BAG v. 29.9.2010, NZA 2011, 476, 477). Seit dem 1.9.2009 ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Beauftragten für den Datenschutz gem. § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche die verantwortliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen.
Das BAG hat ausgeführt, dass mit der Bestellung eines Arbeitnehmers zum internen Beauftragten für den Datenschutz die damit verbundene Tätigkeit für die Dauer des Amtes zur (bisher) vertraglich geschuldeten Leistung des Arbeitnehmers hinzutritt (BAG v. 23.3.2011 – 10 AZR 562/09, NZA 2011, 1036, 1038). Das BDSG enthält keine Regelungen darüber, welches Rechtsverhältnis mit der Bestellung eines Arbeitnehmers zum Datenschutzbeauftragten begründet werden soll. § 4f Abs. 1 BDSG regelt nur die einseitige Bestellung. Davon zu trennen ist die vertragliche Grundlage, nach der sich der Beauftragte für den Datenschutz schuldrechtlich verpflichtet, diese Aufgabe zu übernehmen (BAG v. 23.3.2011 – 10 AZR 562/09, NZA 2011, 1036, 1038; BAG v. 13.3.2007, NZA 2007, 563, 564; Gehlhaar, NZA 2010, 373, 375). Die Übertragung des Amtes eines betrieblichen Beauftragten für den Datenschutz und der damit verbundenen Aufgaben ist ggü. dem Arbeitnehmer regelmäßig nicht durch Ausübung des Direktionsrechts möglich. Erforderlich ist vielmehr eine Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, dass die Wahrnehmung des Amtes und der damit verbundenen Tätigkeit Teil der vertraglich geschuldeten Leistung werden soll. Diese Vereinbarung kann konkludent geschlossen werden, indem der Arbeitnehmer das angetragene Amt annimmt (BAG v. 23.3.2011 – 10 AZR 562/09, NZA 2011, 1036, 1038). Damit erweitern sich seine arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten um die Tätigkeit eines betrieblichen Datenschutzschutzbeauftragten.
Mit welchem konkreten Inhalt der Arbeitsvertrag geändert und angepasst wird, ist durch Auslegung der Vereinbarung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Regelmäßig wird bei einer Bestellung einzelner Arbeitnehmer zu Datenschutzbeauftragten im bestehenden Arbeitsverhältnis der Arbeitsvertrag nach Maßgabe der Bestimmung um die mit diesem Amt verbundenen Aufgaben erweitert. Nimmt der Arbeitnehmer dieses Angebot durch Übernahme der Tätigkeit an und dokumentiert er damit sein Einverständnis mit der Bestellung, wird der Arbeitsvertrag für die Zeitspanne der Amtsübertragung entsprechend geändert und angepasst. Wird die Bestellung nach § 4f Abs. 3 S. 4 BDSG wirksam widerrufen, ist die Tätigkeit des Beauftragten für den Datenschutz nicht mehr Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung. Es bedarf dann keiner Teilkündigung mehr (BAG v. 23.3.2011 – 10 AZR 562/09, NZA 2011, 1036, 1038; BAG v. 29.9.2010, NZA 2011, 476, 477, dort allerdings mit Verweis auf BAG v. 13.3.2007, NZA 2007, 563 offengelassen, ob bei anderen vertraglichen Gestaltungen eine Teilkündigung möglich sein kann; ...