Rz. 10
Der Auflösungsantrag kann bei einer ordentlichen Kündigung sowohl vom Arbeitnehmer wie auch vom Arbeitgeber, bei einer außerordentlichen Kündigung nur vom Arbeitnehmer (§ 13 Abs. 1 S. 3 KSchG, vgl. Rdn 5), gestellt werden. Dem Auflösungsantrag des Arbeitnehmers kommt der Charakter eines uneigentlichen Eventualantrages zu, da er nur für den Fall der Begründetheit der Kündigungsschutzklage gestellt ist. Hingegen ist der Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach seiner Rechtsnatur ein echter Eventualantrag, da er gerade für den Fall gestellt wird, dass der Arbeitgeber mit seinem Klageabweisungsantrag hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages unterliegt. In den seltenen Fällen, in denen der Arbeitgeber die Sozialwidrigkeit der Kündigung nicht bestreitet, kann er sich auf den Auflösungsantrag – als Hauptantrag – beschränken.
Rz. 11
Der Auflösungsantrag ist Prozesshandlung und unterliegt damit den für diese geltenden allgemeinen Voraussetzungen.
Rz. 12
Praxishinweis
In der Kammerverhandlung ist besonders darauf zu achten, den (oft erst in einem späteren Schriftsatz enthaltenen) Auflösungsantrag ausdrücklich zu stellen und darauf zu achten, dass die Antragstellung in das Protokoll aufgenommen wird. Allein aus der schriftsätzlichen Ankündigung eines Auflösungsantrages und dem Umstand, dass der Auflösungsantrag vom Vorsitzenden "referiert" wurde und Gegenstand der Erörterung des Sach- und Streitgegenstands war, kann nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit geschlossen werden, dass die Partei diesen Antrag zur Entscheidung des Gerichts stellen wollte.
Rz. 13
Der Inhalt des Antrages folgt für das arbeitnehmer- wie arbeitgeberseitige Auflösungsgesuch grundsätzlich den gleichen Regeln. Er kann sich auf das Begehren beschränken, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Bilden mehrere Kündigungen den Gegenstand des Rechtsstreits, ist allerdings zu konkretisieren, auf der Basis welcher Kündigung die Auflösung beantragt wird, ggf. sind Haupt- und Hilfsanträge zu bilden, um Auslegungsprobleme zu vermeiden. Auflösungsanträge, die auf unterschiedliche Kündigungen bezogen sind, haben unterschiedliche Streitgegenstände. Begehrt der Arbeitgeber in Bezug auf mehrere Kündigungen hilfsweise jeweils die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, so sollte er klarstellen, ob eine Auflösung nur für den Fall begehrt wird, dass keine Kündigung zum Erfolg führt (Auflösungsanträge sind insgesamt hilfsweise zu den Kündigungsschutzklage-Abweisungsanträgen gestellt), oder ob der einzelne Auflösungsantrag bereits für den Fall des Unterliegens mit dem jeweiligen Kündigungsschutzklage-Abweisungsantrag gestellt ist. Nicht zwingend erforderlich, aber sinnvoll und üblich sind die Angabe des Auflösungszeitpunktes (ggf. mehrerer, hilfsweise gestaffelter Zeitpunkte) und die Klarstellung, dass die Auflösung gegen Zahlung einer Abfindung erfolgen soll. Verlangt der Arbeitnehmer in seinem Antrag einen Mindestabfindungsbetrag (oder will der Arbeitgeber in seinem Auflösungsantrag nur einen bestimmten Höchstbetrag zahlen), führt das zur Unzulässigkeit des Antrags. Daher sollte vorsorglich von einer Bezifferung der begehrten Abfindung im Antrag – selbst wenn der Betrag eigentlich nur im Sinne einer Richtgröße gemeint ist – ganz abgesehen werden. Durchweg üblich und für die spätere Feststellung einer Beschwer im Rahmen eines etwa nachfolgenden Berufungsverfahrens auch erforderlich ist aber eine Bezifferung des ins Auge gefassten Betrags in der schriftsätzlichen Begründung, dies allerdings nur im Sinne der Darlegung der eigenen Vorstellungen sowie als Anregung an das Gericht, diese Umstände bei der Festsetzung nach § 10 KSchG zu berücksichtigen.
Rz. 14
Formulierungsbeispiel
Es wird beantragt, das Arbeitsverhältnis (ggf.: aufgrund der ordentlichen Kündigung vom …) zum (…) gegen Zahlung einer durch das erkennende Gericht nach Maßgabe des § 10 KSchG festzusetzenden Abfindung aufzulösen.
Rz. 15
Der Antrag kann frühestens zusammen mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage gestellt werden. Hinsichtlich des spätesten möglichen Zeitpunktes regelt § 9 Abs. 1 S. 3 KSchG, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber den Antrag auf Auflösung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen können. § 9 Abs. 1 S. 3 KSchG ist lex specialis gegenüber den verfahrensrechtlichen Beschränkungen der Klagerweiterung in der Berufungsinstanz, insbesondere müssen die Voraussetzungen des § 533 ZPO nicht erfüllt sein. Nur im Revisionsverfahren ist eine erstmalige Antragstellung nicht möglich. Die Zulässigkeit des arbeitnehmerseitigen Auflösungsantrages wird durch eine nach Antragstellung erfolgende Erklärung des Arbeitgebers, aus der Kündigung keine Rechte mehr herleiten zu wollen, nicht berührt. Dies gilt ebenso für den Fall der vorangegangenen "Kündigungsrücknahme". Dieser umgangssprachlich oft so bezeichnete Akt ist rechtlich zu bewerten als ein Angebot an den Arbeitnehmer, das Arbeitsverh...