Herbert Krumscheid, Sascha Borowski
Rz. 11
Rechtsfolge einer schuldhaften Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten ist ein Schadensersatzanspruch des Anlegers aus positiver Vertragsverletzung bzw. culpa in contrahendo. Seit der Schuldrechtsreform ergibt sich somit ein Anspruch regelmäßig aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. Im Unterschied zu den speziellen Prospekthaftungsansprüchen kann im Rahmen des allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftungsanspruchs das gesamte negative Interesse einschließlich des entgangenen Gewinns geltend gemacht werden (§§ 249 ff. BGB). Bezüglich des entgangenen Gewinns bietet es sich an, dass eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals entsprechend der Umlaufrendite für sichere Bundespapiere geltend gemacht wird. Das LG Kleve sah in seiner Entscheidung vom 3.9.2010, Az.: 4 O 227/08, die entgangene Eigenkapitalverzinsung in Höhe von 4 % p.a. als angemessen an. Das OLG München vertritt sogar die Ansicht, dass der entgangene Gewinn auf 4 % p.a. unter Anwendung des § 287 ZPO zu schätzen ist. Zu der Höhe der entgangenen Eigenkapitalverzinsung von 4 % p.a. gelangt das OLG München unter Anwendung der Vorschrift des § 246 BGB, mit welcher der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hat, dass eine Verzinsung für die Vorenthaltung eines Kapitalbetrages mit 4 % zu verzinsen ist. Anders hingegen das OLG Köln. Der BGH stellte, das OLG Köln bestätigend, klar, dass nicht ohne Weiteres die entgangene Verzinsung mit 4 % p.a. pauschal unterstellt werden könne. Sowohl der XI. Zivilsenat des BGH als auch der 13. Zivilsenat des OLG Köln begründeten ihre Entscheidungen mit Hinweis auf die Statistik der Deutschen Bundesbank über Umlaufrenditen für Anleihen der öffentlichen Hand sowie verzinsliche Wertpapiere inländischer Banken, die jeweils eine Rendite in Höhe von rd. 2–3 % auswiesen.
Allein der Hinweis auf die Statistiken der Deutschen Bundesbank reicht den Instanzgerichten für die Zuerkennung einer entgangenen Eigenkapitalverzinsung nicht, sodass anhand von vorangegangenen und nachfolgenden Investitionen nachzuweisen ist, dass der Anleger in der Vergangenheit regelmäßig eine durchschnittliche Rendite in Höhe von x % erwirtschaftete.
Im Gegenzug hat der Anleger sich das anrechnen zu lassen, was er an Vorteilen erlangt hat. Vorteile, wie bspw. Steuervorteile sind, wenn es sich um eine unternehmerische Beteiligung handelt, nicht steuermindernd in Abzug zu bringen, wenn der Schadensbetrag wiederum von dem Anleger zu versteuern ist. Der Steuervorteil soll, so auch der III. Zivilsenat des BGH in seiner Entscheidung vom 15.7.2010, Az.: III ZR 336/08, den Schädiger nicht entlasten, sondern beim Geschädigten verbleiben. Verbleibende Steuervorteile, die sich rechnerisch ergeben, weil dem Anleger eine Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1, 3 EStG oder der Absenkung der allgemeinen Steuersätze zugutekommt, sind von der Schadenssumme nicht abzuziehen. Eine teilweise Anrechnung der Steuervorteile kommt, so der BGH in seiner vorgenannten Entscheidung, nur dann in Betracht, wenn die Steuervorteile außergewöhnlich hoch waren. Außergewöhnlich hohe Steuervorteile sind anzunehmen, wenn die Verlustlustzuweisung 100 % der Beteiligungssumme überschreitet. Dies setzt jedoch voraus, dass der Steuervorteil dauerhaft bei dem Anleger verbleibt. Dass außergewöhnlich hohe Steuervorteile zumindest dann nicht anzunehmen sind, wenn im Rahmen der Rückabwicklung dieselben Beträge zu versteuern sind, die seinerzeit zu einem Einkommensteuervorteil führten, hat der XI. Zivilsenat des BGH in seinem Urt. v. 28.1.2014 nunmehr unmissverständlich klargestellt. Gerade bei anteilig obligatorisch fremdfinanzierten geschlossenen Fondsbeteiligungen stellten sich die in Anspruch genommenen Berater und Vermittler auf den Standpunkt, dass hier außergewöhnlich hohe Steuervorteile anzunehmen seinen, da die steuerliche Verlustzuweisung im Zeichnungsjahr den eigenfinanzierten Anteil der Beteiligung überstieg, und zwar in Höhe des fremdfinanzierten Anteils. Geflissentlich unberücksichtigt bleibt bei dieser Argumentation, dass auch die Rückzahlung des fremdfinanzierten Anteils zu einer Gewinnzuweisung beim Anleger führt.
Der Anleger kann weder auf die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 16 Abs. 4 EStG noch auf die hierdurch resultierenden Vorteile verwiesen werden.
Auch die durch das "Steuersparmodell" ermöglichte Erlangung der Eigenheimzulage ist nicht im Rahmen des Vorteilsausgleichs anzurechnen. Sinn und Zweck der progressionsunabhängigen Eigenheimzulage war die staatliche Begünstigung des Bürgers, um ihm den Zugang zu Wohneigentum zu verschaffen. Dieser Vorteil soll dem Bürger, auch wenn er sich an einem "Steuersparmodell" beteiligt, gerade verbleiben. Der Abzug des "Steuergeschenks" würde den Schädiger unbillig entlasten, was gerade nicht das gesetzgeberische Ziel – Bildung von eigen genutztem Wohnungseigentum – bei der Schaffung der Eigenheimzulage war. Die Entlastung des Schädigers würde das gesetzgeberische Ziel vielmehr ins Gegenteil...