Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 33
Gemäß den ALB hat der Versicherungsnehmer das Recht, der Versicherung einen Bezugsberechtigten zu nennen. Er kann die Bezugsberechtigung mit oder ohne Widerrufsmöglichkeit erklärt haben. Ein nur mit dem Bezugsberechtigten vereinbarter Ausschluss des Widerrufs hat nur schuldrechtliche Wirkung und lässt das Rechtsverhältnis zur Versicherung unberührt.
Rz. 34
In der Praxis ist daher immer zu klären, ob eine nachträgliche Änderung der Bezugsberechtigung überhaupt möglich war. Der Widerruf muss gegenüber der Versicherung erklärt werden, vgl. § 9 Abs. 4 ALB 2021. Dies ist eine zulässige Abweichung von § 332 BGB, so dass ein Widerruf der Bezugsberechtigung in einer Verfügung von Todes wegen mangels Zugang unwirksam ist. Auch ist zu beachten, dass die Bestimmung der Bezugsberechtigung kein höchstpersönliches Recht ist, sondern auch gepfändet und abgetreten werden kann.
Rz. 35
Die Bestimmung des Bezugsrechts durch den Versicherungsnehmers ist eine einseitige Willenserklärung, für die gem. §§ 133, 157 BGB gilt, dass der wirkliche Wille unter Ermittlung aller bei der Festlegung des Bezugsrechts vorhandener Umstände zu ermitteln ist.
Rz. 36
Folgende Einzelfälle der Bezugsberechtigung werfen regelmäßig Fragen auf:
Rz. 37
Sind "die Erben" als Bezugsberechtigte benannt, könnte man zunächst annehmen, dass damit die Versicherungssumme in den Nachlass fällt. § 160 Abs. 2 VVG stellt aber klar, dass dies nicht der Fall ist. Außerdem bestimmt diese Auslegungsregel, dass im Zweifel diejenigen, welche zur Zeit des Todes als Erben berufen sind, nach dem Verhältnis ihrer Erbteile bezugsberechtigt sind.
Ist "der Erbe gem. Testament" benannt, hängt die Berechtigung nicht von der wirksamen Erbeinsetzung ab, sondern bezeichnet nur die Person des Begünstigten.
Rz. 38
Hinweis
Es kann vorkommen, dass die Erbschaft überschuldet ist und nur die Lebensversicherung den Erben Geld bringt. In dieser Situation ist den Erben dringend zu raten, die Erbschaft auszuschlagen, weil dies auf die Bezugsberechtigung ohne Einfluss ist, dies stellt § 160 Abs. 2 S. 2 VVG ausdrücklich klar.
Rz. 39
Wird "die Ehefrau" als Bezugsberechtigte benannt, ist damit aus Sicht des Versicherers die im Zeitpunkt der Benennung (meist beim Abschluss des Vertrages) mit dem Versicherungsnehmer verheiratete Frau gemeint. Ausnahmsweise kommt eine zweite Ehefrau als Begünstigte nur in Betracht, wenn die erste Ehefrau verstorben ist.
Hat der Erblasser von einer Wiederverheiratung abgesehen, fällt indes nicht automatisch mit dem Tod der geschiedenen Ehefrau die Bezugsberechtigung weg. Insbesondere bei einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung, der in der Regel eine Altersversorgung zugrunde liegt, bleibt die Eheauflösung ohne Wirkung. Aber auch sonst bleibt der Versicherungsvertrag in der Regel von einer Ehescheidung unberührt. Der BGH hat ausdrücklich eine Analogie zu § 2077 BGB, wonach von einer teilweisen Unwirksamkeit letztwilliger Verfügungen im Scheidungsfall auszugehen ist, abgelehnt.
Zuletzt hat der BGH dies nochmals für den Fall bestätigt, dass wenn der Versicherungsnehmer "den verwitweten Ehegatten" als Bezugsberechtigten benennt, eine spätere Scheidung und Wiederverheiratung nichts daran ändert, dass der im Zeitpunkt der Erklärung mit dem Versicherungsnehmer verheiratete (erste) Ehepartner die Leistung erhält.
Von dem vertraglichen Anspruch zu unterscheiden ist indes die Frage der Rückabwicklung durch die Erben im Valutaverhältnis (vgl. Rdn 78). In neueren Verträgen ist immer öfter die Bezugsberechtigung ausdrücklich unter die auflösende Bedingung der Ehescheidung gestellt.
Rz. 40
Werden "die Kinder" vom Versicherungsnehmer als Bezugsberechtigte eingesetzt, kann es Auslegungsprobleme geben, wenn der Versicherungsnehmer auch nichteheliche Kinder hatte.
Das OLG Stuttgart hat für den Fall des Vorversterbens eines Kindes entschieden, dass in der Regel die Bestimmung einer Ersatzbezugsberechtigung zugunsten der Abkömmlinge des vorverstorbenen Kindes anzunehmen ist.
Rz. 41
Wenn "die Hinterbliebenen" bedacht sind, werden zunächst die Kinder und der Ehegatte in Betracht kommen. In diesem Fall kann jeder Bezugsberechtigte sein Recht durch entsprechende Heirats- bzw. Abstammungsurkunden vom Standesamt nachweisen. Ohne weitere Anhaltspunkte hat jeder aus dem Personenkreis ein gleich anteiliges Recht an der Versicherungssumme.
Fehlt es an nahen Verwandten, kann als Ergebnis der Auslegung Hinterbliebener i.S.d. Bezugsrechtsbestimmung auch jede Person sein, die nach dem Tod des Versicherten zurückbleibt und zu der ein Näheverhältnis bestand, z.B. eine Lebensgefährtin oder ein im Testament bedachter Freund. In der Lebensversicherung gilt insoweit ein anderer Hinterbliebenenbegriff als im Sozialversicherungsrecht.
Rz. 42
Sind hingegen "die Ehefrau oder die Kinder" benannt, darf man daraus einen Vorrang der Ehefrau ableiten.
Rz. 43
Der "Inhaber des Versicherungsscheins" kann ebenfalls als Bezugsberechtigter eingetragen ...