Dr. Burkhard Göpfert, Maximilian Melles
Rz. 123
Zur Klarstellung ist es zweckmäßig, die Gültigkeitsdauer des Sozialplans festzulegen. Dabei kann als Termin auf den Zeitpunkt abgestellt werden, bis zu dem die geplanten personellen Maßnahmen abzuschließen sind.
Rz. 124
In dem Sozialplan selbst kann dessen Dauer bestimmt werden. Ferner kann der Sozialplan eine Kündigungsmöglichkeit vorsehen. Ansonsten ist eine außerordentliche Kündigung bei Dauerregelungen denkbar, soweit Einzelansprüche der Arbeitnehmer noch nicht entstanden sind.
Rz. 125
Gem. § 77 Abs. 6 BetrVG wirkt der Sozialplan bis zu einer anderweitigen Regelung nach, soweit es sich um einen erzwingbaren Sozialplan handelt.
Die Betriebspartner können einen Sozialplan auch durch eine ablösende Neuregelung zuungunsten der Arbeitnehmer ersetzen, jedenfalls soweit er Dauerregelungen für fortbestehende Arbeitsverhältnisse enthält und fortlaufende, zeitlich unbegrenzte Leistungsansprüche begründet.
Beispiel
Würde etwa aus Anlass einer Betriebsverlegung, die nach § 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG als eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung gilt, ein Sozialplan aufgestellt und darin vereinbart, dass die dadurch bedingten längeren Wegezeiten besonders vergütet und zusätzlich entstehende Fahrtkosten erstattet werden, so könnten die Betriebspartner später diese von ihnen vereinbarte Sozialplanregelung einvernehmlich – in den Grenzen der Billigkeit – auch wieder ändern und sogar ersatzlos aufheben.
Rz. 126
Dieses Verfahren versagt in den Fällen, in denen infolge der Betriebsänderung der bisherige Betrieb aufhört zu bestehen und damit auch der Betriebsrat, mit dem der Sozialplan vereinbart worden ist, nicht mehr existiert. Das ist bei der Betriebsänderung in der Form der Betriebsstilllegung nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG der Fall. Hier hilft auch das Restmandat nach § 21b BetrVG nicht weiter, wenn mit der Stilllegung des Betriebs alle damit zusammenhängenden Fragen von den Betriebspartnern geregelt worden sind.
Rz. 127
Bleiben die von der Stilllegung betroffenen Arbeitnehmer in den Diensten des bisherigen Arbeitgebers – allerdings in einem anderen Betrieb –, verlieren die Regelungen des Sozialplans nicht ihren kollektivrechtlichen Charakter. Sie werden Bestandteil der kollektiven Normenordnung des neuen Betriebs, mit der Folge, dass dessen Betriebsrat nunmehr für eine etwaige ablösende Betriebsvereinbarung zuständig ist.
Rz. 128
Eine ablösende Betriebsvereinbarung kann i.Ü. aber keine Wirkung ggü. solchen Arbeitnehmern entfalten, denen aufgrund einer Betriebsänderung gekündigt worden ist und die deshalb aus dem Unternehmen ausgeschieden sind oder ausscheiden werden. Für diese Arbeitnehmer kann hinsichtlich der Sozialplanabfindung nur der Sozialplan maßgeblich sein, der zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung galt, es sei denn, eine spätere ablösende Betriebsvereinbarung würde zu Erhöhungen der Abfindungen führen. Eine Verschlechterung (vollständiger Wegfall oder Reduzierung der Abfindung) ist für diesen Personenkreis nur denkbar, wenn der Sozialplan aufgrund eines Einigungsstellen-Spruchs zustande gekommen ist und dieser Spruch wegen Ermessens- und/oder Rechtsfehlern rechtskräftig von den Gerichten für Arbeitssachen aufgehoben wird.
Ein für eine bestimmte Betriebsänderung vereinbarter Sozialplan kann i.Ü., soweit nichts Gegenteiliges vereinbart ist, nicht ordentlich gekündigt werden. Anderes kann für Dauerregelungen in einem Sozialplan gelten, wobei Dauerregelungen nur solche Bestimmungen sind, nach denen ein bestimmter wirtschaftlicher Nachteil durch auf bestimmte oder unbestimmte Zeit laufende Leistungen ausgeglichen oder gemildert werden soll. Ob ein Sozialplan insgesamt oder hinsichtlich seiner Dauerregelungen außerordentlich gekündigt werden kann, hat das BAG bisher offengelassen.
Rz. 129
Im Fall einer zulässigen ordentlichen und ggf. auch außerordentlichen Kündigung eines Sozialplans wirken seine Regelungen nach, bis sie durch eine neue Regelung ersetzt werden. Die ersetzende Regelung kann Ansprüche der Arbeitnehmer, die vor dem Wirksamwerden der Kündigung entstanden sind, nicht zuungunsten der Arbeitnehmer abändern. Das gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmer aufgrund bestimmter Umstände nicht mehr auf den unveränderten Fortbestand des Sozialplans vertrauen konnten.
Rz. 130
Ist die Geschäftsgrundlage eines Sozialplans weggefallen und ist einem Betriebspartner das Festhalten am Sozialplan mit dem bisherigen Inhalt nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten, so können die Betriebspartner die Regelungen des Sozialplans den geänderten tatsächlichen Umständen anpassen. Verweigert der andere Betriebspartner die Anpassung, entscheidet die Einigungsstelle verbindlich. Die anpassende Regelung kann aufgrund des anzupassenden Sozialplans schon entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer auch zu deren Ungunsten abändern. Insoweit genießen die Arbeitnehmer keinen Vertrauensschutz. Die Geschäftsgrundlage des für die Betriebstilllegung vereinbarten Sozialplans entfällt z.B., wenn der Arbeitgeber...