Dr. Burkhard Göpfert, Maximilian Melles
Rz. 3
Der wichtigste Fall einer Kündigung ist die betriebsbedingte Kündigung. Hierbei setzt der Arbeitgeber eine unternehmerische Entscheidung um, die zum Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten führt.
I. Befristete und unbefristete Arbeitsverhältnisse
Rz. 4
Arbeitsverträge können grds. unbefristet oder befristet geschlossen werden. Während ein unbefristeter Arbeitsvertrag i.d.R. unter Einhaltung einer Kündigungsfrist ordentlich gekündigt werden kann (wenn nichts Abweichendes geregelt ist, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 BGB), kann ein befristeter Vertrag nur dann während seiner Laufzeit ordentlich gekündigt werden, wenn der befristete Vertrag dies ausdrücklich vorsieht (§ 15 Abs. 3 TzBfG).
Rz. 5
Kündigungen unterliegen im Anwendungsbereich des KSchG einer Prüfung dahingehend, ob sie sozial gerechtfertigt sind (§§ 1, 23 KSchG). Befristungen unterliegen demgegenüber der Befristungskontrolle nach dem TzBfG. Danach ist derzeit eine Befristung im Fall der Ersteinstellung für die Dauer von bis zu zwei Jahren sachgrundlos, i.Ü. nur bei Vorliegen eines Befristungsgrundes (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1–Nr. 8 TzBfG) zulässig.
Rz. 6
Sowohl der unbefristete als auch der befristete Arbeitsvertrag können jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist außerordentlich gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes ausgesprochen wird (§ 626 BGB). Das Recht zur außerordentlichen Kündigung kann generell nicht vertraglich abbedungen werden.
Hinweis
Die meisten Arbeitsverträge werden nach wie vor unbefristet geschlossen und können daher ordentlich oder außerordentlich gekündigt werden.
Rz. 7
Die ordentliche Kündigung bedarf im Anwendungsbereich des KSchG einer sozialen Rechtfertigung. Das Fehlen der sozialen Rechtfertigung oder die Unwirksamkeit der Kündigung aus anderen Gründen muss der Arbeitnehmer binnen einer Ausschlussfrist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung durch Kündigungsschutzklage beim ArbG geltend machen. Erhebt der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage nicht oder nicht rechtzeitig, gilt die Kündigung als sozial gerechtfertigt. Besonderheiten im Zusammenhang mit der drei Wochen Frist sind im Zusammenhang mit einem eventuell bestehenden Sonderkündigungsschutz zu beachten: Bedarf die Kündigung der vorherigen Zustimmung einer Behörde, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichtes erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab (§ 4 Satz 4 KSchG).
Rz. 8
Eine Kündigung ist dann sozial gerechtfertigt, wenn sie entweder betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt gerechtfertigt ist.
Verhaltensbedingt gerechtfertigt ist eine Kündigung dann, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen hat, wobei i.d.R. eine vorherige Abmahnung erforderlich ist.
Eine Abmahnung liegt im Gegensatz zu der kündigungsschutzrechtlich insoweit nicht verwertbaren Ermahnung nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer bei einem früheren, vergleichbaren Vorfall durch den Arbeitgeber eindeutig gewarnt wurde, dass im Wiederholungsfall auch mit einer Kündigung zu rechnen ist. Bei mehreren Abmahnungen muss die letzte Abmahnung sogar als "letzte Abmahnung" ausdrücklich gekennzeichnet werden.
Eine personenbedingte Kündigung setzt demgegenüber voraus, dass dem Arbeitnehmer aus einem in seiner Person liegenden Grund die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mehr oder nicht mehr ausreichend möglich ist (bspw. Krankheit) und eine Kündigung unter Abwägung aller Umstände das letzte Mittel ist.
Im Gegensatz dazu setzt die betriebsbedingte Kündigung daran an, dass der Arbeitgeber nach der Werteordnung des GG (Art. 12, 14) frei ist, eine unternehmerische Entscheidung auch dann umzusetzen, wenn diese zum Wegfall des Arbeitsplatzes eines konkreten Mitarbeiters führt. In diesem Fall muss der Arbeitgeber allerdings neben der Unternehmerentscheidung und dem Wegfall des Arbeitsplatzes auch darlegen, dass er bei mehreren in Betracht kommenden Arbeitnehmern ("vergleichbare Arbeitnehmer") eine sog. Sozialauswahl durchgeführt, also denjenigen Arbeitnehmer gekündigt hat, der am wenigsten sozial schutzwürdig ist (vgl. dazu die ausführliche Erörterung unter Rdn 20 ff.).
II. Voraussetzungen für eine sozial gerechtfertigte betriebsbedingte Kündigung
1. Anwendungsbereich des KSchG
Rz. 9
Die Bestimmungen der §§ 1 ff. KSchG gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und öffentlichen Rechts (§ 23 Abs. 1 Satz 1 KSchG), sofern diese mehr als zehn (10,0) Arbeitnehmer beschäftigen (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG). Das Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers muss zudem länger als 6 Monate bestanden haben (§ 1 Abs. 1 KSchG).
2. Wegfall des Beschäftigungsbedarfs
Rz. 10
Eine Kündigung ist gem. § 1 Abs. 2 KSchG u.a. sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Nach ständiger Rspr. des BAG können sich dringende betriebliche Erfordernisse aus außerbetrieblichen Gründen (bspw. Auftragsmangel) oder innerbetrieblichen Umständen ergeben.
Rz. 11
Als innerbetriebliche Gründe kommen insb. sog. Unternehmerentscheidungen in Betracht, die zum Wegfall von ...