Rz. 29
In der Praxis kommt es äußerst selten vor, dass eine gegenständliche Aufteilung des Nachlasses zu den Erbquoten entsprechenden Wertzuweisungen an die einzelnen Miterben führt. In dieser Situation einigen sich die Beteiligten oftmals darauf, dass kleinere (oder auch größere) Wertdifferenzen hingenommen werden sollen und diesbezüglich kein Ausgleich erfolgt. Wenn eine solche Einigung nicht erreicht wird, werden oft Ausgleichsleistungen zwischen den Beteiligten (aus ihrem jeweiligen Eigenvermögen) vereinbart (sog. Spitzenausgleich). Soweit solche Leistungen aus dem Eigenvermögen erbracht werden, schafft der Leistende die von ihm erworbenen Nachlassgegenstände entgeltlich an. Er hat insoweit nicht die Buchwerte der Erbengemeinschaft fortzuführen, sondern diese um die anteilig auf das jeweilige Wirtschaftsgut entfallenden Anschaffungskosten (Leistungen an den oder die Miterben) zu erhöhen. Spiegelbildlich ist bei den den Spitzenausgleich vereinnahmenden Miterben ein Veräußerungsvorgang anzunehmen, der – soweit es sich um steuerverstrickte Wirtschaftsgüter handelt (insbesondere Betriebsvermögen und Grundstücke, für die die Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen ist) – Einkommensteuerlasten auslöst (Aufdeckung stiller Reserven).
Rz. 30
Die über die Erbquote hinausgehende Übernahme von Schulden ist nach Verwaltungsauffassung nicht als Spitzenausgleich anzusehen und führt weder bei einer Auseinandersetzung über Privat- noch über Betriebsvermögen zu steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnen. Somit kann durch die überproportionale Übernahme von Schulden ein Wertausgleich zwischen den Erben erreicht werden, der keine negativen Steuerfolgen mit sich bringt.
Rz. 31
Beispiel
A und B sind Erben zu je ½. Zum Nachlass gehört ein Grundstück (Verkehrswert 2 Mio. EUR), das mit einer noch voll valutierten Hypothek von 1 Mio. EUR belastet ist. Weiterhin gehören zum Nachlass Wertpapiere (Verkehrswert: 3 Mio. EUR). Die Erben setzen sich dahingehend auseinander, dass A das Grundstück und B die Wertpapiere erhält. B übernimmt außerdem die Verbindlichkeiten in voller Höhe.
Es liegt eine Realteilung ohne Abfindungszahlung, also ein unentgeltlicher Rechtsvorgang vor. A erhält einen Wert von 2 Mio. EUR (Grundstück). B erhält ebenfalls einen Wert von 2 Mio. EUR (Wertpapiere im Wert von 3 Mio. EUR abzüglich einer übernommenen Verpflichtung von 1 Mio. EUR).
Rz. 32
Dessen ungeachtet führen die von einem Miterben im Rahmen der Erbauseinandersetzung übernommenen Schulden bei ihm zu (aktivierbaren) Anschaffungskosten der von ihm übernommenen Nachlassgegenstände, soweit sie die seiner Erbquote entsprechenden Schulden übersteigen. Demzufolge ist auch die zukünftige AfA auf der Grundlage der um diese Anschaffungskosten erhöhten Buchwerte bzw. Afa-Bemessungsgrundlagen der Erbengemeinschaft zu ermitteln.