aa) Begriff des Familienheims
Rz. 310
Im Unterschied zur Definition des Familienheims nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG setzt § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG voraus, dass "der Erblasser … bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war". Außerdem muss auch der Erwerber das Begünstigungsobjekt unverzüglich nach dem Erbfall selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Verwaltung und Rechtsprechung erlauben insoweit eine Karenzzeit von sechs Monaten. Bei Überschreitung dieser Frist muss der Erwerber die diese verursachenden Gründe und dass er diese nicht zu vertreten hat darlegen und glaubhaft machen.
Rz. 311
Eine fehlende Selbstnutzung ist nur dann unschädlich, wenn der Erblasser – oder später der überlebende Ehegatte – aus objektiv zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert ist. Insoweit ist vor allem an eine Pflegebedürftigkeit, die die Führung eines eigenen Haushalts nicht mehr zulässt, zu denken. Andere Gründe, zum Beispiel eine berufliche Versetzung oder der Wunsch, den Lebensabend bei einem Kind zu verbringen, genügen demgegenüber nicht.
bb) Umfang der Begünstigung
Rz. 312
Auch § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG erfasst Familienheime jeder Größenordnung, eine flächenmäßige Begrenzung besteht nicht.
Rz. 313
Lasten auf dem steuerfrei erworbenen Familienheim noch Verbindlichkeiten, sind diese gemäß § 10 Abs. 6 ErbStG nicht abzugsfähig und können daher nicht als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden.
cc) Weitergabeverpflichtungen
Rz. 314
Ist der überlebende Ehegatte bzw. Lebenspartner aufgrund letztwilliger Anordnungen des Erblassers verpflichtet, das – grundsätzlich begünstigungsfähige – Familienheim an einen Dritten weiterzugeben oder wird eine solche Weitergabe im Rahmen der Erbauseinandersetzung später vereinbart, besteht keine Begünstigung des überlebenden Ehegatten/Lebenspartners, § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 2 und 3 ErbStG.
Rz. 315
Erfasst werden hier sowohl Vermächtnis- oder Teilungsanordnungen des Erblassers als auch diejenigen Fälle, in denen der überlebende Ehegatte bzw. Lebenspartner das Familienheim im Rahmen einer frei vereinbarten Erbauseinandersetzung weitergibt.
dd) Behaltensfrist
Rz. 316
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 2 ErbStG steht die Steuerbefreiung des Familienheims unter einem Nachsteuervorbehalt. Gibt der überlebende Ehegatte bzw. Lebenspartner das erworbene Familienheim vor Ablauf von 10 Jahren ab dem Erbfall auf bzw. endet seine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, kommt es zur Nachversteuerung. Die Steuerbefreiung entfällt vollständig, und zwar mit Wirkung für die Vergangenheit. Die Aufgabe der Selbstnutzung aus zwingenden Gründen ist jedoch unschädlich. Solche liegen jedenfalls dann vor, wenn der überlebende Ehegatte pflegebedürftig wird und sein Gesundheitszustand die Führung eines eigenen Haushalts nicht mehr zulässt. Begünstigungsunschädlich ist auch die Beendigung der Selbstnutzung durch den Tod des überlebenden Ehegatten/Lebenspartners. Dieser führt nie zu einer Nachversteuerung.