A. Einführung
Rz. 1
Die Unfallversicherung hat nicht nur die Aufgabe, Risiken für den Fall ihrer Eintrittspflicht abzusichern. Vielmehr erstrecken sich die gesetzlichen Aufgaben der Unfallversicherung auch auf die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Nach dem Eintritt eines Versicherungsfalles leistet die Unfallversicherung Schadenausgleich für die Heilbehandlung, die Maßnahmen der medizinischen und beruflichen Rehabilitation zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten, Erleichterungen der Verletzungsfolgen durch Maßnahmen der sozialen Rehabilitation sowie Entschädigungen durch Geldleistungen, insbesondere durch Übergangsgeld, Verletztengeld und Renten.
Rz. 2
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsträger) sind die Berufsgenossenschaften einschließlich der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, Unfallversicherung Bund und Bahn, die Unfallkassen der Länder, die Gemeindeunfallversicherungsverbände und Unfallkassen der Gemeinden, die Feuerwehr-Unfallkassen und die gemeinsamen Unfallkassen für den Landes- und den kommunalen Bereich, § 114 Abs. 1 SGB VII.
Rz. 3
Die gesetzliche Unfallversicherung wird durch Beiträge der Unternehmer aufgebracht, § 150 SGB VII. Die allgemeinen Grundsätze der Sozialversicherung (vgl. § 19) sind also nicht anzuwenden; insbesondere gibt es keinen Arbeitnehmeranteil am Beitrag.
Rz. 4
Die gesetzliche Unfallversicherung ist seit 1997 im Siebten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) geregelt.
B. Versicherte
Rz. 5
Der versicherte Personenkreis definiert sich nach §§ 2 ff. SGB VII.
Rz. 6
Versichert sind insbesondere Beschäftigte, § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Beschäftigung ist gem. § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Rz. 7
Besonderheiten für Teilzeitbeschäftigte bestehen nicht. Das Gesetz sieht auch keine Geringfügigkeitsgrenze vor, sodass auch geringfügig Beschäftigte den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung genießen.
Rz. 8
Versicherungsfrei sind Personen, für die beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften eingreifen.
Rz. 9
Unternehmer haben die Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern. Einige Selbstständige sind allerdings pflichtversichert, so etwa die im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätigen Selbstständigen (ebenso wie die in diesen Bereichen unentgeltlich oder ehrenamtlich Tätigen), § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII. Ausgenommen hiervon sind wiederum die Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, Heilpraktiker und Apotheker, § 4 Abs. 1, 3 SGB VII.
C. Beitragspflicht
Rz. 10
Beitragspflichtig sind in der gesetzlichen Unfallversicherung ausschließlich die Unternehmer für die in ihrem Unternehmen beschäftigten Versicherten, § 150 Abs. 1 SGB VII.
D. Beitragshöhe
Rz. 11
Anders als in den übrigen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung ist die Beitragshöhe für die gesetzliche Unfallversicherung nicht im Voraus festgelegt. Die Beiträge werden vielmehr nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt, § 152 Abs. 1 S. 1 SGB VII.
Rz. 12
Die gesetzliche Unfallversicherung folgt somit dem reinen Umlageverfahren, was bedeutet, dass die Beiträge jeweils den Bedarf des abgelaufenen Geschäftsjahres decken.
Rz. 13
Die Beiträge errechnen sich für den Unternehmer aus drei Faktoren: dem Finanzbedarf (Beitragsfuß, Umlagesoll), den Arbeitsentgelten der Versicherten und den Gefahrklassen, § 167 Abs. 1 SGB VII. Dabei wird der Beitragsfuß durch Division des Umlagesolls durch die Beitragseinheiten (Arbeitsentgelt x Gefahrklassen) berechnet, § 167 Abs. 2 S. 1 SGB VII.
Rz. 14
Die Gefahrklassen sind im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaften aufgeführt und festgelegt. Die Gefahrklassen geben den Grad der Unfallgefahr wieder, die der jeweilige Beschäftigte abstrakt trägt. Je höher die Unfallgefahr der konkreten Tätigkeit, desto höher die Gefahrklasse und also der Beitrag zur Unfallversicherung. Die Gefahrklassen werden durch die Berufsgenossenschaftsträger in Satzungen festgelegt. Eine gesetzliche Regelung (etwa im SGB VII) gibt es hierzu nicht.
Rz. 15
Das Arbeitsentgelt der Versicherten wird bis zur Höhe des Höchstjahresarbeitsverdienstes zugrunde gelegt, § 153 Abs. 2 SGB VII. Der Höchstjahresarbeitsverdienst übernimmt die Funktion der Beitragsbemessungsgrenzen in den vier anderen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung und definiert sich gem. § 85 Abs. 2 SGB VII als höchstens das Zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgebenden Bezugsgröße. Die Bezugsgröße wird nach dem in § 18 SGB IV beschriebenen Verfahren bestimmt und beträgt für das Jahr 2024 in den alten Bundesländern 3.535 EUR, in den neuen Bundesländern 3.465 EUR monatlich.
Rz. 16
Die Satzung der jeweiligen Unfallkasse kann neben einer höheren Obergrenze für die Beitragsbemessung (§ 85 Abs. 2 S. 2 SGB VII) auch bestimmen, dass die Beiträge nicht nach den Arbeitsentgelten, sondern nach der Zahl der Versicherten unter Berücksichtigung der Gefährdungsrisiken berechn...