Rz. 49
Die – nur ausnahmsweise zulässige (siehe oben Rdn 45) – Titulierung künftig fällig werdender Beträge aus einer Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen kann nur auf Grundlage des im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung festgestellten Sachverhalts erfolgen. Das steht einer Verurteilung für einen Zeitraum entgegen, für den die Grundlage der Leistungspflicht nach Grund und Höhe (noch) nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden kann. Die Unzulässigkeit einer solchen Verurteilung dient dem Schutz des Schuldners vor titulierten Leistungen, von denen nicht angenommen werden kann, dass sie tatsächlich geschuldet sein werden. Auch die Verurteilung zu einer "dynamischen" Rente unter Einsatz von Wertsicherungsklauseln ist angesichts der vielfältigen Faktoren, die Einfluss auf die zukünftige Entwicklung einer Haftpflichtrente haben, nicht zulässig; etwas anderes gilt für Rentenleistungen, die durch eine Parteivereinbarung an einen (insbesondere Lebenshaltungs- oder Verbraucherkosten-)Index gebunden sind. Eine "dynamische" Schmerzensgeldrente scheidet darüber hinaus schon deshalb aus, weil sie ihre Funktion als billiger Ausgleich des immateriellen Schadens in Geld nicht gewährleisten kann.
Rz. 50
Die Verurteilung des Schuldners zu künftigen wiederkehrenden Leistungen setzt folglich eine hinreichend tragfähige Prognose der künftigen Entwicklung voraus, bei der der erfahrungsgemäße weitere Ablauf zu berücksichtigen ist; allenfalls theoretische mögliche zukünftige Ereignisse bleiben außen vor. Damit später – bei Abweichungen von der Prognose – über eine Abänderungsklage (§ 323 ZPO; siehe unten Rdn 220 ff.) entschieden werden kann, muss ein Urteil über wiederkehrende Leistungen erkennen lassen, welche Annahmen für die Zukunft der Verurteilung des Beklagten zugrunde gelegt wurden.
Rz. 51
Die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung bringt immer eine gewisse Unsicherheit mit sich. Das allein ist aber noch kein Grund, von dieser Einschätzung abzusehen, wenn sie nach der Lebenserfahrung und der Lage zur Zeit des Urteils mit einiger Gewissheit möglich ist. Der Richter hat unter Ausschöpfung seines Schätzungsermessens (§ 287 ZPO) alle zukünftig maßgebend werdenden Faktoren zu berücksichtigen; Unsicherheiten über die Bemessungsfaktoren sind dabei im Schätzungsergebnis – beispielsweise durch Pauschalierungen nach Annäherungswerten oder Durchschnittssätzen sowie die Staffelung nach größeren Zeiträumen – zu verarbeiten. Die dem Gericht eingeräumte Schätzungsbefugnis (§ 287 ZPO) lässt allerdings die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten für seinen Schaden unberührt, weshalb Unsicherheiten in der Schätzung zu seinen Lasten gehen; gegebenenfalls können sie mit einem entsprechenden Abschlag berücksichtigt werden.
Rz. 52
Eine zeitliche Beschränkung und deren kalendermäßige Aufnahme in den Antrag und den Tenor der Entscheidung ist notwendig, wenn in der zukünftigen Entwicklung eine so starke Unsicherheit liegt, dass sich das Gericht über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus kein ausreichendes und auch nur einigermaßen zuverlässiges Bild davon machen kann. Bei einer zeitlich unbefristeten Verurteilung zu einer Geldrente muss der Richter andererseits davon ausgehen, dass sich bis zum Eintritt der Fälligkeit der erfassten Leistungen erfahrungsgemäß nichts ändert. Daran fehlt es, wenn von einem bestimmten Zeitpunkt an eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse zu erwarten ist, deren Auswirkungen noch nicht abschließend beurteilt werden können. Eine zeitliche Beschränkung kann auch im Interesse des Geschädigten liegen, da ihm für den von der Verurteilung nicht erfassten Zeitraum eine neue Leistungsklage ohne die Beschränkungen einer Abänderungsklage (siehe unten Rdn 242 ff.) zur Verfügung steht; ferner besteht insoweit ein Feststellungsinteresse (siehe unten Rdn 164).
Rz. 53
Haftpflichtrenten (siehe oben Rdn 48) sind längstens bis zum Tod des Geschädigten geschuldet; auch das muss in Antrag und Tenor zum Ausdruck kommen, um eine Titelumschreibung auf Rechtsnachfolger auszuschließen. Der Ersatz des Erwerbsschadens im Wege einer Rente – insbesondere nach § 843 BGB – kann ferner nur bis zu dem Zeitpunkt zugesprochen werden, an dem der Geschädigte aus dem Erwerbsleben ausgetreten wäre. Zur diesbezüglichen Begrenzung des Verdienstausfalls abhängig Beschäftigter siehe oben § 13 Rdn 37 ff. (B) und zu der bei Selbstständigen und Freiberuflern siehe oben § 13 Rdn 29 ff. (C). Der Anspruch auf eine Rente wegen einer Vermehrung der Bedürfnisse des Geschädigten (siehe oben § 16 Rdn 22) besteht dagegen so lange, wie der Mehrbedarf – voraussichtlich – anfällt. Eine diesbezügliche Rente ist im Zweifel auf Lebenszeit zu zahlen, da die vermehrten Bedürfnisse mit dem Eintritt in den Ruhestand in der Regel nicht wegfallen oder kleiner werden.
Rz. 54
Die Zuerkennung eines zukünftigen Unterhaltsschadens – insbesondere nach § 844 BGB – zwingt zu einer Prognose, wie s...