1. Urteile (§ 323 Abs. 1 S. 1 ZPO)
Rz. 227
Gegenstand der Abänderungsklage können zunächst Leistungsurteile sein, die einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen zuerkennen; die Abweisung einer bezifferten negativen Feststellungsklage steht dem gleich, siehe oben Rdn 185. Positive Feststellungsurteile sind dagegen einer Abänderungsklage nur zugänglich, soweit – ausnahmsweise (siehe oben Rdn 206 f.) – ein Anspruch auf eine betragsmäßig bestimmte wiederkehrende Leistung festgestellt worden ist. Ist im vorangegangenen Urteil lediglich die Leistungspflicht als solche – unabhängig von ihrer Höhe – festgestellt, ist für eine Abänderungsklage kein Raum.
Rz. 228
Urteile, mit denen eine Klage auf wiederkehrende Leistungen abgewiesen wurde, entfalten nur dann und soweit eine lediglich mit der Abänderungsklage zu durchbrechende Rechtskraft, wie die Aberkennung auf einer richterlichen Prognose beruht: Beispielsweise wenn ein Anspruch nur für eine bestimmte Zeit zugesprochen und wegen eines prognostizierten Wegfalls der Bedürftigkeit ab einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aberkannt worden ist oder wenn ein zunächst titulierter Anspruch auf wiederkehrende Leistungen später im Wege der Abänderungsklage aberkannt wurde und nunmehr wiederum eine falsche Prognose behauptet wird. Erfolgte die vorangegangene Abweisung einer Klage auf wiederkehrende Leistungen dagegen mangels Möglichkeit einer ausreichend tragfähigen Prognose (siehe oben Rdn 52 ff.) oder bei Geltendmachung eines Unterhaltsschadens wegen – derzeit – fehlender Bedürftigkeit des Geschädigten hat die erneute Geltendmachung der Ansprüche nicht mit einer Abänderungs-, sondern einer neuen Leistungsklage zu erfolgen, siehe unten Rdn 290. Ist die Klageabweisung deshalb erfolgt, weil schon die Haftung des Schädigers dem Grunde nach verneint worden ist, so ist eine (Abänderungs- wie Leistungs-)Klage über den gleichen Streitgegenstand insgesamt unzulässig, da für die Durchbrechung der Rechtskraft des vorangegangenen Urteils weder Anlass noch Raum besteht (§ 322 ZPO).
Rz. 229
Als Gegenstand einer Abänderungsklage kommen nicht nur kontradiktorische Urteile mit entsprechenden Tatsachenfeststellungen zur Prognose der zukünftigen Entwicklung, sondern auch Anerkenntnis- und Versäumnisurteile in Betracht, da deren materielle Rechtskraft grundsätzlich ebenfalls zu einer Bindungswirkung führt und deshalb weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung der zuerkannten Leistungen noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im vorausgegangenen Rechtsstreit eine Bewertung erfahren haben, erlaubt. Auch Vollstreckungsbescheide (§ 699 ZPO) sind – bei entsprechendem Gegenstand – einer Abänderung zugänglich. Ebenso kann es sich bei der abzuändernden Entscheidung um ein auf eine vorausgegangene Abänderungsklage ergangenes Abänderungsurteil handeln.
Rz. 230
Die Rechtskraft der abzuändernden Entscheidung ist für die Zulässigkeit der Abänderungsklage nicht erforderlich (arg. § 323 Abs. 2 ZPO). Bei einem Versäumnisurteil dürfen die Abänderungsgründe allerdings nicht noch durch einen Einspruch geltend gemacht werden können.
Zum Verhältnis der Abänderungsklage zu Rechtsmitteln siehe unten Rdn 293 ff.
Rz. 231
Schiedssprüche, die wiederkehrende zukünftige Leistungen zum Gegenstand haben, unterliegen ebenfalls der Abänderungsklage, da ihnen die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils zukommt (§ 1055 ZPO). Dies gilt auch für solche Schiedssprüche, die auf einem Vergleich beruhen (§ 1053 ZPO).
Rz. 232
Nach dem Einigungsvertrag (Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 5 Buchst. i; BGB 1990 II 928) erfolgt auch die Abänderung rechtskräftiger Urteile der Gerichte der DDR ab dem 3.10.1990 im Wege der Abänderungsklage, die die zuvor maßgebenden Vorschriften (§§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZPO/DDR, 87 i.V.m. 22 FGB) verdrängt. Eine Abänderungsklage ist ferner gegen anerkennungsfähige ausländische Urteile und vergleichbare Endentscheidungen zulässig.
Rz. 233
Keiner Abänderungsklage zugänglich sind Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz, weil diese im Hinblick auf die lediglich summarische Prüfung nicht in materielle Rechtskraft erwachsen. Die Abänderung findet hier vielmehr ebenfalls in einem summarischen Verfahren statt (§§ 936, 927 ZPO). Wohl aber ist die Abänderungsklage gegenüber Vergleichen, die im einstweiligen Verfügungsverfahren abgeschlossen worden sind, zulässig, da hier eine Aufhebung wegen veränderter Umstände (§ 927 ZPO) ausscheidet; siehe auch nachfolgende Rdn 234 ff.