Rz. 78
Im Rahmen des Änderungskündigungsschutzprozesses sind allgemeine Unwirksamkeitsgründe, wie sie insbesondere in den Vorschriften der §§ 613a Abs. 4, 623, 174 BGB normiert sind, ebenso zu beachten wie im Falle einer Beendigungskündigung. Gleichfalls gilt der besondere Kündigungsschutz des SGB IX, des MuSchG, des BEEG und anderer Spezialgesetze. Des Weiteren kann die ordentliche Änderungskündigung unzulässig sein, weil sie vertraglich oder tarifvertraglich ausgeschlossen ist. Änderungskündigungen sind zudem "Entlassungen" im Sinne von § 17 KSchG, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das ihm mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot ablehnt oder – und sei es ohne Vorbehalt – annimmt. Die Nichterstattung der Massenentlassungsanzeige führt gem. § 17 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 KSchG i.V.m. § 134 BGB zur Unwirksamkeit der Beendigungskündigungen – auch derjenigen, die im Rahmen von Änderungskündigungen erklärt worden sind.
Rz. 79
Die ordentliche Kündigung, also auch die ordentliche Änderungskündigung, von Betriebsratsmitgliedern und anderen in § 15 Abs. 1–3a KSchG genannten Personen, z.B. Wahlbewerbern, ist nur in den Ausnahmefällen des § 15 Abs. 4 und 5 KSchG zulässig. Dieser Kündigungsschutz gilt nach der Rechtsprechung des BAG nicht nur für eine ordentliche Änderungskündigung als Einzelmaßnahme, sondern darüber hinaus uneingeschränkt auch für sog. Massenänderungskündigungen. Der Arbeitgeber hat in Fällen geplanter Massenänderungskündigungen (z.B. Reduzierung der Arbeitszeit, Wegfall von Zulagen und Sonderzahlungen für die gesamte Belegschaft) je nach dem Gewicht der betriebsbedingten Gründe allenfalls die Möglichkeit, nach § 15 Abs. 1 KSchG, erforderlichenfalls nach Zustimmung des Betriebsrats bzw. deren Ersetzung nach § 103 BetrVG, eine außerordentliche Änderungskündigung aus wichtigem Grund auszusprechen. Mit Recht wird gegen diese Auffassung des BAG einige Kritik angebracht. Als Einzelmaßnahme ist eine außerordentliche fristlose Änderungskündigung nach § 15 KSchG, § 626 BGB (erforderlichenfalls im Wege des Verfahrens nach § 103 BetrVG) nur möglich, wenn dem Arbeitgeber bei einem vergleichbaren nicht unter § 15 KSchG fallenden Arbeitnehmer dessen Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen bis zum Ablauf der einschlägigen ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen muss für den Arbeitgeber unabweisbar notwendig und die neuen Arbeitsbedingungen müssen dem Arbeitnehmer zumutbar sein, wobei es auf die Zumutbarkeit dann nicht ankommt, wenn die geänderten Arbeitsbedingungen die einzige Möglichkeit bilden, den Arbeitnehmer überhaupt weiterzubeschäftigen. Handelt es sich um ein betriebliches Erfordernis, das bei vergleichbaren Arbeitnehmern ohne den Sonderkündigungsschutz des § 15 KSchG lediglich eine ordentliche Kündigung rechtfertigen kann, hat der Arbeitgeber bei dem Funktionsträger i.S.d. § 15 KSchG eine notwendige Auslauffrist entsprechend der fiktiven Kündigungsfrist einzuhalten, damit sich der Sonderkündigungsschutz nicht zu Lasten des besonders Geschützten auswirkt, außerdem muss der Arbeitgeber das ihm zumutbare mildeste Mittel wählen, um die Arbeitsbedingungen des Gekündigten an die veränderten betrieblichen Erfordernisse anzupassen.