Rz. 37
Auch im Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit als Handlungs- oder Zustandsstörer ist entscheidend, dass die Erbengemeinschaft als solche nicht rechtsfähig ist. Sie kann daher weder als Handlungs- noch als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden. Ordnungsbehördliche Verfügungen sind demnach an die einzelnen Miterben zu richten.
Rz. 38
Wird nur ein Miterbe als Zustandsstörer zur Gefahrenbeseitigung herangezogen, muss die Behörde diese Auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei begründen. Dabei kann es dem Gebot der effektiven und schnellen Gefahrenbeseitigung entsprechen, wenn sich die Behörde in erster Linie an den Miterben wendet, dessen Wohnort die geringste Entfernung zur Gefahrenquelle aufweist. Weitere Gründe, die im Sinne einer effektiven Gefahrenbeseitigung für die Inanspruchnahme nur eines Miterben sprechen, sind dessen Ortskenntnis, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder Gesundheitszustand.
Rz. 39
Insbesondere wenn, wie im Fall der Erbengemeinschaft, mehrere Miterben als Zustandsstörer in Betracht kommen, diese aber nicht unmittelbar für die Gefahrenbeseitigung zur Verfügung stehen, sind vertiefte Ermittlungen zum Verbleib der weiteren Verantwortlichen, die über eine Einsichtnahme in das elektronische Grundbuch und eine kurze Recherche nach einer Telefonnummer hinausgehen, nicht veranlasst. Dies gilt vor allem dann, wenn der Erfolg der Ermittlungen zweifelhaft ist und zu unabsehbaren Verzögerungen führen würde.
Rz. 40
Wird ein Miterbe als Handlungsstörer in Anspruch genommen, beruht dies auf seiner originären Verantwortung für das eigene Verhalten. Um eine übergegangene Verantwortlichkeit des Erblassers kann es sich insoweit nicht handeln.
Bei der Inanspruchnahme eines Miterben als Zustandsstörer ist dies jedoch nicht anders zu beurteilen. Denn die aus der Zustandsstörerhaftung folgende Handlungspflicht entsteht erst mit dem Erbfall durch die Erlangung des Eigentums an der Sache, von der die Gefahr ausgeht. Sie ist daher keine Nachlassverbindlichkeit. Eine für ein Nachlassgrundstück existierende bauordnungsrechtliche Verfügung, z.B. eine Beseitigungsanordnung, bleibt aufgrund ihres dinglichen Charakters im Fall der Rechtsnachfolge bestehen. Die Zustandsverantwortlichkeit für die gefährliche und zu beseitigende bauliche Anlage bestand also zwar bereits auf Seiten des Erblassers. Nach dessen Tod entsteht sie auf Seiten des Rechtsnachfolgers mit dem Eigentumsübergang aber neu. Für die Verantwortlichkeit als Zustandsstörer und damit den Eigentumsübergang im vorstehenden Sinne ist auf den Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen. Denn die Haftung knüpft an das mit dem Erbfall übergegangene Eigentum an und entsteht unmittelbar durch den Eigentumserwerb der Miterben, auch wenn die Verwaltung des Nachlasses gemäß § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB gemeinschaftlich erfolgt. Entscheidend für das Institut der Zustandsstörerhaftung ist der Gedanke, dass diese Ausfluss der Sozialbindung des Eigentums ist. Derjenige, der im Ergebnis von einer Sache profitieren kann, soll auch die Mühe haben, sie in Ordnung zu halten. Dass die gesamthänderische Bindung der Inanspruchnahme einzelner Miterben als Zustandsstörer nicht entgegensteht, wird durch § 2058 BGB verdeutlicht, wonach die Miterben für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner haften.