Rz. 41
Zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kann es erforderlich sein, dass die Behörde die erforderlichen Maßnahmen zwangsweise im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzt. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Vollstreckungsmaßnahme ein Verwaltungsakt vorangegangen ist (gestrecktes Verfahren), oder ob die Behörde ohne vorausgehenden Verwaltungsakt handelt (Sofortvollzug). Einzelheiten sind in den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder oder, wenn es um die Vollstreckung von Verwaltungsakten der Bundesverwaltung geht, im VwVG geregelt. Einige Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder regeln die Vollstreckung gegen Rechtsnachfolger ausdrücklich.
Rz. 42
Im Zusammenhang mit der Erbengemeinschaft ist vor allem die Vollstreckung im gestreckten Verfahren sowie die dabei erforderliche Zwangsmittelandrohung und -festsetzung relevant. Voraussetzung für die rechtmäßige Vollstreckung im gestreckten Verfahren ist ein wirksamer und vollstreckbarer Verwaltungsakt. Zudem muss eine schriftliche Zwangsmittelandrohung ergangen sein. Diese muss eine für die Erfüllung der auferlegten Verpflichtung angemessene Frist bestimmen und ein bestimmtes Zwangsmittel benennen. Wird die Verpflichtung nicht innerhalb der Frist erfüllt, muss das angedrohte Zwangsmittel festgesetzt werden.
Rz. 43
Weder die Androhung noch die Festsetzung des Zwangsmittels wirken allerdings gegen den Rechtsnachfolger. Damit die Behörde einen Verwaltungsakt vollstrecken kann, der sich an den Erblasser richtete und auch gegen dessen Rechtsnachfolger wirkt (z.B. eine bauordnungsrechtliche Beseitigungsanordnung) muss sie die Zwangsmittelandrohung schriftlich wiederholen und dem Rechtsnachfolger ordnungsgemäß zustellen. Lässt auch der Rechtsnachfolger die gesetzte Frist verstreichen, muss die Behörde das Zwangsmittel ihm gegenüber festsetzen.
Rz. 44
Dieses Erfordernis beruht auf der Warnfunktion der Zwangsmittelandrohung. Die Folgen einer Weigerung sollen zum einen dem Rechtsnachfolger selbst vor Augen geführt werden. Zum anderen soll mit einer erneuten Zwangsmittelandrohung vermieden werden, dass der Rechtsnachfolger von der Vollstreckungsmaßnahme überrascht wird und in ein Vollstreckungsverfahren eintreten muss, das ihm möglicherweise wegen seines bereits weit fortgeschrittenen Stadiums keinen wirksamen Vollstreckungsschutz mehr gewährleisten kann. Der Rechtsnachfolger ist allerdings bei Verwaltungsakten, die auch gegen ihn wirken, in seinem Rechtsschutz eingeschränkt. Er kann nur Einwendungen gegen das Vollstreckungsverfahren erheben. Einwendungen gegen den zugrunde liegenden Verwaltungsakt sind, sofern dieser bestandskräftig ist, grundsätzlich ausgeschlossen.
Unter mehreren Miterben erfolgt die Auswahl des Adressaten einer Zwangsmittelandrohung – wie auch die Auswahl des Adressaten der Zwangsmittelfestsetzung – nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde.
Da Zwangsmittelandrohung und -festsetzung nicht gegen den Rechtsnachfolger wirken und es insoweit einer erneuten Bekanntgabe bedarf, stehen denjenigen Miterben Rechtsmittel zur Verfügung, denen gegenüber die Bekanntgabe der Zwangsmittelandrohung und -festsetzung erfolgt ist. Werden Zwangsmittel nach dem Erbfall gegenüber den Miterben angedroht und/oder festgesetzt, kommt die Anwendung von § 2059 BGB – die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vor der Teilung – nicht in Betracht. Denn das Zwangsmittel bezieht sich nunmehr ausschließlich auf den einzelnen Miterben, dem es angedroht wurde und/oder dem gegenüber es festgesetzt wurde. Allein dessen Wille soll mit der höchstpersönlichen Zwangsmittelandrohung und/oder -festsetzung gebeugt werden.
Rz. 45
Beabsichtigt die Behörde im Fall der Erbengemeinschaft die Anwendung eines Zwangsmittels, kann der Erlass einer Duldungsverfügung gegenüber den nicht unmittelbar in Anspruch genommenen Miterben erforderlich sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich im Verfahren abzeichnet, dass nicht alle Miterben mit der behördlichen Maßnahme einverstanden sind (z.B. im Fall der Beseitigung einer baulichen Anlage im Wege der Ersatzvornahme). Anderenfalls liegt ein Vollstreckungshindernis vor.