Rz. 209
Da das französische Recht allein gesetzliche Erben kennt, kann der Erblasser keine Erbeinsetzung vornehmen, sondern im Testament allein in Form von Vermächtnissen über seinen Nachlass verfügen bzw. die Quoten der gesetzlichen Erben erhöhen und vermindern.
Rz. 210
Das Vermächtnis von Einzelrechten (legs particulier) gem. Art. 1014 c.c. hat nach französischem Recht dingliche Wirkungen und verschafft dem Vermächtnisnehmer mit dem Erbfall unmittelbar das Eigentum am zugewandten Gegenstand (Vindikationslegat). Durch Universalvermächtnis bzw. Erbvermächtnis (legs universel) wendet der Erblasser einer oder mehreren Personen den gesamten Nachlass zu (Art. 1003 c.c.). Die Rechtsstellung des Begünstigten kommt der eines gesetzlichen Erben recht nahe. Nur die zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehörenden Vermächtnisnehmer aber erwerben mit dem Erbfall auch den Besitz am Nachlass (saisine); alle anderen müssen den Besitz von den Noterben herausverlangen, Art. 1004 c.c. Dagegen wird durch Erbteilvermächtnis(legs à titre universel) dem Begünstigten nur eine bestimmte Quote des Nachlasses zugewandt. Anders als beim Universalvermächtnis ändert sich diese Quote auch dann nicht, wenn die anderen Berechtigten wegfallen – es tritt insoweit also keine Anwachsung, sondern gesetzliche Erbfolge ein, Art. 1010 c.c.
Rz. 211
Die Vor- und Nacherbschaft ist gem. Art. 896 c.c. grundsätzlich verboten. Stattdessen war es bislang verbreitet, den Erstberechtigten mit einem Nießbrauchsvermächtnis zu bedenken. Auch bestand die Möglichkeit eines legs de residuo, bei dem der Erstbedachte zwar den Nachlass einem Zweitbedachten herauszugeben hatte, allerdings nicht zur Erhaltung des Nachlasses verpflichtet war. Allerdings sind durch die Erbrechtsreform 2006 auch Ausnahmen eingeführt worden:
Rz. 212
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Durch eine libéralité graduelle kann seit der Erbrechtsreform 2006 eine bestimmte Sache mit der Verpflichtung zugewandt werden, dass der Beschenkte diese erhalten muss und nach seinem Tode einem Dritten einem Zweitberechtigten herausgeben muss, Art. 1048 c.c. |
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Die libéralité résiduelle dagegen verpflichtet gem. Art. 1057 c.c. den Erstbedachten nicht zur Erhaltung des Zugewandten, sondern beschränkt die Rechte des Zweitbedachten auf das, was beim Tode des Erstbedachten vom Gegenstand der Zuwendung noch vorhanden ist. Der Erstbedachte kann über den Gegenstand unter Lebenden sogar unentgeltlich verfügen, soweit ihm dies nicht testamentarisch ausdrücklich untersagt worden ist, Art. 1059 Abs. 2 c.c. |
Rz. 213
Durch testament partage kann der Erblasser im Testament eine sog. "Vorausteilung" anordnen, mittels derer der Nachlass ohne vorherige Erbauseinandersetzung mit unmittelbarer dinglicher Wirkung unter den künftigen Erben verteilt wird. Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Kubicka ist ein solches testament partage bei Geltung französischen Rechts als Erbstatut wohl auch hinsichtlich eines in Deutschland belegenen Grundstücks anzuerkennen. Soweit es im ENZ entsprechend ausgewiesen ist, ist dann keine Auflassung durch die Miterben notwendig, sondern der Begünstigte unmittelbar auf Vorlage des ENZ im Wege der Grundbuchberichtigung als Eigentümer einzutragen. Davon zu trennen ist die donation partage, eine vorweggenommene Erbfolge, die gesetzliche Regelung gefunden hat (Art. 1076 ff. c.c.).
Rz. 214
Die Position des Testamentsvollstreckers ist gem. Art. 1025 ff. c.c. traditionell sehr schwach. Sein Amt ist auf die Dauer von zwei Jahren beschränkt. Während dieser Zeit darf er den Nachlass nur erhalten, ggf. auch einzelne bewegliche Gegenstände veräußern, um dringende Verbindlichkeiten des Nachlasses zu begleichen. Hat der Erblasser ihm ausdrücklich die saisine über den beweglichen Nachlass zugewiesen, so kann er den Nachlass in Besitz nehmen und bewegliche Sachen veräußern, um die Vermächtnisse zu erfüllen. Über Immobilien kann der Erblasser ihm aber keine saisine zuweisen. Über Immobilien darf der Testamentsvollstrecker daher nur verfügen, wenn der Erblasser ihm dies ausdrücklich gestattet hat und keine Noterben vorhanden sind, 1030–1 c.c. Die gleichen Beschränkungen gelten für Verfügungen über Vermögensanlagen, uneingeschränkte Schuldenzahlung und die Vornahme der Erbauseinandersetzung.
Rz. 215
Muster 26.37: Ernennung eines Testamentsvollstreckers
Muster 26.37: Ernennung eines Testamentsvollstreckers
Soweit mein Nachlass dem französischen Recht unterliegt, ernenne ich Frau _________________________, wohnhaft _________________________, zur Testamentsvollstreckerin.
Ihre Stellung endet mit Ablauf eines Jahres nach meinem Tod.
Ich weise ihr den Besitz (saisine) über sämtliche bewegliche Güter in meinem Nachlass [soweit er französischem Erbrecht unterworfen ist] zu, mit der Auflage, diese Güter den Erben und Vermächtnisnehmern nach den vorstehenden Anordnungen auszuhändigen.
Die Testamentsvollstreckerin ist beauftragt, mein Grundstück in _________________________ zu verkaufen und den Erlös zu gleichen Teilen unter den Erben ...