Rz. 271

In einem Testament kann der Erblasser folgende Anordnungen treffen:

Er kann einen oder mehrere Personen zu Erben einsetzen (Art. 4:115 B.W.).
Als Vermächtnis können eine bestimmte Sache oder Gegenstände einer bestimmten Art, eine Forderung, ein Geldbetrag oder ein Nießbrauch an einzelnen Gegenständen bzw. am gesamten oder einem Bruchteil des Nachlasses zugewandt werden.
Die Vor- und Nacherbfolge ist in das niederländische Erbrecht durch die Reform 2003 eingeführt worden. Wie bei der Erbeinsetzung unter auflösender Bedingung gilt sie gem. Art. 4:138 Abs. 2 B.W. aber unter Umständen als Nießbrauchsvermächtnis (vruchtgebruik).
Die mit einer Auflage (last) belastete Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis steht unter der auflösenden Bedingung, dass der Richter wegen Nichterfüllung der Auflage diese Zuwendung für verfallen erklärt (Art. 4:131 Abs. 1 B.W.).
Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung eine Stiftung ins Leben rufen und dieser den Nachlass zuwenden (Art. 4:135 B.W.).
Der Abwicklungsvollstrecker (executeur, Art. 4:142 – 152 B.W.) hat den Nachlass zu verwalten, zu versilbern und die Nachlassverbindlichkeiten zu begleichen. Er vertritt den Nachlass gegenüber Dritten und verdrängt die Erben aus der Verfügungsbefugnis über den Nachlass. Insbesondere muss er den Nachlass sammeln, Kapitalanlagen kündigen und Nachlassforderungen einziehen. Vorbehaltlich abweichender Anordnungen im Testament erhält er eine Vergütung von einmalig 10 % des Nachlasswerts (Art. 4:144 Abs. 2 B.W.).[147]
Der "Verwaltungsvollstrecker" (bewindvoerder Art. 4:153 – 181 B.W.) hat umfassende Verwaltungsbefugnisse. Er kann aber über den Nachlass nur insoweit verfügen, wie dies zur Erhaltung des Nachlasses erforderlich ist (Art. 4:166 B.W.). Auch die Verwaltungsvollstreckung schließt die Erben grundsätzlich von Verfügungen über die Nachlassgegenstände aus (Art. 4:167 B.W.). Zur Verwertung des Nachlasses soll der Verwaltungsvollstrecker zuvor Rücksprache mit den Erben nehmen. Im Gegenzug für den Ausschluss von der Verfügung haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten beschränkt auf die durch die Erbfolge erworbenen Güter, Art. 4:175 f. B.W. Typische Fälle der Verwaltungsvollstreckung sind die Verwaltung des Nachlasses für einen minderjährigen oder jungen Erben oder die Belastung des Nachlasses mit einem Nießbrauch. Nach wohl überwiegender Auffassung in den Niederlanden kann der Verwaltungsvollstrecker auch mit dem Vollzug der Nachlassteilung beauftragt werden. Vorbehaltlich abweichender Anordnungen im Testament erhält der bewindvoerder eine gesetzliche Vergütung in Höhe von jährlich 1 % des am Ende des Jahres ihm zur Verwaltung stehenden Nachlasses (Art. 4:159 Abs. 1 B.W.).
 

Rz. 272

Der Erblasser erhält verschiedene Möglichkeiten, auf das "besondere gesetzliche Erbrecht" des überlebenden Ehegatten testamentarisch Einfluss zu nehmen:

So kann er den Zinssatz für die den Kindern zustehende Geldforderung gegen den überlebenden Ehegatten testamentarisch abweichend vom Gesetz festlegen oder auch auf "Null" reduzieren.
Er kann anordnen, dass die Geldforderung der Abkömmlinge schon vor dem Tod des überlebenden Ehegatten fällig wird – beispielsweise bei dessen Wiederverheiratung oder für den Fall, dass der überlebende Ehegatte in ein Pflegeheim muss.
Schließlich kann er den Anspruch der Kinder gegen den überlebenden Ehegatten auf vorzeitige Übereignung einzelner Gegenstände (Gestaltungsrecht, siehe oben Rdn 265 ff.) bei Wiederverheiratung des Ehegatten etc. testamentarisch ausschließen.
[147] Ausführlich Breemhaar, in: Löhnig/Dutta/Gottwald/Grziwotz/Henrich/Reimann/Schwab, Testamentsvollstreckung in Europa, S. 73 ff.

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