Rz. 287

Eine erbrechtliche Bindung lässt sich nur durch Abschluss eines Erbvertrags erreichen. Erbverträge können gemäß § 602 ABGB ausschließlich unter Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern abgeschlossen werden. Der Erbvertrag ist notariell zu beurkunden (§ 1 lit. a Notariatsaktsgesetz).

 

Rz. 288

Gem. § 1253 S. 2 ABGB bleibt auch bei Abschluss eines Erbvertrags ¼ des Nachlasses stets der freien letzten Anordnung vorbehalten. Hat der Erblasser darüber nicht verfügt, so fällt das freie Viertel gem. § 1253 S. 3 ABGB den gesetzlichen Erben zu. Daher kann der Ehegatte maximal über ¾ des Nachlasses vertraglich verfügen. Um die gesetzliche Erbfolge in Bezug auf das freie Viertel zu verhindern, wird in der Praxis hierüber durch mit dem Erbvertrag in einer Urkunde verbundenes gemeinschaftliches Testament verfügt.

 

Hinweis

Ein Problem ergibt sich nun aus der Qualifikation des freien Viertels. Aus deutscher Sicht ergibt sich eine Frage der Bindungswirkung, so dass gem. Art. 25 Abs. 1 EuErbVO das unwandelbar an die Umstände bei Vertragsabschluss angeknüpfte bzw. gewählte Erbstatut gelten würde. Eine spätere Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts des Verfügenden würde sich auf die Bindung nicht mehr auswirken. Nach der in Österreich herrschenden Literaturansicht ist das freie Viertel dagegen nach dem "effektiven Erbstatut" i.S.v. Art. 21, 22 EuErbVO zu behandeln.[155] Zieht also ein deutscher Staatsangehöriger nach Abschluss eines Erbvertrags nach Österreich, so wird also nach österreichischem Erbrecht die vertragsmäßige Erbeinsetzung des anderen Ehegatten in Höhe von ein Viertel automatisch hinfällig. Der Ehegatte kann insoweit abweichend testieren. Anderenfalls tritt in Bezug auf das freie Viertel die gesetzliche Erbfolge nach österreichischem Recht ein.

 

Rz. 289

Vertragsmäßige Verfügungen können nur zugunsten des anderen Ehegatten getroffen werden. Verfügungen zugunsten Dritter (also z.B. zugunsten der gemeinsamen Kinder) sind frei widerruflich. Eine "Schlusserbeneinsetzung" wird daher teilweise dahingehend ausgelegt, dass die Dritten zu Nacherben berufen sind (§ 608 ABGB), da mangels Bindungswirkung nur diese Auslegung den Anfall des Nachlasses an den Schlusserben sicherstellen kann.

 

Hinweis

Vorsichtshalber ergibt sich bei möglicher Geltung österreichischen Erbrechts die Empfehlung, über Nacherbenlösung statt der "Einheitslösung" nachzudenken.

 

Rz. 290

Muster 26.46: Erbvertrag deutsch-österreichischer Eheleute mit Vorerbenlösung

 

Muster 26.46: Erbvertrag "deutsch-österreichischer" Eheleute mit Vorerbenlösung

Wir setzen uns gegenseitig mit vertragsmäßiger Bindung zu drei Vierteln des Nachlasses zu Erben ein.

Bezüglich des verbleibenden Viertels setzen wird uns jeweils testamentarisch zu Alleinerben ein. Diese testamentarische Verfügung ist wechselbezüglich.

Der Überlebende soll insoweit nur Vorerbe sein. Nacherben sollen unsere beiden Kinder A und B zu je hälftigem Anteil sein.

A und B sollen auch Ersatzerben im Fall der Erbfolge nach dem Letztversterbenden von uns beiden sein. Diese Ersatzerbeneinsetzung erfolgt in einseitig testamentarischer Weise ohne vertragliche Bindungswirkung.

[155] Deixler/Hübner/Schauer, EuErbVO-Kommentar, Art. 25 Rn 15.

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