Lars Micker, Rabea Schwarz
Rz. 49
Bei Abgabe der Aufgabeerklärung liegt eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 S. 1 EStG vor. Die Vorschrift behandelt die Betriebsaufgabe als fiktiven Veräußerungstatbestand und ermöglicht, die stillen Reserven als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 16 Abs. 1 EStG) zu erfassen. Es kommt also zur Aufdeckung der stillen Reserven. Im Folgenden sind die Einkünfte des Verpächters nicht mehr als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, sondern als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG.
Rz. 50
Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns ist weder ein originärer noch ein derivativer Geschäfts- oder Firmenwert anzusetzen. Denn dieser kann nicht in das Privatvermögen überführt werden und geht mit der Betriebsaufgabe regelmäßig unter. Allerdings ist der Geschäfts- oder Firmenwert in Ausnahmefällen dann zur Versteuerung heranzuziehen, wenn bei einer späteren Veräußerung des Unternehmens ein Entgelt für ihn geleistet wird. Dieses Entgelt stellt dann nachträgliche Betriebseinnahmen dar. Die Vergünstigungen der §§ 16 Abs. 4, 34 EStG greifen insoweit nicht. Außerdem ist eine rückwirkende Änderung des Betriebsaufgabegewinns ausgeschlossen.
Rz. 51
Vom Aufgabegewinn wird unter bestimmten Voraussetzungen ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG abgezogen. Dazu muss der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet haben oder dauernd berufsunfähig im sozialversicherungsrechtlichen Sinn sein.
Rz. 52
Nachgewiesen werden kann Letzteres alternativ durch Bescheid des Rentenversicherungsträgers, wonach die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegt, durch amtsärztliche Bescheinigung oder Nachweis der Leistungspflicht einer privaten Versicherungsgesellschaft, wenn deren Versicherungsbedingungen an einen Grad der Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % oder an eine Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als sechs Stunden täglich anknüpfen.
Rz. 53
Der Steuerpflichtige darf bisher noch nicht die Begünstigungen des § 16 Abs. 4 EStG in Anspruch genommen haben ("nur einmal im Leben"). Der Freibetrag beträgt dann 45.000 EUR. Er ermäßigt sich jedoch um den Betrag, um den der Aufgabegewinn 136.000 EUR übersteigt. Daher wird ab einem Aufgabegewinn von 181.000 EUR kein Freibetrag mehr gewährt. Entfällt der Aufgabegewinn auf zwei Veranlagungszeiträume, muss zur Ermittlung des Kürzungsbetrags auf die Gesamtsumme abgestellt werden. Ist danach ein Freibetrag zu gewähren, ist dieser im Verhältnis der Gewinne auf beide Veranlagungszeiträume zu verteilen.
Rz. 54
Nach Abzug des Freibetrags unterliegt der Aufgabegewinn, da es sich um außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG handelt, den Begünstigungen nach § 34 Abs. 3 EStG oder – sofern und soweit die Voraussetzungen dieser Norm nicht erfüllt sind – nach § 34 Abs. 1 EStG. Ausgenommen hiervon sind indes Aufgabegewinne, soweit sie Veräußerungsgewinne enthalten, auf die das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG Anwendung findet. Bezieht sich die Betriebsaufgabe auf eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen, das Anteile an einer Kapitalgesellschaft hält, unterliegt der darauf entfallende Aufgabegewinn folglich nicht den (zusätzlichen) Vergünstigungen nach § 34 Abs. 1, 3 EStG.
Rz. 55
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 EStG sind dabei identisch mit denen des § 16 Abs. 4 EStG. Liegen diese vor, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen ein ermäßigter Steuersatz angewendet werden. Dieser ist wie folgt zu berechnen: Die Einkommensteuer wird zuerst für alle Einkünfte des Jahres inklusive des Aufgabegewinns ermittelt. Danach wird errechnet, welchem durchschnittlichen Steuersatz dieser Einkommensteuerbetrag entspricht. Mit 56 % des so ermittelten Durchschnittsteuersatzes wird sodann der Aufgabegewinn besteuert, mindestens jedoch zu 15 %. Der ermäßigte Steuersatz wird überdies nur bis zu einem Aufgabegewinn von 5 Mio. EUR gewährt. Ein darüber hinausgehender Gewinn unterliegt dem vollen Steuersatz, sofern nicht andere Steuersatzermäßigungen oder Steuerbefreiungen eingreifen. Für die übersteigenden Einkünfte könnte also z.B. die Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG Anwendung finden.
Rz. 56
Diese Fünftelregelung bewirkt, dass der Aufgabegewinn nach § 34 Abs. 1 EStG so behandelt wird, als sei er in einem Zeitraum von fünf Jahren entstanden. Die Einkommensteuerlast wird hiernach wie folgt berechnet: Zuerst wird die Einkommensteuer für die ordentlichen Einkünfte ermittelt, also ohne den Aufgabegewinn. Danach wird die Einkommensteuer für die ordentlichen Einkünfte zusammen mit einem Fünftel des Aufgabegewinns ermittelt. Den Unterschiedsbetrag zwischen den beiden errechneten Einkommensteuerbeträgen multipliziert man dann mit dem Faktor Fünf und addiert diesen zur Steuerlast für die ordentlichen Einkünfte. Konsequenz ist eine Tarifglättung. Je höher die ordentlichen Einkünfte sind, desto geringer ist der Steuerminderungseffekt der Fünftelregelung. Sie läuft ins Leere, wenn die ordentliche...