Rz. 313
Nach § 21 WpÜG kann der Bieter sein Angebot unter bestimmten Voraussetzungen – ggf. auch mehrfach – ändern. Dadurch wird dem Bieter die Möglichkeit eingeräumt, ein etwaiges konkurrierendes Angebot i.S.d. § 22 WpÜG zu kontern und auf den Kursanstieg der Aktien der Zielgesellschaft während der Annahmefrist zu reagieren und darüber hinaus die Attraktivität des Angebots und dadurch u.U. die Annahmequote zu steigern. Eine Änderung des Angebots führt nicht dazu, dass das Angebotsverfahren erneut von Anfang an durchlaufen werden muss. Allerdings verlängert sich die Annahmefrist für das Angebot infolge einer Änderung um 2 Wochen, sofern die Änderung innerhalb der letzten 2 Wochen vor Ablauf der Annahmefrist erfolgt (§ 21 Abs. 5 WpÜG).
Rz. 314
Folgende Änderungen sind nach § 21 Abs. 1 WpÜG zulässig:
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Erhöhung der Gegenleistung (Nr. 1), |
▪ |
wahlweises Angebot einer anderen Gegenleistung (z.B. zusätzlich Aktien) (Nr. 2), |
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Verringerung des Mindestanteils oder der Mindestzahl der Wertpapiere oder des Mindestanteils der Stimmrechte, von dessen Erwerb der Bieter die Wirksamkeit seines Angebots abhängig gemacht hat (Nr. 3), oder |
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Verzicht auf Bedingungen (Nr. 4). |
Rz. 315
Die vorstehend genannten Änderungen sind gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nur bis zu einem Werktag vor Ablauf der Annahmefrist zulässig. Macht der Bieter von der Möglichkeit zur Änderung des Angebots Gebrauch, ist die Änderung unverzüglich in gleicher Weise wie die Angebotsunterlage zu veröffentlichen (§ 21 Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG). Da sich durch die Änderung die "Geschäftsgrundlage" ändert, aufgrund derer die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft das Angebot angenommen haben, steht ihnen – soweit sie das Angebot vor der Veröffentlichung der Änderung angenommen haben – bis zum Ablauf der Annahmefrist ein Rücktrittsrecht zu (§ 21 Abs. 4 WpÜG). Auf dieses Rücktrittsrecht ist in der Veröffentlichung der Angebotsänderung hinzuweisen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 WpÜG), wobei der Hinweis nicht nur das Bestehen, sondern auch die Fristgebundenheit des Rücktritts sowie weitere Einzelheiten über die Ausübung des Rücktritts umfassen muss, da der Wertpapierinhaber in der Lage sein muss, sein Rücktrittsrecht auch ausüben zu können.
Hinweis
Neben den in §§ 21 Abs. 4, 22 Abs. 3 WpÜG gesetzlich vorgesehenen Rücktrittsrechten kann den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft auf freiwilliger Basis ein Rücktrittsrecht eingeräumt werden, das bis zum Ablauf der Annahmefrist (ggf. auch bis zum Vollzug des Angebots) ohne Angabe von Gründen ausgeübt werden kann.
Rz. 316
Da die Änderung das Angebot modifiziert, gelten für sie nach § 21 Abs. 3 WpÜG die Regelungen für Angebote (§ 11 Abs. 1 Satz 2 bis Satz 5, Abs. 3 WpÜG) entsprechend. Insb. muss die Änderung – wie das Angebot – in deutscher Sprache und in einer verständlichen Form abgefasst sein. Die Haftungsregeln für unrichtige Angebotsunterlagen nach § 12 WpÜG und das Finanzierungserfordernis nach § 13 WpÜG finden, falls die Änderung eine Erhöhung der Gegenleistung vorsieht, entsprechend Anwendung. Die BaFin hat die Änderung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG zu untersagen, falls sie offensichtlich gegen Vorschriften des WpÜG verstößt.
Rz. 317
Um zu vermeiden, dass die in § 21 Abs. 5 WpÜG angeordnete Verlängerung der Annahmefrist um 2 Wochen vom Bieter als Mittel eingesetzt wird, um durch mehrfache Änderungen des Angebots die Zielgesellschaft über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit zu behindern, sind erneute Änderungen des Angebots während der zweiwöchigen Verlängerung der Annahmefrist unzulässig (§ 21 Abs. 6 WpÜG). Zugleich wird hierdurch sichergestellt, dass den Wertpapierinhabern für ihre Entscheidung über das Angebot in jedem Fall 2 Wochen nach der letzten Änderung des Bieters verbleiben.
Hinweis
Will der Bieter bei einem Übernahmeangebot die Gegenleistung innerhalb der zweiwöchigen Verlängerung der Annahmefrist nochmals erhöhen, kann er dies ohne Angebotsänderung mittelbar dadurch erreichen, dass er eine Aktie der Zielgesellschaft außerhalb des Angebots zu einem höheren Preis als dem Angebotspreis erwirbt. In diesem Fall erhöht sich die Gegenleistung für alle Angebotsempfänger aufgrund gesetzlicher Anordnung in § 31 Abs. 4 WpÜG wertmäßig um den Unterschiedsbetrag.