§ 27 Kapitalmarktrecht / 9. Laufende Veröffentlichungspflichten (§ 23 WpÜG)

Rz. 318

Nach Beginn der Annahmefrist ist der Bieter verpflichtet, die aktuelle Höhe des Wertpapier- und Stimmrechtsbestands an der Zielgesellschaft sowie die Höhe der nach §§ 38 und 39 WpHG mitzuteilenden Stimmrechtsanteile in bestimmten Zeitabständen der BaFin mitzuteilen und zu veröffentlichen (sog. Wasserstandsmeldungen). Durch die zu Beginn der Annahmefrist wöchentlichen und in der letzten Woche vor Ablauf der Annahmefrist täglichen Veröffentlichungen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) sollen die Aktionäre der Zielgesellschaft über die Akzeptanz des Angebots sowie die bereits vom Bieter gehaltenen Wertpapiere der Zielgesellschaft unterrichtet werden. Die Praxis zeigt, dass die überwiegende Zahl der Aktien erst ganz am Ende der Annahmefrist i.R.d. Angebots zum Verkauf eingereicht wird.^[711] Die täglichen Veröffentlichungen in der letzten Woche vor Ablauf der Annahmefrist sind daher besonders wichtig.

Rz. 319

Unverzüglich nach Ablauf der Annahmefrist ist die Öffentlichkeit über den Ausgang des Angebotsverfahrens zu informieren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 WpÜG). I.d.R. dauert es aufgrund der erforderlichen Buchungsvorgänge 1 bis 2 Werktage, bis die Annahmequote feststeht und veröffentlicht werden kann.

Hinweis

Wertpapiere der Zielgesellschaft, die i.R.d. Angebots zum Verkauf eingereicht werden, werden in der Praxis in eine gesonderte Wertpapierkennnummer (WKN) umgebucht. Mit der Umbuchung in die gesonderte WKN ist noch kein Eigentumsübergang auf den Bieter, sondern lediglich eine Separierung der zum Verkauf eingereichten Aktien verbunden. Auf diese Weise kann auch für die zum Verkauf eingereichten Wertpapiere ein Börsenhandel eröffnet werden. Der Erwerber der umgebuchten Wertpapiere erwirbt diese mit sämtlichen Rechten und Pflichten, wie sie sich aus der Annahme des Angebots ergeben. Hingegen verbleibt ein etwaiger Schadensersatzanspruch nach § 12 WpÜG (Haftung wegen unrichtiger Angebotsunterlage) bei dem Wertpapierinhaber, der das Angebot ursprünglich angenommen hat. Die dingliche Übertragung der zum Verkauf eingereichten Wertpapiere erfolgt erst nach Ablauf der Annahmefrist durch Einbuchung in das Depot des Bieters.

Rz. 320

Bei erfolgreichen Übernahmeangeboten werden die Aktionäre der Zielgesellschaft durch die Veröffentlichung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG zugleich darüber informiert, dass nunmehr die Möglichkeit einer Annahme innerhalb der weiteren Annahmefrist nach § 16 Abs. 2 WpÜG besteht. Nach Ablauf dieser weiteren Annahmefrist ist dann das endgültige Angebotsergebnis zu veröffentlichen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG). Auch hier ist wieder mit 1 bis 2 Werktagen nach Ablauf der weiteren Annahmefrist zu rechnen, bis das endgültige Angebotsergebnis feststeht.

Gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG besteht für den Bieter eine weitere Veröffentlichungspflicht, sobald er die für einen übernahmerechtlichen Squeeze-out erforderliche Beteiligungshöhe von 95 % des stimmberechtigten Grundkapitals erreicht (§ 39a WpÜG). Damit wird gewährleistet, dass in der Zielgesellschaft verbliebene Aktionäre die notwendigen Informationen erhalten, um ihr Andienungsrecht (Sell-out) nach § 39c WpÜG ausüben zu können.

Rz. 321

In Ergänzung dazu ordnet § 23 Abs. 2 WpÜG bei erfolgreichen Übernahmeangeboten und bei Pflichtangeboten zusätzliche Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten für den Bieter an. Die Informationspflichten betreffen Transaktionen des Bieters und mit diesem gemeinsam handelnder Personen "außerhalb des Angebotsverfahrens". Gemeint sind hiermit zum einen Erwerbsvorgänge, die während des Übernahmeverfahrens, aber nicht auf Grundlage des Übernahmeangebots des Bieters erfolgen, und zum anderen solche außerbörslichen^[712] Erwerbsvorgänge, die innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung des Ergebnisses nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG stattfinden. Die in § 23 Abs. 2 WpÜG geforderten Informationen sind für die von einer Übernahme betroffenen Aktionäre im Hinblick auf die in § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG enthaltenen Nachbesserungsansprüche (s.u. Rdn 341 f.) von Bedeutung. Die Aktionäre sollen darüber informiert werden, dass ihnen solche ggf. zustehen.

[711] Vgl. hierzu nur Angerer/Brandi/Süßmann/Thun/Brandi, WpÜG, § 23 Rn 22 m.w.N.; Steinmeyer/Steinhardt, WpÜG, § 23 Rn 5.

[712] Nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 2 WpÜG ist es unerheblich, ob der Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft börslich oder außerbörslich erfolgt. Nachbesserungsansprüche können nach § 31 Abs. 5 WpÜG allerdings nur infolge eines Erwerbs außerhalb der Börse entstehen, sodass für eine Veröffentlichungs- und Mitteilungspflicht auch nur bei einem solchen außerbörslichen Erwerb Bedarf besteht. § 23 Abs. 2 WpÜG ist daher entsprechend teleologisch zu reduzieren, vgl. Baums/Thoma/Verse/Diekmann, WpÜG, § 23 Rn 60; Assmann/Pötzsch/Schneider/Assmannn, WpÜG, § 23 Rn 37; zustimmend Angerer/Brandi/Süßmann/Thun/Brandi, WpÜG, § 23 Rn 40; a.A. Steinmeyer/Steinhardt, WpÜG, § 23 Rn 33; wohl auch Haarmann/Schüppen/Schröder, WpÜG, § 23 Rn 36; MüKo-AktG/Wackerbarth, § 23 WpÜG Rn ...