Rz. 175
Mit Inkrafttreten des TUG 2007 sind – neben den bis dahin bestehenden Schwellenwerten bei 5 %, 10 %, 25 %, 50 % und 75 % – als weitere Schwellen 15 %, 20 % und 30 % hinzugekommen. Außerdem wurde die Eingangsschwelle auf 3 % für Emittenten mit Herkunftstaat Deutschland herabgesetzt. Der deutsche Gesetzgeber hielt diese von der Transparenzrichtlinie II nicht geforderte, aber auch nicht verbotene Herabsetzung angesichts der Erfahrungen im Fall "Deutsche Börse AG" für erforderlich, um ein unbemerktes "Anschleichen" an Emittenten zu erschweren.
Maßgebend für die Berechnung sind die Stimmrechte, die dem Meldepflichtigen zustehen, nicht dessen Beteiligung am Kapital der Gesellschaft. Aufgrund von § 12 Abs. 1 Satz 1 AktG, wonach jede Aktie das gleiche Stimmrecht gewährt, hat die Unterscheidung jedoch beinahe ausschließlich in den Fällen praktische Bedeutung, in denen eine börsennotierte Gesellschaft stimmberechtigte Stammaktien und stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben hat.
Rz. 176
Der Stimmrechtsanteil des ggf. Meldepflichtigen berechnet sich nach dem Verhältnis der Zahl der ihm gehörenden bzw. ihm nach § 34 WpHG zuzurechnenden Stimmrechte (Zähler) zur Gesamtzahl der von der Gesellschaft ausgegebenen stimmberechtigten Aktien (Nenner). Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen wirken sich daher automatisch auf den Stimmrechtsanteil aus, sodass eine Meldepflicht des Aktionärs nach den §§ 33 ff. WpHG auch ohne sein Zutun ausgelöst werden kann (sog. passive Schwellenberührung). So kann bspw. die Nichtausübung des Bezugsrechts im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu einer Verringerung der Beteiligung und damit zum Unterschreiten eines Schwellenwerts führen, wie auch eine Kapitalherabsetzung eine Erhöhung und damit ein Erreichen oder Überschreiten eines Schwellenwerts zur Folge haben kann.
Rz. 177
Stimmrechtslose Vorzugsaktien bleiben bei der Berechnung des Schwellenwerts grds. sowohl im Zähler als auch im Nenner außer Betracht. Etwas anderes gilt lediglich, wenn das Stimmrecht unter den Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 AktG wegen eines Rückstands mit der Zahlung des Vorzugs auflebt. Die Vorzugsaktien sind in diesem Fall den stimmberechtigten Stammaktien gleichzustellen, sodass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 WpHG auch ohne Zutun des Aktionärs verwirklicht und eine Mitteilungspflicht ausgelöst werden kann.
Rz. 178
Mit Blick auf die Behandlung von eigenen Aktien der Gesellschaft, aus denen gem. § 71b AktG Stimmrechte nicht ausgeübt werden können, ist zu differenzieren. Nach zutreffender Ansicht der BaFin und der herrschenden Meinung sind eigene Aktien bei der Gesamtzahl der Stimmrechte (Nenner) zu berücksichtigen (zur Veröffentlichungspflicht des Emittenten bei Erwerb und Veräußerung eigener Aktien vgl. unten Rdn 234), da jeder Aktionär anderenfalls zur Erfüllung der ihm obliegenden Mitteilungspflichten gezwungen wäre, sich bei der Gesellschaft zu erkundigen, ob diese eigene Aktien erworben oder veräußert hat. Erst wenn eigene Aktien eingezogen werden und das Kapital herabgesetzt wird, reduziert sich daher die Gesamtzahl der Stimmrechte. Ob eigene Aktien demgegenüber im Zähler zu berücksichtigen sind, wenn es sich bei dem Emittenten, der eigene Aktien hält, um ein Tochterunternehmen des Meldepflichtigen handelt, wurde im Schrifttum kontrovers diskutiert. Die BaFin hat ihre Verwaltungspraxis nunmehr ausdrücklich dahin geändert, dass eine solche Zurechnung nicht zu erfolgen hat.