Rz. 258
Dem eigentlichen Angebot an die Aktionäre der Zielgesellschaft geht eine Vorbereitungsphase voraus, die letztlich in der Entscheidung des Bieters mündet, den Aktionären der Zielgesellschaft ein öffentliches Angebot zum Erwerb der von ihnen gehaltenen Wertpapiere zu unterbreiten.
Rz. 259
I.d.R. beginnt die Vorbereitungsphase damit, dass der Bieter die Verkaufsbereitschaft etwaiger Großaktionäre auslotet und Kontakt mit dem Vorstand der Zielgesellschaft aufnimmt, um zu erkunden, wie sich dieser im Fall eines etwaigen Angebots verhalten würde. Von einer solchen Kontaktaufnahme wird der Bieter nur dann absehen, wenn er von vornherein mit einer ablehnenden Haltung des Vorstands rechnet. Im Fall eines dann vermeintlich feindlichen Angebots wäre es für den Bieter ungünstig, wenn die Zielgesellschaft frühzeitig von der Übernahmeabsicht erführe, da der Vorstand dann noch geeignete Abwehrmaßnahmen treffen könnte, ohne dem Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 WpÜG zu unterliegen (vgl. Rdn 347 ff.).
Rz. 260
Ist der Vorstand der Zielgesellschaft hingegen nach entsprechender Prüfung – zu der er als ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG verpflichtet ist – grds. bereit, ein etwaiges Angebot in Erwägung zu ziehen, gestaltet sich das weitere Verfahren üblicherweise wie folgt:
Bevor sich der Bieter zur Abgabe des Angebots entscheidet, muss er sich zunächst ein möglichst detailliertes Bild über die Verhältnisse der Zielgesellschaft machen. Dementsprechend besteht nach ganz überwiegender Meinung in der Rspr. und im Schrifttum sowohl für den Vorstand einer AG als auch für den Geschäftsführer einer GmbH die Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence Prüfung vor einem Unternehmenserwerb. Die Weitergabe öffentlich nicht zugänglicher und damit i.d.R. vertraulicher Informationen durch den Vorstand der Zielgesellschaft an den Bieter i.R.d. Due Diligence steht jedoch im Spannungsfeld zu der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht gem. § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG, wonach über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren ist.
Rz. 261
Eine Due Diligence Prüfung des Bieters ist aus Sicht der Zielgesellschaft aber ausnahmsweise dann zulässig, wenn aus Sicht des Vorstands der Zielgesellschaft ein überwiegendes Gesellschaftsinteresse an der Zulassung einer solchen Prüfung besteht und sich der potenzielle Bieter zur Vertraulichkeit verpflichtet. Die dabei vom Vorstand der Zielgesellschaft vorzunehmende Interessenabwägung setzt voraus, dass ihm die Absichten des Bieters bekannt sind. Zu diesem Zweck wird er den Bieter auffordern müssen, ihm ein indikatives Angebot vorzulegen, in dem nicht nur die ungefähren Preisvorstellungen des Bieters, sondern auch die mit dem Angebot verfolgten strategischen Ziele beschrieben werden. Hat sich der Vorstand der Zielgesellschaft von der Ernsthaftigkeit des geäußerten Interesses und der Vorteilhaftigkeit eines möglichen Angebots für die Gesellschaft und ihre Aktionäre überzeugt, darf er eine Due Diligence Prüfung des Bieters zulassen.
Hinweis
Über die Zulässigkeit einer Due Diligence unter den oben genannten Voraussetzungen besteht im Grundsatz kein Streit mehr. Für die Praxis empfiehlt sich, bereits in der zuvor abzuschließenden Vertraulichkeitsvereinbarung ein gestuftes Verfahren festzulegen, nach dem besonders sensible Unternehmensdaten erst gegen Ende der Due Diligence Prüfung offen gelegt werden, wenn sich konkret abzeichnet, dass der potenzielle Bieter tatsächlich ein Angebot abgeben wird.
Rz. 262
Aus Sicht des Bieters ist es außerdem wichtig, schon während der Vorbereitungsphase Gespräche mit Banken aufzunehmen, um bei Bedarf die notwendige Finanzierung des Angebots rechtzeitig sicherstellen zu können (s.u. Rdn 300 ff.). Daneben kann es geboten sein, bereits einzelne Großaktionäre zu kontaktieren, um sich deren Unterstützung zu sichern und so auch ggü. der Zielgesellschaft die Ernsthaftigkeit des eigenen Erwerbsinteresses darlegen zu können. Zu diesem Zweck werden oftmals sog. irrevocable undertakings unterzeichnet, in denen sich ein oder mehrere Großaktionäre verpflichten, die von ihnen gehaltenen Aktien der Zielgesellschaft i.R.d. Angebots an den Bieter zu veräußern, wenn das Angebot zu einem vereinbarten Mindestpreis abgegeben wird. Handelt der Bieter nicht allein, sondern gemeinsam mit anderen Personen, die ggf. schon über Aktien der Zielgesellschaft verfügen, muss er allerdings darauf achten, dass ihm die Stimmrechte aus diesen Aktien nicht aufgrund getroffener Vereinbarungen unbeabsichtigt zugerechnet werden mit der Folge, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Pflichtangebot nach § 35 WpÜG abzugeben ist (s. zu Fragen der Stimmrechtszurechnung unten Rdn 369 ff.).
Rz. 263
Des Weiteren dient die Vorbereitungsphase auch dazu, die im Laufe des eigentlichen Angebotsverfahrens bei der BaFin einzureichende Angebotsunterlage im Entwurf vorzubereiten.
Hinw...