Dr. Jessica Hanke, Katja Schmitz
Rz. 183
Haben die Parteien nichts näher vereinbart, so sind Waren gem. Art. 35 Abs. 2 lit. a UN-Kaufrecht dann vertragswidrig, wenn sie nicht den Abreden oder Gebräuchen der Parteien bzw. den Vorgaben des Art. 35 Abs. 2 UN-Kaufrecht entsprechen. Art. 35 UN-Kaufrecht erfasst auch offene und versteckte Qualitätsabweichungen, Mengenfehler und Aliud-Lieferungen. Die Beschaffenheit der Verpackung und Transportbehältnisse gehört ebenfalls zur Vertragsmäßigkeit der Ware. Der Verkäufer ist aber nicht für die Einhaltung der im Land des Käufers geltenden, insbesondere öffentlich-rechtlichen Standards verantwortlich.
Der Käufer muss dem Verkäufer Vertragswidrigkeiten nach Art. 35 UN-Kaufrecht innerhalb angemessener Frist nach Art. 39 UN-Kaufrecht mitteilen. Die angelieferte Ware ist innerhalb kurzer Frist nach Art. 38 UN-Kaufrecht (drei bis fünf Arbeitstage) zu untersuchen. Dafür enthält das UN-Kaufrecht keine Regelung. Die Untersuchung hat innerhalb einer Frist von drei bis vier Tagen bzw. einer Woche, die Rüge hat je nach Einzelfall innerhalb einer Frist von zwei bis vier Wochen zu erfolgen, wobei drei Monate nicht mehr rechtzeitig sind. Die Anzeigefrist läuft, sobald der Käufer die Vertragswidrigkeit festgestellt hat. Der Verkäufer kann sich aber nicht mehr darauf berufen, dass der Käufer die Rügefrist versäumt hat, wenn er sich auf eine verspätete Mängelanzeige eingelassen hat oder die Vertragswidrigkeit der Ware auf Tatsachen beruht, die er kannte oder über die er nicht in Unkenntnis sein konnte. Der Mangel ist substantiiert zu bezeichnen.
Bei Lieferung vertragswidriger Ware stehen dem Käufer die (in Art. 45 UN-Kaufrecht zusammengefasst genannten) "Rechtsbehelfe" der Art. 46–77 UN-Kaufrecht zu: Die Kaufpreisreduzierung nach Art. 50 UN-Kaufrecht setzt entsprechend § 441 BGB voraus, dass der Minderungsbetrag angegeben wird. Nach Art. 49 UN-Kaufrecht hat der Käufer bei einer wesentlichen Vertragsverletzung ein Aufhebungsrecht, das er innerhalb einer angemessenen Frist ausüben muss. Dieses Recht kann er selbst dann ausüben, wenn der Schuldner das Leistungshindernis nicht zu vertreten hat (Art. 79 Abs. 5 UN-Kaufrecht). Wesentlich ist eine Vertragsverletzung nach Art. 25 UN-Kaufrecht dann, "wenn sie für die andere Partei solche Nachteile zur Folge hat, dass ihr im Wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen, es sei denn, dass die vertragsbrüchige Partei diese Folge nicht vorausgesehen hat und eine vernünftige Person der gleichen Art diese Folge unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen hätte".
Der Käufer kann auch bei Vertragsverletzung weiterhin auf Erfüllung bestehen (Art. 46, 62 UN-Kaufrecht) sowie stets daneben auch einen Anspruch auf Schadensersatz gem. Art. 45 Abs. 2, 61 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 UN-Kaufrecht geltend machen.
Sämtliche Rechtsbehelfe entstehen, ohne dass es auf ein Verschulden der nicht ordnungsgemäß leistenden Partei ankommt.
Auf folgende Unterschiede zwischen deutschem und UN-Kaufrecht ist hinzuweisen:
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Im UN-Kaufrecht ist der Käufer nicht verpflichtet, dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben oder eine Nachfrist zu setzen. |
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Im UN-Kaufrecht müssen auch Rechtsmängel innerhalb angemessener Frist gerügt werden. |
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Das UN-Kaufrecht differenziert nicht nach Arten der Leistungsstörung (einheitlicher Tatbestand der Nichterfüllung) und gewährt Ansprüche ohne Verschulden (Garantiehaftung); so auch der Anspruch auf Schadensersatz, der der Vorhersehbarkeitsregel des Art. 74 UN-Kaufrecht unterliegt. |
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Der Käufer hat nicht stets einen Anspruch auf einwandfreie Erfüllung (vgl. Art. 46 Abs. 2, 3 UN-Kaufrecht), der Gläubiger verliert mit Ablauf einer gesetzten Nachfrist nicht den Anspruch auf weitere Erfüllung. |
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Eine vertragswidrige Lieferung, die nicht zugleich auch eine wesentliche Pflichtverletzung darstellt, berechtigt den Käufer nicht, den Vertrag aufzuheben, Art. 49 Abs. 1 UN-Kaufrecht. |
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Ein Käufer verliert zwei Jahre nach Übergabe der Ware endgültig jegliche Gewährleistungsansprüche, Art. 39 Abs. 2 UN-Kaufrecht. |