Dr. Jessica Hanke, Katja Schmitz
Rz. 139
Im Rahmen der Vertragsanbahnung und des Vertragsabschlusses sind die Belehrung über das Widerrufsrecht des Verbrauchers gem. § 312g Abs. 1 BGB und umfangreiche Informationspflichten des Unternehmers nach § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB zu beachten. Für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen stellt Art. 246b EGBGB besondere Informationspflichten auf (§ 312d Abs. 2 BGB), auf die hier nicht näher eingegangen wird.
aa) Vorvertragliche Informationspflichten nach § 312d Abs. 1 BGB
Rz. 140
Gem. § 312d Abs. 1 S. 1 BGB muss der Unternehmer den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246a EGBGB informieren. Hierzu gehören gem. Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB insbesondere Identität und Anschrift des Unternehmers, die wesentlichen Eigenschaften und der Preis der Ware, die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen und das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts (zu den einzelnen Informationspflichten siehe Rdn 153) sowie gem. Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB die Aufklärung über ein etwaiges Widerrufsrecht (vgl. Rdn 148 ff.). Die in Erforderlichkeit dieser Informationspflicht gemachten Angaben werden Vertragsinhalt und können nur durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Vertragsparteien geändert werden.
Bei Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten treffen den Unternehmer gem. Art. 246a § 2 EGBGB erleichterte Informationspflichten. Für die Anbahnung und den Abschluss von Fernabsatzgeschäften mittels Fernkommunikationsmitteln, die nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit für die zu erteilenden Informationen bieten, sieht Art. 246a § 3 EGBGB ebenso diverse Erleichterungen vor.
Die Fernabsatzvorschriften sehen keine Sanktionen für den Fall vor, dass der Unternehmer gegen § 312d Abs. 1 BGB verstößt. Die Verletzung der Informationspflichten kann aber sowohl Schadensersatzansprüche (z.B. aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB) als auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche (UWG, UKlaG) zur Folge haben. Ferner beginnt die Widerrufsfrist gem. § 356 Abs. 3 S. 1 BGB erst mit Erfüllung der betreffenden Informationspflicht (siehe hierzu Rdn 141, 150). Sonderregelungen zur Verletzung von Informationspflichten über Kosten enthält § 312e BGB.
bb) Widerrufsbelehrung
Rz. 141
Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB hat der Unternehmer den Verbraucher über ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu informieren. Die Belehrung ist so zu gestalten, dass sie geeignet ist, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu erregen (Deutlichkeitsgebot), dh sie muss sich – z.B. durch Farbe, Fettdruck oder Schriftgröße – von dem übrigen Vertragstext deutlich hervorheben und die Rechtslage unübersehbar zum Ausdruck bringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Widerrufsbelehrung in AGB eingebettet wird. Zu den weiteren formalen Anforderungen siehe unten (siehe Rdn 143). Der Unternehmer kann diese Informationspflichten dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 zu Art. 246a EGBGB vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt übermittelt nebst Muster-Widerrufsformular (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB). Etwaige Fehler des Gesetzgebers bei der Gestaltung der Musterbelehrung gehen also zulasten des Verbrauchers. Eine richtlinienkonforme teleologische Reduktion kommt insoweit nicht in Betracht. Sachliche Änderungen oder eine unzutreffende Ausfüllung des Musters heben die Schutzwirkung auf. Änderungen des Formats und der Schriftgröße sind nur zulässig, wenn sie im Einklang mit dem Deutlichkeitsgebot stehen. Zudem muss klar sein, auf welchen Vertrag sich das Widerrufsrecht bezieht. Das Muster muss dem Verbraucher in Textform (§ 126b BGB) zugehen. Eine lediglich auf einer Website bereitgehaltene Muster-Widerrufsbelehrung genügt daher nicht.
Die inhaltlichen Anforderungen an die Widerrufsbelehrung sind in Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB zusammengefasst. Gem. Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB muss der Unternehmer über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie das Muster-Widerrufsformular in Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB belehren. Allerdings muss der Unternehmer dem Verbraucher das Muster-Widerrufsformular zur Verfügung stellen, es sei denn, das Fernkommunikationsmittel bietet für die Darstellung der Informationen nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit; im letzteren Fall reicht die Mitteilung dieses Musterformulars auf andere Weise in klarer und verständlicher Sprache aus. Bei Vertragsschluss im Internet genügt der Hinweis auf eine Bezugsquelle (z.B. Internetlink). Der Verbraucher ist darüber aufzuklären, dass der Widerruf begründungs- und formfrei erfolgen kann. Außerdem müssen Name und ladungsfähige Anschrift des Widerrufsempfängers, der nicht notwendig identisch mit dem Unternehmer sein muss, angegeben sein. Schließlich muss ein Hinweis auf Dauer und Beginn der Widerrufsfrist vorhanden sein. Erforderlich ist die Angabe des maßgeblichen Ereignisses, das die Frist in Lauf setzt und vom Verbraucher ermittelt werden kann. Bei Fernabsatzverträgen über Verbrauchsgüter ist maßgeblicher Zeitpunkt der physische Erhalt der Ware beim V...