BGH: Keine Privilegierung bei Änderung von Muster-Widerruf

Eine Muster-Widerrufsbelehrung ist nicht zwingend vorgeschrieben. Wird aber ein eigenes Formular verwendet, trägt der Unternehmer – im vorliegenden Fall der Makler – das volle Risiko, dass die Information den allgemeinen Anforderungen genügt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Zu den Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen (Art. 246a, § 1 Abs. 2 EGBGB): Der Unternehmer kann von der Muster-Widerrufsbelehrung abweichen, trägt dann jedoch das Risiko, dass seine Information den Anforderungen nicht genügt.

Informationspflichten in Muster-Widerrufsbelehrung

Die Sparkasse übersandte in Vertretung für eine Maklergesellschaft ein Exposé über eine Eigentumswohnung per E-Mail an zwei bei der Maklerfirma als Suchende vorgemerkte Interessenten. Dem Exposé waren "Verbraucherinformationen" und "Datenschutzhinweise" beigefügt. Das Widerrufsformular entsprach weitestgehend dem gesetzlichen Muster, wies jedoch geringfügige Abweichungen auf – insbesondere in der Verwendung des Begriffs "Vertragsschlusses" anstelle von "Vertragsabschlusses" und bei der Angabe von zwei möglichen Adressen für den Widerrufsempfänger.

Nach dem Kauf der Wohnung und der Zahlung der Provision widerriefen die Käufer gegenüber der Maklerfirma und gegenüber der Sparkasse den Maklervertrag und forderten die Maklerfirma erfolglos zur Rückzahlung der Maklercourtage auf. Die Käufer klagten sodann gegen die Maklerfirma auf Rückzahlung der Provision.

Unklarheit über Beginn der Widerrufsfrist

Der BGH entschied, dass Verbrauchern auch bei Fernabsatzverträgen – zu denen auch Maklerverträge zählen – generell ein Widerrufsrecht zusteht (§ 312g Abs. 1, § 355 BGB). Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und beginnt mit dem Vertragsabschluss. Wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt, erlischt das Widerrufsrecht erst nach zwölf Monaten und 14 Tagen nach Vertragsabschluss (§ 356 Abs. 3 BGB).

Gemäß BGH waren die Belehrungen nicht ordnungsgemäß, da sie nicht dem Muster gemäß Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB entsprachen. Denn hier wurden Veränderungen vorgenommen, die wesentlich waren: Ab wann läuft die Frist, "Vertragsschluss" statt "Vertragsabschluss", und an wen ist der Widerruf konkret zu richten?

Die Verwendung des Muster-Widerrufsformulars ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, bei Änderungen trägt der Unternehmer jedoch das volle Risiko, dass die Information nicht den allgemeinen Anforderungen an eine korrekte Belehrung genügt. Hier bemängelte das Gericht, dass die Angabe von zwei möglichen Adressaten der Widerrufserklärung irreführend für den Verbraucher war. Dies könnte zu der Annahme führen, dass es für den Fristbeginn auf den "Vertragsschluss" mit der Sparkasse ankam oder aber mit dem Makler selbst. Zudem war nicht eindeutig, ob ein Widerruf gegenüber dem Makler, der Sparkasse oder gegenüber beiden erforderlich war. Die Käufer erhielten die gezahlte Provision erstattet.

Fazit: Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben

Der Bundesgerichthof bestätigt seine bisherige Rechtsprechung, wonach auch geringfügige textliche Abweichungen gegenüber dem Muster die Privilegierung der ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung entfallen lassen. Die Ausführungen des BGH betonen die Bedeutung der Einhaltung des gesetzlichen Muster-Widerrufsformulars für Unternehmer.

Jede Abweichung davon müsse gesondert bewertet werden. Dies führt zu einer gewissen Rechtsunsicherheit. Daher rate ich Unternehmern, sich möglichst eng am gesetzlichen Muster-Widerrufsformular zu orientieren, um das Risiko von rechtlichen Komplikationen zu minimieren.

(BGH, Urteil v. 1.12.2022 – I ZR 28/22)

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