Wer ESG ernst nimmt, holt sich die PropTechs ins Haus
ESG ist der Treiber des Startup-Sektors, wie die aktuelle Proptech Germany Studie des Instituts für Immobilienwirtschaft und -management (IIWM) an der technischen Hochschule (TH) Aschaffenburg und der Blackprintpartners GmbH zeigt. Die PropTechs bestätigen darin ein gestiegenes Auftragsvolumen, mehr Kooperationen und neue Zielgruppen durch ESG.
Nachhaltigkeit und Digitalisierung: PropTechs gewinnen an Relevanz
Alle (100 Prozent) der befragten Digital Leaders sehen beim "E" (Environmental) den Hauptnutzen beim Einsatz von PropTechs. Knapp ein Viertel (24 Prozent) gab den Nutzen in punkto "S" (Social) und mehr als jeder Zehnte bei Governance ("G"). Einig sind sich Sektor und Branche darin, dass gemeinsam bei den Themen CO2-Neutralität von Immobilien, Energieverbrauchsmanagement und Carbon Footprint auf Unternehmensebene Environmental-Mehrwert geschaffen werden kann.
"Als notwendige Treiber von Nachhaltigkeit und digitaler Transformation in der Bau- und Immobilienwelt sind PropTechs relevanter als je zuvor", kommentiert Sarah Maria Schlesinger, CEO bei Blackprint und Co-Autorin die Studienergebnisse. Während die Digital Readiness der etablierten Unternehmen teilweise stark gestiegen sei, werde erstmals die Schere zu denjenigen deutlich, die die Digitalisierung bisher verschlafen hätten. Dabei werde ESG noch stärker ein entscheidender Treiber der Branche und Erfolgsfaktor für die PropTechs. "Das Zeitalter der PropTechs hat gerade erst begonnen", sagt Schlesinger.
Wie digital sind die etablierten Immobilienfirmen?
Der Digitalisierungsreifegrad der etablierten Branchenunternehmen ist laut Studie für den Erfolg der PropTechs besonders relevant. Rund ein Drittel hat nicht einmal einen Digitalisierungsbeauftragten, obwohl die Priorität der Digitalisierung mit einer Zustimmung bei 89 Prozent hoch ist. Drei Viertel (75 Prozent) der etablierten Unternehmen attestieren PropTechs einen hohen bis sehr hohen Stellenwert als Innovationstreiber für die Immobilienwelt.
Trotzdem ist ein Großteil der Branchenvertreter (noch) mit grundlegenden Hausaufgaben der digitalen Transformation beschäftigt: Das betrifft etwa Daten und Nachhaltigkeitsanforderungen auch bei den Immobilien selbst. Perspektivisch schreitet den Autoren zufolge die digitale Transformation voran. Der Bedarf an grundlegenden Digitalisierungstools sei gesunken, während die Erkenntnis der strategischen Bedeutung zugenommen habe. So ist etwa die Relevanz des CEO als Top-Entscheider für den Einsatz von PropTechs laut Studie deutlich gestiegen. Die wichtigsten Influencer sind zu 92 Prozent die operativ Verantwortlichen in den Fachabteilungen oder deren Führungskraft.
Personal: Zeit der Expansion ist vorerst vorbei
Beim Wagniskapital als Indikator für den Reifegrad bei der Digitalisierung konnten nur 41 Prozent der befragten PropTechs eine erfolgreiche Finanzierungsrunde verzeichnen, 67 Prozent davon lediglich unter einer Million Euro. Die Investitionsbereitschaft von Wagniskapitalgebern wurde deutlich als schwach bis stark gesunken bezeichnet.
Auch andere Entwicklungsindikatoren zur Einschätzung des PropTech-Sektors zeigten deutliche Spuren der multiplen Krisenlage im Jahr 2022: Das Mitarbeiterwachstum stagniert. Die Expansionsaktivität hat demnach im vergangenen Jahr zwar stark zugenommen – PropTechs sind im Schnitt aktuell in vier Ländermärkten unterwegs, nach 1,7 Märkten im Jahr zuvor –, aber die neue Situation hat der Studie zufolge die Expansionspläne deutlich gedämpft.
PropTech-Sektor: Die Erfolgsfaktoren
Als die relevantesten Veränderungstreiber sehen die PropTechs die Nachhaltigkeitsregulatorik und den Digitalisierungsdruck bei den etablierten Unternehmen. Die wichtigsten Business-Erfolgsfaktoren bleiben demnach ein starkes Vertriebsteam, der Zugang zu den richtigen Ansprechpartnern, ein starkes Netzwerk in die Branche, die Steigerung des Bekanntheitsgrades und der Zugang zu Daten. Für ein erfolgreiches Funding braucht es insbesondere starkes Geschäftsmodell.
"Jetzt, in einer wirtschaftlich herausfordernden Phase für die gesamte Branche, kommt es auf den Mut zu Investitionen in Digitalisierung und proaktive Zusammenarbeit mit PropTechs hin zu mehr echten digitalen Geschäftsmodellen an", so Co-Studienautorin Prof. Dr. Verena Rock, Leiterin des Studienganges Digitales Immobilienmanagement an der TH Aschaffenburg. "Nur so können die Herausforderungen der Zukunft in einem Ansatz interdisziplinärer und digitaler Ökosysteme gelöst werden."
Wohnungswirtschaft nutzt PropTech-Potenzial kaum
Die PropTechs zeigten sich bei der Umfrage mehrheitlich positiver Stimmung und blicken optimistisch in die Zukunft. Drei Viertel (75 Prozent) konnten im vergangenen Jahr das Neugeschäft gegenüber 2021 teils merklich steigern. Die Mehrheit (90 Prozent) erwartet Wachstum von 2023 bis 2025. Alle befragten Branchenvertreter sehen Potenzial und hatten ein vermehrtes Interesse an Aufträgen.
Projektentwicklung, Property Management, Asset Management, Sanieren, Metering, Energiemanagement, Betreibungskonzepte und Zusatzservices gehören zu den bestabgedeckten Bereichen der PropTechs und zu den Wertschöpfungsstufen mit der größten Potenzialeinschätzung durch die Unternehmen. Die Nutzungsklasse Wohnen wird von mehr 90 Prozent aller Prop-Techs abgedeckt, 53 Prozent haben darauf den Hauptfokus. Der Sektor liefere der Wohnungswirtschaft ungenutztes Lösungspotenzial, heißt es in der Studie.
Deutliches Potenzial für PropTechs gibt es den Studienautorinnen zufolge in den Bereichen Baumanagement und -Steuerung, Bauweisen und Baumaterialien, Gebäudeautomation sowie BIM. Branchenentscheider wünschten sich hier noch mehr Lösungen in Sachen Nachhaltigkeit, Immobilieneffizienz und Datennutzung – die einfach, sicher, qualitativ, schneller, aber nicht teurer, anwenderfreundlich und aus Sicht der Entscheider am liebsten aus einer Hand sein sollten.
Zur Methodik
Zwischen Dezember 2022 und Februar 2023 nahmen 184 PropTechs an der Befragung zu ihren Geschäftstätigkeiten teil. Den Digital Leaders Online-Fragebogen, der im Januar 2023 verschickt wurde, beantworteten 36 etablierte Immobilienunternehmen aus der DACH-Region.
Die Vorgängerstudien:
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