ESG bei PropTechs: Druck und Wachstumstreiber
Die PropTechs schätzen die aktuelle Marktlage skeptischer ein als im Vorjahr. Dennoch prognostizieren 92 Prozent eine positive Geschäftsentwicklung in den kommenden drei Jahren. Der Anteil der Unternehmen, die Produkte bereits erfolgreich am Markt etabliert haben, wächst. Neue Produktentwicklungen verzeichnen einen Anstieg um zehn Prozent.
Gehemmt wird das Wachstum derzeit durch schwierige Finanzierungsbedingungen und ESG-Druck. Gleichzeitig gewinnen Nachhaltigkeit und ESG-Regulatorik als zentrale Treiber stark an Bedeutung, was PropTechs als wirksamste Game Changer für die Immobilienbranche und für sich selbst bewerten.
Das sind Ergebnisse des PropTech Germany Studie 2024 des Instituts für Immobilienwirtschaft und -management (IIWM) an der Technischen Hochschule (TH) Aschaffenburg und der Blackprintpartners GmbH.
PropTechs: Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor
Mit einem stabilen Fokus auf Plattformtechnologien (31 Prozent) und künstliche Intelligenz (17 Prozent) bleibt der technologische Kern des Sektors laut Studie richtungsweisend. 70 Prozent der PropTechs richten sich an B2B-Kunden, wobei B2B2C-Modelle an der Schnittstelle zu Endnutzern mit 23 Prozent einen klaren Anteil ausmachen.
Die Lösungen werden stärker als zuvor auf spezifische Nutzungsklassen – insbesondere Wohnen (83 Prozent) und Büro (72 Prozent) – konzentriert. In der Lebenszyklusabdeckung werden PropTechs hingegen breiter. Hier dominieren die Phasen "Finanzieren, Bewerten & Investieren" (75 Prozent) sowie "Planen & BIM" (74 Prozent).
Nachhaltigkeit und ESG-Regulatorik gewinnen als zentrale Treiber stark an Bedeutung: Die Studienergebnisse zeigen, dass PropTechs das als wirksamste Gamechanger für Bau- und Immobilienunternehmen und für sich selbst bewerten. Der Druck durch ESG-Vorgaben führt bei einem Drittel der Unternehmen zu Produktanpassungen, neuen Produkten oder vertriebsbezogenen Neuausrichtungen. Die meisten PropTechs berichten von einem leicht gestiegenes Auftragsvolumen durch den Fokus auf nachhaltige Lösungen. Zehn Prozent geben als Hauptauswirkung von Nachhaltigkeit mehr Umsatz an.
Schwierige Finanzierungsbedingungen belasten Wachstum
Die Studie zeigt, dass sich das Finanzierungsumfeld für PropTech-Unternehmen weiter verschärft hat. Nur 38 Prozent der befragten Unternehmen konnten im Jahr 2024 erfolgreich eine Finanzierungsrunde abschließen. Auch die eingesammelten Kapitalvolumina sind gesunken, was insbesondere junge Unternehmen trifft: Während die Hälfte der "Early Stager" keinerlei externes Kapital einwerben konnte, erreichten 47 Prozent der "Grown-Ups" Finanzierungsvolumina von mehr als einer Million Euro.
Die durchschnittliche Dauer von Finanzierungsrunden hat sich im aktuellen Marktumfeld verlängert: Die Zahl der Unternehmen, die in weniger als drei Monaten erfolgreich Kapital einsammeln konnten, sank auf 15 Prozent – für 21 Prozent der PropTechs dauert der Prozess mittlerweile sieben bis zwölf Monate.
Die Bereitschaft von Wagniskapitalgebern, in PropTechs zu investieren, fällt oder stagniert. 35 Prozent der befragten Unternehmen berichten von einer schwachen bis stark gesunkenen Investitionsbereitschaft. Knapp ein Viertel (23 Prozent) der PropTechs sehen eine leichte Erholung im Investoreninteresse. PropTechs sind der Studie zufolge zunehmend gezwungen, aus eigenen Mitteln oder dem Cashflow zu operieren – was die Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten vieler Unternehmen deutlich einschränkt. Der Druck auf flexible Einnahmemodelle wie Abonnements und Pay-Per-Use bleibt hoch, da diese als Nachweis der Skalierbarkeit gegenüber Investoren entscheidend sind.
"Die PropTech-Branche steht an einem Scheideweg: Angesichts des Marktumfelds und -drucks sind die Innovationstreiber des Bau- und Immobiliensektors erheblich stärker als bisher darauf angewiesen, ihre Produktentwicklung und Markteroberung aus vorhandenem Cashflow und eigenen Mitteln zu finanzieren", so Sarah Schlesinger, Managing Partner/CEO bei Blackprint. Die steigenden Umsätze und andere Indikatoren beweisen demnach zwar den gestiegenen Reifegrad des Sektors, doch die Branche sei keinesfalls in breiter Masse in Bewegung gekommen. Das schwierige Marktumfeld bleibe weiter eine Bewährungsprobe. Die Zurückhaltung durch Wagniskapitalgeber verschärfe die Lage.
Expansion: "Early Stager" risikobereiter als "Grown-ups"
Rund ein Drittel (36 Prozent) der Unternehmen plant eine Expansion in internationale Märkte. Während etablierte "Grown-Ups" primär auf europäische Märkte setzen, zeigen Early Stager eine größere Risikobereitschaft und nehmen Länder wie die USA und Großbritannien im Sinne des "Think Big" in die Expansionspläne auf.
PropTechs identifizieren die Themen "Künstliche Intelligenz", "ESG-Regulatorik" und "Neue Geschäftsmodelle" als die disruptivsten Faktoren für die Branche. Die Digitalisierung bleibt der stärkste Treiber für die Geschäftsmodelle, während die Bedeutung von Nachhaltigkeitsanforderungen deutlich zugenommen hat.
"Intern können die etablierten Immobilienunternehmen dies weiterhin kaum lösen", sagte die Leiterin des IIWM, Prof. Dr. Verena Rock. "Entsprechend werte ich es als positives Signal, dass sich die PropTech-Welt gerade neu sortiert." Sie biete unter anderem vor dem Hintergrund der rasanten KI-Entwicklung, schwierig werdender Finanzierungsbedingungen und vielfach ausbleibender Proofs-of-Concept zunehmend Lösungen an, die von der Branche dringend gebraucht würden.
Optimistisch stimmt Blackprint-CEO Schlesinger, dass digitale Innovationen und ESG-Regulatorik als zentrale Treiber von den PropTechs positiv für die Branchen-Disruption und die eigene Geschäftsentwicklung gesehen wird. "Wer jetzt auf Nachhaltigkeit, skalierbare Geschäftsmodelle und technologische Reife setzt, hat die besten Chancen auf eigenen wirtschaftlichen Erfolg."
PropTech Germany Studie: Methodik
Die PropTech Germany Studie analysiert bereits im fünften Jahr die Entwicklungen in dem Sektor. Der Fokus liegt auf Veränderungen von Marktstimmung, Expansionsaktivitäten und Zugang zu Wachstumsfinanzierung.
Die Studie 2024 basiert auf einer deskriptiv-statistischen Analyse von 138 vollständig ausgefüllten Online-Fragebögen. Die Teilnehmer decken den gesamten Immobilienlebenszyklus und sämtliche Nutzungsklassen ab. Die Clusterung der PropTechs erfolgt in den Gruppen "Early Stager", "Grown-Ups" und "Conquerers" (ausländische PropTechs, die nach Deutschland skaliert sind).
Die Vorgängerstudien:
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