Neu gebaute Wohnungen: Ampel-Koalition reißt Ziel auch 2023
Vor allem bezahlbare Wohnungen werden gesucht und vor allem in den deutschen Städten und Ballungsräumen. Doch die Zahl der Fertigstellungen liegt deutlich unter dem von der Bundesregierung ursprünglich angepeilten Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Das Ergebnis fiel mit 294.400 Fertigstellungen im vergangenen Jahr allerdings besser aus als befürchtet.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom 23.5.2024 sank die Zahl der gebauten Wohnungen gegenüber 2022 um 0,3 Prozent. Die Zahl der Fertigstellungen habe sich damit seit dem Jahr 2021 kaum verändert. Befürchtet worden war ein Rückgang auf 215.000 bis 270.000 Wohnungen. Aktuell befinden sich der Behörde zufolge weitere 390.900 Wohnungen im Bau.
Weniger Baugenehmigungen verschärfen Lage beim Wohnungsbau
Wegen gestiegener Kreditzinsen und der Baukosten in den vergangenen zwei Jahren wurden zuletzt besonders im Wohnungsbau viele Vorhaben verschoben oder abgesagt. Die Branche klagt über fehlende Neuaufträge und Stornierungen geplanter Projekte.
Viele der Fertigstellungen 2023 dürften noch auf Genehmigungen zurückzuführen sein, die in den Jahren bis 2022 unter deutlich besseren Rahmenbedingungen beantragt und erteilt worden seien, erklärte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Unter dem Strich seien auch im Vorjahr weniger Wohnungen gebaut worden als es der Bedarf erfordert, sagte Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller. Seit Monaten geht es auch bei den Baugenehmigungen bergab.
Der Bauindustrieverband ging zuletzt davon aus, dass im Jahr 2024 nur 220.000 bis 230.000 Wohnungen fertiggestellt werden. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) bezifferte die Neubaulücke in Deutschland auf 600.000 Wohnungen und warnte, dass dieser Wert ohne Korrekturen auf bis zu 830.000 Wohnungen im Jahr 2027 steigen könnte.
"Die Zahlen zu den Fertigstellungen in 2023 sind nur Vollzugsmeldungen für Projekte, die noch in der guten alten Zeit unter besseren Bedingungen gestartet wurden", kommentierte ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. "In den nächsten Monaten können wir davon nicht mehr zehren." Der staatliche Anteil von 37 Prozent der Kosten beim Wohnungsbau sei nicht mehr tragbar.
Bauüberhang verringert sich erstmals seit dem Jahr 2008
Die Zeit von der Genehmigungserteilung bis zur Fertigstellung habe sich bei den 2023 neugebauten Wohnungen seit 2020 um vier Monate auf 24 Monate weiter verlängert, teilten die Statistiker außerdem mit. In den Zahlen sind die Baufertigstellungen für neue Gebäude und für Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden enthalten.
257.200 Einheiten waren Neubauwohnungen. Auf Einfamilienhäuser entfielen davon 69.900 Wohnungen (minus 9,3 Prozent). Die Zahl neuer Wohnungen in Zweifamilienhäusern stieg um 3,8 Prozent auf 23.800. In Mehrfamilienhäusern wurden 156.300 Neubauwohnungen geschaffen und damit 4,1 Prozent oder 6.100 mehr als im Jahr 2022. In Wohnheimen sank die Zahl fertiggestellter Wohnungen um 15,9 Prozent auf 7.300.
Die Zahl der Baugenehmigungen fiel im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 26,7 Prozent auf 259.600 und war damit deutlich geringer als die Zahl der fertiggestellten Wohnungen. Dadurch ging der Bauüberhang erstmals seit 2008 gegenüber dem Vorjahr zurück und zwar um 58.100 auf 826.800 Wohnungen. Davon befanden sich 390.900 Wohnungen bereits im Bau; 214.500 waren "unter Dach" beziehungsweise im Rohbau fertiggestellt. Der bisher höchste Bauüberhang wurde im Jahr 1995 mit 928.500 genehmigten, aber nicht fertiggestellten Wohnungen gemessen.
Der Rückgang des Bauüberhangs ist den Statistikern zufolge auch auf die hohe Zahl erloschener Baugenehmigungen zurückzuführen, bei denen in der Regel die mehrjährige Gültigkeitsdauer abgelaufen ist – und die nicht mehr in die Berechnung einfließen. Im Jahr 2023 erloschen 22.700 Genehmigungen. 2022 wurde mit 22.800 erloschenen Baugenehmigungen der höchste Wert seit 2006 verzeichnet. Auch sind im Bauüberhang Vorhaben enthalten, deren Genehmigungen zwar noch nicht erloschen sind, die aber nicht weiter verfolgt werden.
Geywitz: "Sozialer Wohnungsbau absoluter Stabilitätsanker"
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) bezeichnete die Lage am Bau als stabil: "Mit unserer zielgerichteten Wohnungspolitik haben wir die richtigen Anreize gesetzt, um Projekte aus dem Bauüberhang trotz der schwierigen Rahmenbedingungen am Bau zu realisieren." Einen absoluten Stabilitätsanker für die Bau- und Immobilienbranche nannte sie den sozialen Wohnungsbau. Die Förderung des Bundes hole zunehmend auch private Wohnungsbaugesellschaften ins Boot.
Die sozialorientierten Wohnungsbauunternehmen selbst wiederum klagen darüber, dass sie die Kosten über die Mieten kaum noch refinanzieren könnten. Sie wollen auf neue Projekte weitgehend verzichten – wo es kein staatliches Fördergeld gibt.
"Damit es schnell geht und wenig kostet, ist ein groß angelegtes Zinsprogramm die einzig rasche, wirksame und für den Staat kostenneutrale Lösung", forderte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW. Mit einer Zinssubvention auf ein Prozent könne wieder geplant und gebaut werden, die Baukonjunktur würde anziehen und die dadurch entstehenden Steuereinnahmen könnten die Kosten des Programms komplett ausgleichen.
Im Sommer 2024 will das Bauministerium ein Förderprogramm auflegen, das Familien beim Bestandserwerb unterstützt. Und im Herbst soll ein neues Förderprogramm für bezahlbaren Neubau im Niedrigpreissegment starten.
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