"Doing better with less"
Frau Prof. Dr. Peyinghaus, was sind eigentlich frugale Immobilien?
Prof. Dr. Marion Peyinghaus: Die Kurzform der Definition ist "doing better with less". Wir wollen auf der einen Seite weniger, aber auf der anderen Seite wollen wir auch mehr Werte bieten. (…) Es geht um eine Reduktion von Flächenkosten, Energieverbrauch, aber auch Materialien. Das geht dann mit einer Reduktion des Aufwands einher.
Auf der anderen Seite geht es aber auch um eine Maximierung, also ein Mehr an Flexibilität und Skalierbarkeit, ein Mehr an Recyclingmöglichkeiten. Und dass man Konzepte schafft, wie man Flächen miteinander teilen kann, also Sharingmöglichkeiten.
Was das Frugale beinhaltet, ist, dass der Kunde viel stärker einbezogen wird, und auch die Möglichkeiten, wie Kunden miteinander interagieren können. Daraus ergibt sich die Frage, wie wir die Wertschöpfungskette verlängern können: Wenn wir zum Beispiel in einem Baumarkt sind, gibt es da die Möglichkeit, nicht nur die Baumaterialien zu kaufen, sondern es gibt auch eine Werkstattfläche, wo man diese Baumaterialien direkt verarbeiten kann.
Das ist die Idee von frugalen Gebäuden: die "Verlängerung der Werkbank", und somit einen höheren Kundennutzen zu schaffen.
S wie Spendierhosen
Beim Competence Center Process Management Real Estate (CCPMRE) haben Sie eine Umfrage zur Einfachheit in der Immobilienbranche – frugalen Immobilien – durchgeführt. Kann man anhand der Antworten Unterschiede zwischen den Generationen feststellen?
Auf jeden Fall. Wir machen diese Studie schon seit mehr als 15 Jahren und in den letzten Jahren lässt sich vermehrt feststellen, dass die Generation Z sehr stark nach Struktur, Stabilität und Sicherheit strebt. Das zeigt sich auch in der aktuellen Studie. Besitz, der Zugriff auf Fläche, ist eine Möglichkeit, auch Sicherheit auszustrahlen, und daher wünscht sich die Generation Z doch mehr Wohnraum und auch mehr Bürofläche, als es die Vertreterinnen der Wirtschaft tun.
Dieses Gefühl nach Sicherheit hat eine weitere Komponente: Man scheut sich ein bisschen vor Verantwortungsübernahme. Das zeigte sich auch in vergangenen Studien. Da haben Teilnehmer aus der Generation Z zum Beispiel gesagt, dass sie nicht unbedingt in die Umsatzverantwortung gehen möchten. Man ist ein bisschen konfliktscheu.
In dieser Studie schlagen insbesondere dann die Werte hoch aus, wenn es darum geht, Verantwortung zu reduzieren. Wenn ich weniger Besitz habe, heißt das natürlich auch, dass ich weniger für Dinge einstehen muss oder weniger verantwortlich bin. (…)
Dann gibt es vielleicht noch einen dritten Effekt, auch das stellen wir seit mehreren Jahren fest: Die Generation Z ist sehr an Gerechtigkeit interessiert. "Was tun wir für die Gesellschaft? Wie können wir eine gerechte Gesellschaft generieren?" – das sind wichtige Fragen für die Studierenden.
Eine Frage der Studie war, wie viel man bereit ist, für die Gesellschaft zu opfern – in Form einer Renditereduktion, also im Vergleich zu einer herkömmlichen Anlagemöglichkeit. Wenn es darum geht, frugale Finanzprodukte zu kaufen – wäre man mit einer geringeren Rendite zufrieden?
Da ist die Generation Z diejenige, die am spendabelsten ist. Die Studienteilnehmer sagen, sie wären mit einer Renditereduktion von 1,7 Prozent einverstanden. Das ist enorm. Die Wirtschaft liegt hier bei 1,2 Prozent. Im Vergleich ist es immerhin eine Steigerung: Wir haben diese Frage zu den "S-Kriterien" vor zwei Jahren schon mal gestellt vor zwei Jahren. Damals waren es 1,1 Prozent.
Flexibilität vs. Recycling
Sie haben die Umfrage in Kooperation mit der Tongji-Universität in Shanghai durchgeführt. Wo unterscheiden sich die beiden Märkte, der DACH-Markt und der chinesische Markt?
Zwei Ergebnisse, finde ich besonders bemerkenswert. Wir haben gefragt, wie es mit der geplanten Nutzungsdauer steht. In Deutschland gibt es ja gemäß ImmoWertV dort einen Benchmark – das sind 80 Jahre für Wohngebäude, 60 Jahre für Gewerbegebäude oder Bürogebäude. (…)
Verglichen mit der DACH-Region setzt man in China in der Planung gerade mal die halbe Zeit an. Für Wohnen, sagt man in der DACH-Region, sollten es 75 Jahre sein. In China sind es nur 44. Für Bürogebäude sind es in der DACH-Region 55 und in China nur 27 Jahre.
Das hat natürlich einen Effekt. Wir haben auch gefragt, auf welche Kompetenzen man sich konzentriert, um frugales Real Estate zu erreichen. Hier in der DACH-Region setzt man auf Flexibilität, weil die Lebenszyklen viel länger sind. Man muss eine Drittverwendungsfähigkeit sicherstellen. In China setzt man hingegen auf Recycling. Wenn es dort kürzere Immobilienzyklen gibt, müssen die Materialien wieder zurück in den Kreislauf eingespielt werden.
Daher entwickeln sich zwei völlig unterschiedliche Kompetenzniveaus und die müssen wir miteinander verbinden. Diese gegenseitigen Lerneffekte, die finden wir sehr wichtig. Denn natürlich ist beides entscheidend: eine lange Nutzungsdauer und trotzdem, bei Nutzungsänderung oder bei umfangreichen Repositionierungen, die Rückführung der Materialien in den Kreislauf.
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