Dr. Jessica Hanke, Katja Schmitz
Rz. 77
Die Haftung des Verkäufers für vorhandene Mängel ist gesetzlich ausgeschlossen, wenn der Käufer den Mangel bei Vertragsschluss kennt (§ 442 Abs. 1 S. 1 BGB). Dies setzt zumindest bedingten Vorsatz voraus. Die Rechte des Käufers entfallen auch bei grob fahrlässiger Unkenntnis, es sei denn, dass der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine entsprechende Garantie übernommen hat (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB). Bei Internet-Auktionen z.B. kann jedoch die grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers von der Unechtheit eines Luxusmarkenobjekts nicht aus dem geringen Startpreis gefolgert werden.
Die Vertragsparteien können die Haftung für Sach- und Rechtsmängel grds. vertraglich beschränken oder völlig ausschließen. Beim Schadensersatz kann die Haftung für vorsätzliches Handeln nicht ausgeschlossen werden, § 276 Abs. 3 BGB. Zu beachten ist ferner, dass Klauseln wie z.B. "gekauft wie besichtigt" oder "gekauft wie gesehen" nur die Haftung für Mängel ausschließen, die bei ordnungsgemäßer Besichtigung ohne Zuziehung von Sachverständigen wahrgenommen werden können, nicht also die Haftung für verborgene Mängel. Allerdings wird ein vertraglicher Haftungsausschluss durch derartige Zusätze auch nicht eingeschränkt. Ein pauschaler Gewährleistungsausschluss erfasst nicht die Haftung für daneben vereinbarte Beschaffenheiten; er gilt vielmehr nur für die Mängel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1 und 2. So fällt beispielsweise eine Laufleistungsangabe ("30.000 km") nicht unter den gleichzeitig vereinbarten Haftungsausschluss ("ohne Gewähr").
Der Haftungsausschluss kann nach Maßgabe des § 444 BGB unwirksam sein. Danach kann sich der Verkäufer auf eine Vereinbarung, durch welche die Käuferrechte wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, nicht berufen, soweit er eine Garantie für die Beschaffenheit übernommen hat. Die Vorschrift des § 444 BGB soll den Käufer vor widersprüchlichem Verhalten des Verkäufers schützen. Durch die Einfügung von "soweit" statt "wenn" ist klargestellt, dass Haftungsbeschränkungen, insbesondere auf Höchstsummen, bei der Übernahme von Garantien zulässig sind. Zur Vermeidung von Widersprüchen sollten Garantien und ihre Beschränkung in einer Klausel formuliert werden. Ein nachträglicher Ausschluss oder eine spätere Begrenzung sind unwirksam. Die Anwendung des § 444 BGB kann nicht dadurch umgangen werden, dass die Begriffe Garantie und Zusicherung vermieden werden und eine verschuldensunabhängige Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB getroffen wird. Eine Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und verschuldensunabhängiger Haftung entspricht inhaltlich genau der alten Eigenschaftszusicherung, die der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 444 BGB vor Augen hatte. Es handelt sich hierbei um eine bloße Umetikettierung. Die Anwendung des § 444 BGB wird auch nicht dadurch umgangen, dass die Garantie als selbstständige Garantie bezeichnet wird. Denn der Gesetzgeber differenziert – wie auch in § 443 BGB – nicht zwischen unselbstständigen und selbstständigen Garantien. Zudem besteht die Gefahr widersprüchlichen Verhaltens bei selbstständigen Garantien gleichermaßen. Zu beachten ist ferner, dass durch die Formulierung "ohne Garantie" kein genereller Haftungsausschluss bewirkt wird, in Betracht kommt immer noch eine Beschaffenheitsvereinbarung.
Nach § 444 BGB kann sich der Verkäufer ebenfalls nicht auf einen Haftungsausschluss berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat. Arglistig handelt der Verkäufer einer Sache, wenn er ihm bekannte wesentliche Umstände, die sich nachteilig auf die Bewertung einer Sache auswirken können und für den Kaufentschluss entscheidend sind, verschweigt. Arglist setzt voraus, dass der Verkäufer den Mangel kennt oder zumindest für möglich hält. Es genügt nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen von Tatsachen hätte aufdrängen müssen, die einen Mangel des Kaufobjekts begründen.
Weitere Beschränkungen ergeben sich für den Verbrauchsgüterkauf aus § 475 BGB (vgl. Rdn 92 ff.) und für Allgemeine Geschäftsbedingungen aus §§ 307, 309 BGB.
Rz. 78
Beim Handelskauf muss der Käufer die abgelieferte Ware unverzüglich untersuchen (§ 377 HGB), wobei die Frist mangels Vereinbarung von der Art der Ware und von Art und Weise und dem Umfang der erforderlichen Untersuchung abhängt. Der Käufer muss offene Mängel unverzüglich nach Ablieferung der Ware (§ 377 Abs. 1 HGB), nicht erkennbare Mängel unverzüglich nach ihrer Entdeckung anzeigen (§ 377 Abs. 3 HGB). Andernfalls verliert er seine Ansprüche aus §§ 437 ff. BGB.