Rz. 150
Für das Betragsverfahren (siehe oben Rdn 161 ff.) kann bei Aufhebung einer auf den fehlenden Anspruchsgrund gestützten klageabweisenden Entscheidung und Erlass eines Grundurteils durch das Berufungsgericht der Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen werden, sofern eine Partei dies beantragt und der Streit über den Betrag des Anspruchs noch nicht entscheidungsreif ist (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO). Dadurch soll den Parteien eine zweite Tatsacheninstanz auch zur Höhe des Anspruchs erhalten werden. Bei einer Klagehäufung sind die Voraussetzungen für jeden Anspruch gesondert festzustellen. Stets muss eine Zurückverweisung erkennen lassen, dass das Berufungsgericht das ihm eingeräumte Ermessen ausgeübt und den dabei maßgeblichen Gesichtspunkt der Prozessökonomie hinreichend in Betracht gezogen hat. Da bei einer klageabweisenden Entscheidung der ersten Instanz Gegenstand des Berufungsverfahrens nicht nur der Grund des Anspruchs, sondern auch dessen Betrag ist, kann das Berufungsgericht auch das Betragsverfahren durchführen.
Rz. 151
Sofern der Streit über den Betrag des Anspruchs entscheidungsreif ist, muss es dies tun (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO). Entscheidungsreife – zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts über den Grund – kommt allerdings angesichts dessen, dass regelmäßig lediglich eine auf den Grund des Anspruchs beschränkte Verhandlung stattgefunden hat, nur ausnahmsweise in Betracht, beispielsweise wenn die Höhe des Anspruchs unstreitig geworden ist, dessen Schätzung (§ 287 ZPO) – nunmehr – möglich ist, ein Urkundenbeweis zum Betrag geführt, ein Anerkenntnis oder Verzicht erklärt wird. Soweit die Befugnis des Berufungsgerichts, das Betragsverfahren an sich zu ziehen, weitergehend angenommen wird, um die Entscheidungsreife – erst – herbeizuführen, wenn sich der erforderliche Aufwand "in zumutbarem Rahmen" halte oder "unwesentlich" sei, überzeugt dies schon mangels tragfähiger objektiver Abgrenzungskriterien nicht. Bevor das Berufungsgericht das Betragsverfahren an sich zieht, hat es den Parteien hierzu rechtliches Gehör zu gewähren.
Rz. 152
Bei erstinstanzlicher Abweisung einer Zahlungs- und damit verbundenen Feststellungsklage kann das Berufungsgericht, wenn es hinsichtlich der Zahlungsklage zu einem Grundurteil kommt und zum Betragsverfahren an die erste Instanz zurückverweist (§ 538 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ZPO), diese Zurückverweisung nicht auf die Feststellungsklage erstrecken, sondern muss insoweit – sofern diesbezüglich kein anderer Zurückverweisungsgrund vorliegt – selbst entscheiden. Da es sich bei dem Grundurteil um ein Teilurteil (§ 301 ZPO) handelt, müssen zudem die diesbezüglichen Anforderungen erfüllt sein, siehe oben Rdn 7 ff.
Rz. 153
Die prozessuale Unzulässigkeit eines in erster Instanz erlassenen Grundurteils begründet eine Zurückverweisung nur, wenn aufgrund dieses Verfahrensmangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist und eine Partei die Zurückverweisung beantragt (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Rz. 154
Wenn ein erstinstanzliches Grundurteil bestätigt wird, ist eine Zurückverweisung nicht notwendig, da das Betragsverfahren ohnehin noch in erster Instanz anhängig ist. Ein dennoch erfolgter "deklaratorischer" Ausspruch schadet jedoch nicht. Gebührenrechtlich liegt allerdings in keinem Fall eine "Zurückverweisung" vor (§ 21 Abs. 1 RVG).
Rz. 155
Obwohl das Betragsverfahren bei der Bestätigung eines erstinstanzlichen Grundurteils nicht in die zweite Instanz gelangt ist (siehe Rdn 154), muss das Berufungsgericht – ohne dass es insoweit einer Anschlussberufung des Klägers oder der Zustimmung der Parteien bedürfte – auch in diesem Fall über den Betrag des Anspruchs entscheiden, also das gesamte Betragsverfahren "an sich ziehen", wenn (auch) Streit zur Höhe des Betrags zur Entscheidung reif ist (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO; siehe oben Rdn 150). Darüber hinaus kann das Berufungsgericht eine von der ersten Instanz dem Betragsverfahren zugeordnete Materie jedenfalls dann an sich ziehen und über sie im Rahmen des von ihm bestätigten erstinstanzlichen Grundurteils entscheiden, wenn die Parteien den erstinstanzlich ausgeklammerten Komplex zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht haben und die Entscheidung hierüber sachdienlich ist. Dies gilt insbesondere für die haftungsausfüllende Kausalität und die Ersatzfähigkeit verschiedener – selbstständiger und teilurteilsfähiger – Rechnungsposten eines einheitlichen prozessualen Anspruchs auf Ersatz eines Sachschadens.
Rz. 156
Ist erstinstanzlich ein zuerkennendes Teilurteil ergangen (§ 301 Abs. 1 ZPO), so kann im Berufungsrechtszug – da der Streit über den zugesprochenen Teil des Klageanspruchs dort wie ein selbstständiger Prozess anzusehen ist – diesbezüglich ein Grundurteil erlassen werden.
Rz. 157
Auch im Revisionsverfahren sind ein Grundurteil und e...