Rz. 46
Der Erlass eines unzulässigen Teilurteils stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der sowohl in der Berufung (§ 529 Abs. 2 S. 1 ZPO) wie auch in der Revisionsinstanz (§ 557 Abs. 3 S. 2 ZPO) von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Ein unzulässiges Teilurteil muss aber nicht aufgehoben werden, wenn sich die prozessuale Situation so entwickelt hat, dass es nicht mehr zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen kann (siehe unten Rdn 49 ff.).
Rz. 47
Das Berufungsgericht kann, wenn das angefochtene Urteil ein entgegen der vorstehenden Voraussetzungen erlassenes Teilurteil ist, das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO). Eines Antrags der Parteien bedarf es dazu nicht (§ 538 Abs. 2 S. 3 ZPO). Dadurch wird vermieden, dass ein einheitlich zu führender Rechtsstreit in zwei Instanzen gleichzeitig anhängig ist. Auch das Revisionsgericht kann das Verfahren deshalb an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen. Bei Aufhebung eines unzulässigen Teilurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits entfaltet – anders als bei einer Aufhebung und Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO – nur die dem zugrunde liegende Rechtsauffassung des zurückverweisenden Gerichts Bindungswirkung.
Rz. 48
Das Berufungsgericht – nicht aber die Revisionsinstanz – kann bei einem unzulässigen Teilurteil aber grundsätzlich auch – ohne Antrag und ohne Einverständnis der Parteien – den noch nicht beschiedenen Teil des Rechtsstreits an sich ziehen, um der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen zu begegnen; etwas anderes gilt bei – beispielsweise wegen umfangreicher noch ausstehender oder bereits in erster Instanz weiterbetriebener Beweisaufnahme – fehlender Prozesswirtschaftlichkeit eines solchen Vorgehens. Bei einem zulässigen Teilurteil ist dieser Weg dagegen nicht eröffnet, ebenso wenig wenn der in erster Instanz verbliebene Rechtsstreit dort in anderer Beteiligung anhängig ist.
Rz. 49
Die bei Erlass des – damit zunächst unzulässigen – Teilurteils bestehende Gefahr widersprechender Entscheidungen entfällt in der Rechtsmittelinstanz, wenn dort – auf entsprechenden Antrag einer Partei – über die maßgeblichen Vorfragen ein Zwischenfeststellungsurteil (§ 256 Abs. 2 ZPO, siehe oben § 26 Rdn 191 ff.) ergeht.
Rz. 50
In der Berufungs- wie in der Revisionsinstanz kann die Gefahr widersprechender Entscheidungen ferner entfallen, wenn die Klage gegen den/die weiteren Streitgenossen zurückgenommen wird.
Rz. 51
Die Gefahr kann schließlich, wenn Rechtsmittelverfahren sowohl gegen das Teilurteil wie das Schlussurteil in derselben Instanz anhängig sind, auch dadurch ausgeräumt werden, dass die Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung miteinander verbunden werden (§ 147 ZPO).
Rz. 52
Auch bei der Anfechtung eines unzulässigen Teilurteils ist das Verschlechterungsverbot (Verbot der reformatio in peius) durch das Rechtsmittelgericht zu beachten. Denn der Prüfung und Entscheidung unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge (§§ 528 S. 1, 557 Abs. 1 ZPO). Ein unzulässiges Teilurteil kann daher nur insoweit aufgehoben werden, als es angegriffen worden ist. Der in seinem Erlass liegende Verfahrensmangel darf nicht losgelöst vom Streitgegenstand des Rechtsmittels betrachtet werden.