Dr. iur. Artur-Konrad Wypych, Sven Hempe
Rz. 49
Die Vollendung eines bestimmten Lebensjahres bzw. die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer gesetzlichen Rente wegen Alters führt – abgesehen von einer zulässigen Befristung – für sich genommen nicht zu einer automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, vielmehr bedarf es hierzu, wie in allen anderen Fällen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auch, eines besonderen Beendigungsaktes, und zwar entweder in Form einer Kündigung oder einer Aufhebungsvereinbarung.
I. Kündigungsschutzrechtliche Aspekte
Rz. 50
§ 8 Abs. 1 AltTZG stellt zunächst klar, dass die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Inanspruchnahme von Altersteilzeitarbeit weder als eine Tatsache anzusehen ist, die eine verhaltens-, betriebs- oder personenbedingte Kündigung des Arbeitgebers i.S.d. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG darstellt, noch bei der sozialen Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG zum Nachteil des Arbeitnehmers berücksichtigt werden kann.
Rz. 51
Da es sich bei dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis um ein befristetes oder auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis handelt, ist die ordentliche Kündigung grds. nur dann zulässig, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag explizit vereinbart wurde (§§ 15 Abs. 3, 21 TzBfG). Die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) hingegen bleibt hiervon unberührt.
Rz. 52
Auch bei fehlender vertraglicher Kündigungsmöglichkeit kann z.B. die Stilllegung eines Betriebes im Rahmen einer Insolvenz ein "dringendes betriebliches Erfordernis" nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG darstellen, das auch die Kündigung eines in der "Arbeitsphase" des sog. Blockmodelles befindlichen Arbeitnehmers bedingt, in der Insolvenz (sogar) mit der "kurzen" Frist des § 113 InsO (BAG v. 16.6.2005 – 6 AZR 476/04, NZA 2006, 270 ff.).
Rz. 53
In der "Freistellungsphase" des Blockmodelles scheiden hingegen Kündigungsgründe regelmäßig aus, da eine Verwendung des Arbeitnehmers ja ohnehin nicht mehr vorgesehen ist (BAG v. 5.12.2002 – 2 AZR 571/01, BB 2003, 1339 f.). In Betracht kann daher allenfalls eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen kommen.
Rz. 54
Ferner ist nach § 41 S. 1 SGB VI die Tatsache, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf gesetzliche Altersrente hat, "nicht als ein Grund anzusehen, der die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach dem KSchG rechtfertigen kann". Die – negative – Berücksichtigung der Möglichkeit zum Bezug von Altersruhegeld auch vor Vollendung des 65. Lebensjahres i.R.d. Sozialauswahl ist aufgrund des klaren Wortlauts des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG abzulehnen (so wohl auch ErfK/Oetker, KSchG, § 1 Rn 332a).
Rz. 55
Rechtfertigt somit das Lebensalter eines Arbeitnehmers für sich genommen grds. nicht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, so verbleibt dem Arbeitgeber unter kündigungsschutzrechtlichen Aspekten lediglich die Möglichkeit, eine personenbedingte Kündigung mit der Begründung einer über einen normalen altersbedingten Leistungsabfall hinausgehenden altersbedingten Verminderung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers zu begründen und nachzuweisen (so bereits BAG v. 16.3.1961 – 2 AZR 539/59, NJW 1961, 1421).
II. Aufhebungsvereinbarungen
Rz. 56
Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses auf das Erreichen eines bestimmten Lebensalters, das zum Bezug einer gesetzlichen Altersgrenze berechtigt, stellt keine auflösende Bedingung, sondern eine kalendermäßige Befristung dar und ist im Allgemeinen durch das Bedürfnis eines Arbeitgebers nach einer sachgerechten und berechenbaren Personal- und Nachwuchsplanung sachlich gerechtfertigt (BAG v. 27.2.2005, DB 2006, 339 ff.). Auch in einer entsprechenden tariflichen Regelung soll kein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters i.S.d. gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (RL 2000/78/EG) liegen (BAG v. 16.6.2008 – 7 AZR 116/07, juris; BAG v. 25.10.2017 – 7 AZR 632/15, juris).
Rz. 57
Der (nationale) Gesetzgeber trägt dieser Rechtspraxis übrigens seit Jahren durch die Vorschrift des § 41 S. 2 SGB VI Rechnung, wonach "eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Arbeitnehmer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen Alters beantragen kann, dem Arbeitnehmer gegenüber als auf das Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen gilt, es sei denn, dass die Vereinbarung innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt bestätigt worden ist." "Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben." (S. 3).
III. Betriebsübergang
Rz. 58
Sofern das Altersteilzeitarbeitsverhältnis lediglich mit (durchgängig) reduzierter Arbeitszeit durchgeführt wird, gelten für einen Betriebsübergang die allgemeinen Regeln. Erfolgt der Betriebsübergang während der "Arbeitsphase" im sog. Blockmodell, geht das Arbeitsverhältnis nach § 613...