A. Allgemeines
Rz. 1
Bei der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs im Prozess kann der Berechtigte auf verschiedene Weise vorgehen. Je nachdem, ob der Berechtigte schon Kenntnis über den Nachlass hat – dann kann er gleich Zahlungsklage erheben – oder ob er erst noch Auskunft benötigt – dann hat er die Möglichkeit, Stufenklage zu erheben –, ist die richtige Vorgehensweise von unterschiedlichen Faktoren abhängig.
Rz. 2
Der Berechtigte kann einzeln vorgehen, indem er zunächst Auskunftsklage erhebt und danach eine Zahlungsklage geltend macht. Nachteilig ist, dass ihm bei diesem Vorgehen, neben dem Risiko der Verjährung, in der Summe höhere Prozesskosten entstehen. Die Gebühren für die einzelnen Prozesse entstehen aus zwei getrennten Gegenstandswerten, während bei der kumulativen Klagehäufung (Stufenklage) die Kosten aus einem Gesamtstreitwert ermittelt werden (vgl. unten Rdn 13).
Rz. 3
Will der Berechtigte, der zunächst Auskunft begehrt hat, den Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erweitern, weil es für deren Notwendigkeit berechtigte Anzeichen gibt, so ist dies nach herrschender Meinung eine zulässige Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO. Gleiches gilt auch für den Fall, dass zunächst Auskunftsantrag und Antrag auf eidesstattliche Versicherung gestellt wurde und der Berechtigte erst im Prozess einen Zahlungsantrag mit einbezieht.
Hinweis
Ist der Erbe unbekannt, dann bleibt dem Pflichtteilsberechtigten nur die Möglichkeit der Anordnung einer Klagepflegschaft, damit er seinen Anspruch gerichtlich geltend machen kann.
B. Zuständigkeit
Rz. 4
Zuständig für die jeweilige Klage ist gemäß § 27 Abs. 1 ZPO das Gericht, an dem der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte. In der Regel ist dies gemäß § 13 ZPO der Ort des letzten Wohnsitzes. Der Gerichtsstand des § 27 ZPO gilt sowohl für die Klage auf Feststellung des Erbrechts als auch für die Klagen auf Auskunft und Zahlung des Pflichtteilsanspruchs. Hierunter fällt auch der Ergänzungsanspruch nach § 2329 BGB gegen den Beschenkten. Da § 27 ZPO jedoch keinen ausschließlichen Gerichtsstand begründet, können die Parteien den Prozess einverständlich auch an einem anderen Ort führen.
Rz. 5
Hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland, wird er jedoch nach deutschem Recht beerbt, dann ist das Gericht des letzten inländischen Wohnsitzes zuständig (§ 27 Abs. 2 ZPO).
C. Die Klagearten
I. Die Geltendmachung des Pflichtteils im Wege der Stufenklage
1. Allgemeines
Rz. 6
Vorzugsweise geht der Pflichtteilsberechtigte prozessual im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) vor, wenn die positive Aussicht auf einen Zahlungsanspruch feststeht oder wenn sich Verjährungsprobleme stellen könnten. Da der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich keine Kenntnis über den Bestand des Nachlasses hat, ist ihm der Weg über die Stufenklage gestattet. Von der Stufenklage ist abzuraten, wenn ungewiss ist, ob überhaupt ein Zahlungsanspruch besteht und wenn keine Verjährung droht.
Hinweis
Für die beratende Praxis sei hier darauf hingewiesen, dass bei getrennter Geltendmachung von Auskunfts- und Zahlungsklage die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs stets im Auge zu behalten ist, zumal sich eine Auskunftsklage nicht selten über ein bis zwei Jahre hinzieht.
Rz. 7
Bei der Stufenklage umfasst der Klageantrag in der ersten Stufe die Auskunftserteilung des Erben über den Bestand des Nachlasses (§§ 2314, 260 BGB), in der zweiten Stufe die Abgabe einer Versicherung an Eides statt (§ 260 Abs. 2 BGB) und in der dritten Stufe die Zahlung des sich aus dem Nachlasswert und der Pflichtteilsquote ergebenden Betrags.
Hat der Pflichtteilsberechtigte bereits über einen bestimmten Teil des Nachlasses und dessen Wert Kenntnis, so kann er eine Teilklage auf den Mindestwert des Pflichtteils erheben und diese mit einer Stufenklage bezüglich des restlichen Teils verbinden.
Vgl. zu den Voraussetzungen eines Teilurteils über den Pflichtteilsanspruch OLG Hamburg NJW-FER 1999, 129.
2. Kosten und Gegenstandswert
Rz. 8
Geht der Kläger im Wege der Stufenklage vor und erteilt der Beklagte nach Rechtshängigkeitseintritt die begehrte Auskunft, so kann hinsichtlich des Auskunftsantrags die Hauptsache für erledigt erklärt werden.
Rz. 9
Ergibt sich nach Auskunftserteilung, dass kein Nachlass vorhanden und ein Zahlungsanspruch deshalb unbegründet ist, so war die anschließende prozessuale Verfahrensweise bzw. Kostentragungspflicht bisher ein umstrittenes Problem. Durch eine Hauptsacheerledigungserklärung bezüglich des Zahlungsantrags kann der Kläger die Prozesskostensituation allein nicht retten.
Rz. 10
Nach Ansicht des BGH sind in diesem Falle dem Kläger die Kosten nach § 91a ZPO aufzuerlegen, da die Zahlungsklage unbegründet gewesen wäre. Auch eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens aus § 93 ZPO kommt nicht in Betracht. Im Ergebnis führt dies zu e...