Rz. 58
Soweit auf das Erwerbsverhalten des Beschäftigten abgestellt wird, setzt die Berufsmäßigkeit einer Beschäftigung zunächst einmal voraus, dass die Beschäftigung für die jeweilige Person von nicht nur untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Berufsmäßigkeit wird mit anderen Worten angenommen, wenn die entsprechende Beschäftigung dem Lebensunterhalt überwiegend oder jedenfalls in einem solchen Umfang dient, dass die wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil darauf beruht. Zur Abgrenzung behilft man sich überwiegend mit dem Begriff einer gewissen Regelmäßigkeit, mit der die betreffende Tätigkeit in Abgrenzung zur nur gelegentlichen, nicht berufsmäßigen Tätigkeit ausgeübt wird.
Rz. 59
Dabei ist nicht jede Tätigkeit, die wiederholt ausgeübt wird, zwingend bereits berufsmäßig. Das BSG geht vielmehr davon aus, dass auch eine wiederholte Tätigkeit geringfügig sein kann, wenn sie in größeren Abständen aufgenommen oder wenn der betreffende Arbeitnehmer hauptsächlich anderweitig in Anspruch genommen wird.
Rz. 60
Entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalls. Wie lange der Beschäftigte je Tag arbeitet, ist weniger relevant als die Frage, ob er die Tätigkeit häufig und voraussehbar ausübt. Letzteres ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Geschäftsbetrieb des Arbeitgebers systematisch und strukturell darauf angelegt ist, auf die Arbeitskraft des geringfügig Beschäftigten zurückzugreifen. Insbesondere kommt es für das Vorliegen einer Regelmäßigkeit nicht darauf an, ob die jeweiligen Arbeitseinsätze im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses von vornherein feststehen oder von Mal zu Mal vereinbart werden. Vielmehr kann Regelmäßigkeit auch vorliegen, wenn der Beschäftigte zu den sich wiederholenden Arbeitseinsätzen auf Abruf bereitsteht, ohne verpflichtet zu sein, jeder Aufforderung zur Arbeitsleistung Folge zu leisten.
Rz. 61
Steht von Beginn der Beschäftigung an fest, dass sich die Arbeitseinsätze des Beschäftigten wiederholen werden, liegt eine regelmäßige Beschäftigung vor. Das gilt insbesondere auch dann, wenn Einzelheiten vorab in Rahmenverträgen festgelegt wurden.
Rz. 62
Solche Rahmenverträge sind jedenfalls dann Dauerarbeitsverhältnisse, wenn sie eine Laufzeit von mehr als einem Jahr haben und auf ständige Wiederholung gerichtet sind. In diesen Fällen kann keine gelegentliche Tätigkeit und folglich auch keine kurzfristige Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vorliegen. Eine Ausnahme erkennen die Sozialversicherungsträger an, wenn eine Rahmenvereinbarung zwar für mehrere Jahre (oder unbefristet) getroffen ist, sich aber auf Arbeitseinsätze von maximal siebzig Arbeitstagen je Kalenderjahr bezieht, die unvorhersehbar und insbesondere auch ohne Bestehen einer Abrufbereitschaft zu unterschiedlichen Anlässen ohne erkennbaren Rhythmus abgeleistet werden sollen, und wenn der Betrieb des Arbeitgebers nicht strukturell auf den Einsatz solcher Arbeitskräfte ausgerichtet ist. Wo hier die Grenze der Regelmäßigkeit verlaufen soll, ist nicht vorhersehbar. Rechtssichere Gestaltungsberatung wird sich auf eine solche Ausnahme kaum stützen können.
Rz. 63
Das BSG betont in neueren Entscheidungen, dass die bisherige Rechtsprechung zu Rahmenverträgen mit einer Dauer von mehr als einem Jahr nicht den Umkehrschluss rechtfertige, dass Tätigkeiten aufgrund von Rahmenverträgen von bis zu einem Jahr nicht regelmäßig seien. Ausdrücklich hiervon abweichend gehen die Geringfügigkeits-Richtlinien bei solchen Rahmenvereinbarungen mit einer Laufzeit von höchstens einem Jahr davon aus, dass keine Regelmäßigkeit und mithin keine Berufsmäßigkeit besteht, dass eine kurzfristige Beschäftigung also möglich ist, sofern die Rahmenvereinbarung auf Arbeitseinsätze von maximal siebzig Arbeitstagen gerichtet ist.
Rz. 64
Beispiele (nach BSG-Entscheidungen)
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Die Reinigungskraft, die dauerhaft jede Woche zwei Stunden oder jede zweite Woche vier Stunden putzen soll, ist regelmäßig beschäftigt, und zwar ungeachtet der Frage, ob der Rahmenvertrag nun auf bis zu ein Jahr befristet war oder längerfristig angelegt ist. |
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Die Reinigungskraft, die über mehrere Jahre hinweg in einer Ferienwohnung immer dann die Reinigung durchgeführt hatte, wenn neue Gäste einzogen (ca. acht- bis 12 Mal im Jahr), sah das LSG Hamburg hingegen als nicht regelmäßig beschäftigt (sondern zeitgeringfügig) an, da es an einer "auch in zeitlicher Hinsicht gleichartigen Abfolge der Beschäftigungen im Sinne eines erkennbaren Rhythmus oder im Rahmen eines bestimmten Arbeitszyklus" gefehlt habe. Zeitgeringfügigkeit ausschließende Regelmäßigkeit setzt eine "im Wesentlichen gleichartige Abfolge der Einsätze in zeitlicher Hinsicht" voraus, sodass sich der Arbeitnehmer "auf einen regelmäßigen Einsatz und eine regelmäßige Gehaltsquelle einstellen" dürfe. |
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Der Student der Betriebswirtschaft arbeitet neben dem Studium bei einem Geldinstitut. Sein unbefristeter Vertrag sieht einen Einsatz an jeweils den letzten vier Arbeitsta... |