Rz. 519
Zu den Pflichten des Geschäftsleiters nach §§ 43 Abs. 1 GmbHG, 93 Abs. 1 AktG gehört zweifelsfrei, die Einlageleistungen auf die Geschäftsanteile bzw. Einzahlungen auf die Ausgabe der Aktien von den Gesellschaftern einzufordern und diese Forderungen der Gesellschaft nicht verjähren zu lassen. Die Verletzung dieser Pflicht begründet eine Haftung nach §§ 43 Abs. 2 GmbHG, 93 Abs. 2 u. 3 Nr. 4 AktG.
Rz. 520
Lässt der Geschäftsleiter die Kapitalaufbringung durch Hin- und Herzahlen nach §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG im Interesse des Gesellschafters zu, hat er die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs gegen den Gesellschafter zu beurteilen. Dazu muss er dessen Bonität (Vermögen und Liquidität) zuverlässig zu prüfen. Ggf. muss er sich Nachweise vorlegen lasse. Im Folgenden hat der Geschäftsführer etwaige Änderungen des Kreditrisikos laufend zu überwachen und auf eine sich nach der Darlehensausreichung bzw. Rückzahlung andeutende Bonitätsverschlechterung mit sofortiger Kündigung oder Sicherheitenanforderung zu reagieren. Eine Verletzung dieser Pflichten kann Schadensersatzansprüche nach § 43 Abs. 2 GmbHG auslösen.
Rz. 521
Bei der Kapitalaufbringung in Konstellationen der verdeckten Sacheinlage nach §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG hat der Geschäftsführer den Wert der verdeckt eingelegten Sache zutreffend, d.h. jedenfalls nicht zu hoch einzuschätzen, um den Differenzhaftungsanspruch gegen die Gesellschafter in ausreichender Höhe geltend zu machen.
Rz. 522
Zusätzlich läuft der Geschäftsführer bei Anwendung des § 19 Abs. 4 u. 5 GmbHG Gefahr, zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft oder der Kapitalerhöhung ins Handelsregister falsche Angaben zu machen. Zu beachten ist, dass, im Unterschied zu der noch im RegE vorgesehenen Regelung, durch die schließlich Gesetz gewordene Neuregelung in § 19 Abs. 4 GmbHG das von der Rspr. postulierte "Verbot" der verdeckten Sacheinlage wegen Umgehung der Sacheinlagevorschriften nicht aufgehoben wurde. Die vorsätzliche verdeckte Sacheinlage bleibt weiterhin "verboten" und kann eine Strafbarkeit des Geschäftsführers wegen falscher Versicherung nach § 82 GmbHG begründen. Zwar fußt auch die Regelung in § 19 Abs. 4 GmbHG auf der durchgängigen bilanziellen Betrachtungsweise für die Kapitalaufbringung und -erhaltung, jedoch erlaubt sie die vorsätzliche verdeckte Sacheinlage dadurch nicht, dass einerseits die Geldeinlagepflicht durch die verdeckte Sacheinlage nicht erfüllt wird und andererseits die Anrechnung des Wertes der verdeckt eingelegten Sache auf die Geldeinlagepflicht erst nach der Registereintragung erfolgen darf. Dies hat zur Folge, dass der Geschäftsführer in den Fällen, in denen der Sachwert bereits vor Anmeldung eingebracht wurde, nicht nach § 8 Abs. 2 GmbHG bereits die vollständige Aufbringung der Bareinlage (nämlich durch Anrechnung des Sachwerts) ggü. dem Handelsregister versichern darf; tut er es dennoch, erfüllt er den Straftatbestand des § 82 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 3 GmbHG. Die falsche Angabe kann nach § 9a Abs. 1 GmbHG zu persönlicher, mit den Gesellschaftern gesamtschuldnerischer Haftung des Geschäftsführers für fehlende Einzahlungen führen.