Rz. 324
Mit dem Urteil zum "Bremer Vulkan" hat der BGH die Rspr. zum qualifiziert faktischen Konzern aufgegeben und entschieden, dass sich die Haftung des Gesellschafters nach den Kapitalerhaltungsregelungen des GmbH-Gesetzes richtet. Die GmbH darf nicht durch Eingriffe des Gesellschafters außerstande gesetzt werden, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. Diese Rspr. hat der BGH im Folgenden fortgeführt und den existenzvernichtenden Eingriff weiter präzisiert:
Zitat
"Die Respektierung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger während der Lebensdauer der GmbH ist unabdingbare Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Haftungsprivilegs des § 13 Abs. 2 GmbHG. Zugriffe der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen, welche die aufgrund dieser Zweckbindung gebotene angemessene Rücksichtnahme auf die Erhaltung der Fähigkeit der Gesellschaft zur Bedienung ihrer Verbindlichkeiten in einem ins Gewicht fallenden Maße vermissen lassen, stellen deshalb einen Missbrauch der Rechtsform der GmbH dar, der zum Verlust des Haftungsprivilegs führt, soweit nicht der der GmbH durch den Eingriff insgesamt zugeführte Nachteil bereits nach den §§ 30, 31 GmbHG ausgeglichen werden kann".
Rz. 325
Der existenzvernichtende Eingriff ist also wie folgt definiert: Missbräuchlicher, zur Insolvenzreife der Gesellschaft führender oder diese vertiefender kompensationsloser Eingriff des Gesellschafters in das zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zweckgebundene Gesellschaftsvermögen, also fehlende Rücksichtnahme des Gesellschafters auf die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens und Entzug der Mittel, die die Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt. Dabei kann ein solcher Entzug von Gesellschaftsvermögen nicht nur in der Auskehr desselben, sondern auch in entsprechender Belastung der Gesellschaft mit Verbindlichkeiten aus geschäftszweckwidrigen Maßnahmen liegen.
Rz. 326
Eine Existenzvernichtungshaftung des GmbH-Gesellschafters kommt auch – wegen der besonderen Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens nach § 73 Abs. 1 u. 2 GmbHG erst recht – für Eingriffe im Stadium der Liquidation in Betracht.