Rz. 599

Der Aufsichtsrat ist nicht unmittelbarer Normadressat. Stellt der Aufsichtsrat[1185] einer AG aber fest, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist, hat er darauf hinzuwirken, dass der Vorstand keine mit der Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes unvereinbaren Zahlungen mehr leistet und rechtzeitig den Insolvenzantrag stellt; ggf. hat der Aufsichtsrat den Vorstand abzuberufen.[1186] Verstößt er hiergegen schuldhaft, kann er der Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sein.[1187] Hat der Aufsichtsrat von einer Krise der Gesellschaft Kenntnis, hat er gesteigerte Überwachungspflichten, die auch die Pflicht umfasst, sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft einschl. evtl. Insolvenzreife unter Ausschöpfung aller zugänglicher Erkenntnisquellen ein genaues Bild zu machen.[1188] Haben fehlende oder nicht ausreichende Überwachung der Geschäftsleitung durch den Aufsichtsrat zu Zahlungen unter Verstoß gegen § 15b InsO geführt, haften die Aufsichtsratsmitglieder selbst.[1189] Die Haftung des Aufsichtsrats der AG ergibt sich bereits aus der Verweisungsnorm des § 116 AktG.

 

Rz. 600

Diese Verpflichtung und Haftungsgefahr kann den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH nur treffen, wenn der GmbH selbst ein Schaden entstanden ist; für die bloße Verkürzung der Haftungsmasse den Gläubigern gegenüber haftet der fakultative Aufsichtsrat einer GmbH nicht.[1190]

[1185] Zu den gesteigerten Aufsichtsratspflichten in der Krise der Gesellschaft s.a. OLG Stuttgart, ZIP 2012, 1965.
[1189] BGH, NZI 2010, 1338 (noch zur Vorgängervorschrift).
[1190] BGH, ZIP 2010, 1988 ("Doberlug", entgegen OLG Brandenburg, ZIP 2009, 866); dazu Altmeppen, ZIP 2010, 1973 ff.

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