aa) Finanzierungszusagen und Zuzahlungen in freie Rücklagen
Rz. 119
Bei Finanzierungszusagen des Gesellschafters muss genau geprüft werden, wie weit sie reichen und ob sie auch für den Insolvenzfall gelten. Eine Finanzierungszusage, die nicht im Insolvenzfall gilt, ist im Überschuldungsstatus nur so lange zu aktivieren, wie eine positive Fortführungsprognose besteht. Die Beweislast hierfür trägt derjenige, der sich auf die positive Prognose beruft.
Rz. 120
Erbringung von Zuzahlungen des Gesellschafters und Einstellung in die freien Rücklagen kann die Überschuldung beseitigen, etwa ein Agio anlässlich eines Geschäftsanteilserwerbs; das Agio ist auch nicht wie eine Stammeinlageverpflichtung zu behandeln. Wird es jedoch im Zusammenhang mit einer Kapitalmaßnahme erbracht und bestimmungsgemäß für die Tilgung von Verbindlichkeiten ggü. dem Gesellschafter verwandt, muss genau darauf geachtet werden, dass es sowohl nach seiner Bezeichnung als auch tatsächlich (möglichst über verschiedene Konten) von der Stammkapitalzahlung getrennt ist, da sonst bei wirtschaftlicher Betrachtung die Erfüllung der Einlagepflicht scheitern kann.
Rz. 121
Offen ausgewiesene Zuzahlungen, die neben gleichzeitigen Zahlungen auf Kapitalerhöhungen geleistet werden, können auch aufgrund einer Vorabsprache in engem zeitlichen Zusammenhang wieder an den Gesellschafter oder eine ihm ebenfalls gehörende Gesellschaft zurückgezahlt werden, ohne dass dies zur Annahme der Nichtleistung der Kapitaleinlage führen würde.
Rz. 122
Wegen der oben beschriebenen Probleme bei der Kapitalerhöhung durch Debt-Equity-Swap kann sich die schlichte Einbringung der gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung des Gesellschafters in die Kapitalrücklage der Gesellschaft empfehlen. Im Übrigen bedarf die freiwillige Zuzahlung eines Gesellschafters in die freie Rücklage einer vertraglichen Vereinbarung oder eines Gesellschafterbeschlusses, für den m.E. eine qualifizierte Mehrheit oder gar Einstimmigkeit (Gedanke des § 53 Abs. 3 GmbHG) nicht erforderlich ist, auch wenn die Gefahr einer Schenkungsteuerpflicht nach § 7 Abs. 8 ErbStG zu berücksichtigen ist.
bb) Stille Gesellschaftereinlage
Rz. 123
Die stille Einlage eines Gesellschafters ist zur Beseitigung einer Überschuldung der Gesellschaft m.E. allein nicht geeignet. Dies folgt daraus, dass die stille Einlage eines typisch stillen Gesellschafters im Überschuldungsstatus stets und die Einlage eines atypisch stillen Gesellschafters (mit Übernahme einer Verlustbeteiligung) solange zu passivieren sind, wie die zugewiesenen Verluste die stille Beteiligung noch nicht aufgezehrt haben (s.o. Rdn 33). Daher sollte mit dem stillen Gesellschafter in jedem Fall zusätzlich ein Rangrücktritt für den Anspruch auf Einlagenrückgewähr vereinbart werden.