Rz. 669
Der Gläubiger muss die Überschuldung beweisen, dann muss der Geschäftsführer die positive Prognose und die Vertretbarkeit seiner Entscheidung beweisen. Der (Neu-)Gläubiger muss darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. (jetzt § 15a Abs. 1 u. 2 InsO) bereits im Zeitpunkt der den Schaden auslösenden Bestellung bzw. des Vertragsschlusses bzw. der Lieferung oder Leistung vorlagen. Darlegungs- und Beweiserleichterungen kommen dem Gläubiger nicht zugute, wenn bei der Bestellung bzw. beim Vertragsschluss Anzeichen für eine Krise der GmbH noch nicht gegeben waren. Das gilt auch dann, wenn keine ordnungsgemäße Buchführung gegeben war, denn der Verstoß gegen § 283b StGB begründet keine eigenständige Haftung des Geschäftsführers für einen Zeitraum, in dem Anzeichen für eine Krise der Gesellschaft noch nicht vorlagen, und bewirkt auch keine Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast nach den Regeln der sekundären Behauptungslast.
Rz. 670
Fraglich kann sein, was gilt, wenn die Buchführungsunterlagen der Gesellschaft nicht vollständig sind und dem Gläubiger daher eine substantiierte Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen für die Insolvenzverschleppungshaftung nicht möglich ist. Zunächst ist mit der obergerichtlichen Rspr. davon auszugehen, dass ein Verstoß gegen § 283b StGB keine eigenständige Haftung des Geschäftsführers für einen Zeitraum begründen kann, in dem Anzeichen für eine Krise der Gesellschaft noch nicht vorlagen, mit der Folge, dass insoweit auch keine Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast nach den Regeln der sekundären Behauptungslast erfolgt. Allerdings können die Voraussetzungen der Zahlungseinstellung nach den Grundsätzen der Beweislastverteilung als bewiesen gelten, wenn der Geschäftsführer in der Krise einer GmbH seine Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern und Belegen verletzt hat und dem Gläubiger deshalb die Darlegung und der Beweis näherer Einzelheiten nicht möglich ist.
Rz. 671
Ferner können die Voraussetzungen der Insolvenzreife nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung als bewiesen gelten. Beweisvereitelung liegt vor, wenn der Geschäftsführer seine Pflicht zur Führung und Aufbewahrung der Bücher nach §§ 238, 257 HGB, § 41 GmbHG schuldhaft verletzt hat und dem Gläubiger daher die Darlegung weiterer Einzelheiten nicht möglich ist. Dabei muss sich das Verschulden sowohl auf die Vernichtung der Unterlagen als auch auf die Beseitigung der Beweisfunktion beziehen. Diese Grundsätze dürften m.E. jedenfalls ab dem – vom Gläubiger darzulegenden – Eintritt der Krise der Gesellschaft gelten.