1. Auflösung der Gesellschaft
Rz. 762
Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen besteht die Gesellschaft als solche weiter; sie ist weiterhin Trägerin von Rechten und Pflichten.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft ist allerdings regelmäßig ein Auflösungsgrund (etwa §§ 728 Abs. 1 Satz 1 BGB, 131 Abs. 1 Nr. 3, 161 Abs. 2 HGB, 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG).
Geraten beide Mitglieder einer ARGE in Insolvenz, so wächst das der ARGE zustehende gemeinsame Vermögen der Gesellschaft zu, die erst als zweite insolvent wird. Einer Freigabeerklärung des ersten insolventen Partners bedarf es nicht.
Rz. 763
Die Gesellschafter können nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Fortsetzung der Gesellschaft nicht beschließen. Diese Möglichkeit besteht nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen, etwa nach §§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG, wenn das Insolvenzverfahren eingestellt wird (§ 212 InsO) oder ein Insolvenzplan gerichtlich bestätigt (§ 248 InsO) und das Insolvenzverfahren anschließend aufgehoben wurde (§§ 258, 259 InsO). Aus Gläubigerschutzgründen kann die Fortsetzung der Gesellschaft nicht aus anderen Gründen beschlossen werden, auch nicht, wenn im Insolvenzverfahren alle Gläubiger befriedigt wurden und nach der Schlussverteilung noch weiteres Vermögen, etwa in Höhe des Stammkapitals vorhanden ist, da die genannten Fortsetzungsmöglichkeiten abschließend sind. Für eine Fortsetzung nach Bestätigung eines die Fortsetzung vorsehenden Insolvenzplans ist es ausreichend, dass der Insolvenzplan lediglich die Möglichkeit der Fortsetzung der Gesellschaft vorsieht, der Fortsetzungsbeschluss aber im Planverfahren noch nicht gefasst wurde, sondern erst nach gerichtlicher Bestätigung des Insolvenzplans und gerichtlicher Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch die Gesellschafter gefasst wird. Ein solcher Fortsetzungsbeschluss setzt allerdings voraus, dass mit der Verteilung des Gesellschaftsvermögens unter die Gesellschafter noch nicht begonnen wurde.
Zeichnet sich eine Vollbefriedigung ab, kann der Schuldner allenfalls vor Beendigung des Insolvenzverfahrens dessen Einstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes nach § 212 InsO beantragen.
Rz. 764
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nach Schlussverteilung werden AG, GmbH, KGaA von Amts wegen gelöscht, § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Für OHG und KG ist das Erlöschen durch die Geschäftsführer zum Handelsregister anzumelden (h.M.), § 157 HGB. Die Gesellschafter können die Gesellschaft (GmbH) nach der Schlussverteilung nicht durch Beschluss fortsetzen (s.o. Rdn 763). Dies gilt auch dann, wenn im Insolvenzverfahren alle Gläubiger befriedigt wurden und sogar noch ein Liquidationsüberschuss in Höhe des Stammkapitals vorhanden ist.
Rz. 765
Stellt sich nach Abschluss und Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch Vermögen der Gesellschaft heraus, kommt der insolvenzrechtlichen Nachtragsverteilung nach § 203 InsO der Vorrang gegenüber der Bestellung eines Nachtragsliquidators analog § 246 Abs. 3 AktG zu.
2. Stellung der Geschäftsleiter
a) Organstellung
aa) Geschäftsleiter weiterhin notwendiges Organ
Rz. 766
Die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft berührt die Organstellung der Vertretungsorgane, etwa des Geschäftsführers der GmbH, als solche nicht. Die Organe bleiben im Amt.
Rz. 767
Nach der herrschenden Amtstheorie ist der Insolvenzverwalter nicht gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft. Er hat auch keine Möglichkeit, die Organstellung des Geschäftsführers zu beenden. Lediglich die Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Gesellschaft wird dieser und damit dem Geschäftsführer entzogen und geht auf den Insolvenzverwalter über (§ 180 Abs. 1 InsO). Dessen Befugnisse beziehen sich nur auf das vom Insolvenzbeschlag umfasste Vermögen der Gesellschaft (§ 35 InsO).
Rz. 768
Die Existenz eines Geschäftsführers, also das Fortbestehen ordnungsgemäßer Vertretung der Gesellschaft, ist auch verfahrensrechtlich erforderlich. Stirbt bspw. der einzige Geschäftsführer einer GmbH im Insolvenzeröffnungsverfahren, so fehlt es der Gesellschaft an der insolvenzrechtlichen Verfahrensfähigkeit. Es ist also die Bestellung eines Prozesspflegers nach §§ 4 InsO, 57 ZPO oder eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB erforderlich. Ausnahmsweise ist dies nicht der Fall, wenn vor dem Versterben einem Anwalt noch ordnungsgemäß Vollmacht für das Verfahren erteilt worden ist. In einem vom Insolvenzverwalter angestrengten Prozess der GmbH ist ein Prozesspfleger zu bestellen, wenn beide Geschäftsführer ihr Amt niederlegen.
Rz. 769
Auch in der Insolvenz der Gesellschaft kann die Amtsniederlegung des Geschäftsführers rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam sein. Legt bspw. der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Ein-Personen-GmbH das Geschäftsführeramt ohne einen wi...